So wie damals

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P.o.V. Phileas

An allen anderen Tagen des Jahres umfasste mein morgendlicher Rundgang lediglich die unterste Etage des Schlosses, mitsamt den Räumen der Bediensteten. Schließlich mussten sie ihre Aufgaben erhalten und dies war umso notwendiger, da die neuen Zofen noch immer nicht vollends zu verstehen schienen, was sie zu tun hatten. Am heutigen Tag jedoch, lenkte ich meinen Weg auch in die obere Etage des Schlosses. Da Jurian seit dem gestrigen Tage frei bekommen hatte, lag es an mir, nun bei Camilla nach dem Rechten zu sehen. Ein kurzer Blick würde genügen, sicherlich schlief sie um diese Zeit noch.

Das Schloss lag noch im Dunkeln, weshalb sich auch die Bediensteten erst in diesem Augenblick an ihre Arbeit begaben. Auch Jurian musste noch schlafen. Dies nahm ich jedenfalls an, da er an seinem freien Tag sicherlich nicht die Absicht hegte, um diese Zeit aufzustehen. Somit lief ich die breite Treppe in der Eingangshalle hinauf und schlenderte den Gang entlang, bis ich an der Tür zu Camillas neuem Schlafgemach ankam. Erst überlegte ich, zu klopfen, doch diesen Gedanken verwarf ich sofort wieder. Sollte sie noch schlafen, wollte ich sie dadurch nur ungerne wecken.

Daher öffnete ich zögernd die Tür und warf einen Blick in den dunklen Raum hinein. Vollkommen im Dunkeln lag der Raum jedoch nicht. Eine beinahe komplett heruntergebrannte Kerze auf dem Nachttisch neben dem Bett, warf ein schummriges Licht in den Raum. Dadurch fiel mein Blick automatisch auf Camilla. Ein Schmunzeln trat auf meine Lippen, als ich sah, dass sie nicht alleine war. Ihren Kopf hatte sie auf Kiyans Brust gebettet, während sowohl sie, als auch mein Bruder tief und fest zu schlafen schienen.

Einen Moment beobachtete ich die beiden und musste mir eingestehen, dass es mich mit Erleichterung erfüllte, Kiyan so ruhig zu sehen. Noch vor Kurzem hatte ich Camilla ausreden wollen, sich weiterhin in Kiyans Nähe aufzuhalten. Nach dem schmerzhaften Schlag meines Bruders, war die Vorstellung durchaus angenehmer, Camilla außerhalb seiner Reichweite zu sehen. Doch wenn ich ihn nun dort liegen sah, mit Camilla in seinen Armen, musste ich meine gesagten Worte wohl noch einmal überdenken.

Gerade als ich die Tür wieder leise schließen wollte, nahm ich eine Bewegung bei den beiden Schlafenden wahr und blickte daraufhin in Camillas im Licht der Kerze leicht schimmernde Augen, die mich irritiert zu mustern schienen. „Phileas?" sprach sie fragend aus, woraufhin ich einen Finger an meine Lippen hielt, um ihr anzudeuten, dass sie leise sein sollte. Sie richtete ihren Blick auf Kiyan und schien zu verstehen, was ich meinte. „Lass ihn noch ein wenig schlafen." Flüsterte ich leise, was Camilla ein Lächeln entlockte.

Doch anstatt sich wieder schlafen zu legen, löste sie sich langsam von Kiyan und stieg vorsichtig aus dem Bett. Kurz wirkte es, als würde Kiyan nun ebenfalls erwachen, doch er gab lediglich ein unverständliches Murmeln von sich, ehe wieder Stille einkehrte. Da mein Bruder wundersamerweise wohl nicht leicht aufzuwecken war, trat ich schließlich in den Raum hinein und schloss die Tür wieder leise hinter mir. „Wie ich sehe, wurde Jurians Anwesenheit gar nicht benötigt." Gab ich schmunzelnd von mir, während Camilla an mir vorbeilief.

Ich umgriff ihre Taille, um sie zum Anhalten zu bringen, was sie verwundert zu mir aufblicken ließ. „Ich würde mich gerne umziehen, ohne dabei beobachtet zu werden." Ein verständliches Argument, schließlich trug sie nur ein leichtes Nachtkleid, welches sie keinesfalls in den Gängen des Schlosses würde tragen können, ohne zu frieren. „Ihr habt doch nicht etwa.." fing ich an und wechselte somit das Thema. Augenblicklich legte sich Empörung über Camillas Gesicht. „Natürlich nicht!" Sie sprach diese Worte so laut aus, dass ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung aus der Richtung des Bettes wahrnahm. Kiyan musste dies gehört haben.

„Ich bitte um Verzeihung." Camillas darauffolgendes Lachen, bestätigte mir, dass sie mein Kommentar mit Humor nahm. Daraufhin löste ich meinen Arm von ihrer Taille und ließ sie ihren Weg zum Kleiderschrank fortsetzen. Noch einen Augenblick verfolgte ich sie mit meinem Blick, ehe ich diesen in die Richtung des Bettes lenkte, in dem Kiyan lag. Doch er schlief nicht. Nicht mehr. Sein noch recht verschlafener Blick lag misstrauisch auf mir, als wäre ich im Augenblick damit beschäftigt, etwas Unrechtes zu tun.

Die ZofeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt