Bittere Vergeltung

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„Phileas.." gab ich mit einem halb erstickten Laut von mir und versuchte mich auf ihn zu konzentrieren, um nicht vollkommen die Nerven zu verlieren. Ich könnte versuchen mich zu wehren. Mich aus ihrem Griff zu befreien. Doch damit würde ich auch riskieren, dass sie mich verletzen würde und es würde nicht einfach sein, ihren Griff um meinen Arm zu lösen. Es stand außer Frage, dass mir dies nicht gelingen würde. „Kiyan.. wir haben hier ein kleines Problem." Seine Worte waren in das Innere des Raumes gerichtet, dort, wo sich der Rest der Königsfamilie und womöglich auch noch andere Menschen aufhielten. Es dauerte nur einen Sekundenbruchteil, bis Kiyan wieder an der Tür erschien und das Spektakel davor entdeckte.

„Ein kleines Problem?" hörte ich Thekla fragen, gefolgt von einem leisen Lachen. „Ich hatte dich schlauer eingeschätzt, Phileas." „Lass sie los, Thekla. Was zur Hölle soll das?" sprach nun Kiyan dazwischen, der im Gegensatz zu Phileas seine Gedanken nicht so leicht an seinem Gesichtsausdruck ablesen ließ. Es folgte nur ein erneutes Lachen von Thekla, woraufhin mir ein Schauer über den Rücken lief. Ich verstand das nicht. Sie war mir immer eine gute Freundin gewesen. Wie konnte es sein, dass wir uns alle so in ihr getäuscht hatten?

„Seid ihr wirklich so blind? Es war nicht sonderlich schwer, in all den Jahren jeden kleinsten Winkel dieses Schlosses ausfindig zu machen. Ich musste nur noch auf den passenden Moment warten." „Du hast sie hier hinein gebracht.." schlussfolgerte Phileas und ich nahm aus dem Augenwinkel ein Nicken von Thekla war. „Es tut mir fast schon leid, dich mit hineinzuziehen, Phileas. Du hast es immer nur gut mit mir gemeint. Ich habe allerdings genug davon, ein unscheinbares Püppchen in eurem verzwickten Spiel zu sein. Es wird Zeit, dass das alles hier endlich ein Ende findet." „Es stand dir jederzeit frei zu gehen, doch du hast es nicht getan." Konterte Kiyan darauf mit einer solch gefassten Stimme, dass ich mich fragte, wie er in dieser Situation so ruhig bleiben konnte.

„Damit ihr mich für Vogelfrei erklärt, so wie euer verehrter Vater es bei Amalia getan hat? Vielen Dank aber nein, ich habe bereits andere Pläne. Wenn ich schon gehe, dann sorge ich dafür, dass ihr alle untergeht." Ihre Worte ließen meinen Puls weiter in die Höhe schnellen. Sie gehörte zu ihnen. Zu diesen Menschen, die diesen grauenhaften Lärm verursachten und immer näher kamen. Sie hatten es auf diese Familie abgesehen. Es würde wohl nicht mehr lange dauern, bis wir hier entdeckt werden würden. Das hier war nicht die ruhige Thekla, die ich kennengelernt hatte. Diese junge Frau, die mir in diesem Augenblick eine Klinge an die Kehle hielt und mein Leben damit am seidenen Faden tanzen ließ, war jemand vollkommen anderes.

„Was dauert dort draußen so lange?" Eine weitere Stimme erklang, die mir eine Gänsehaut bereitete, obwohl ich in diesem Moment sogar hoffte, dass diese Person alles klären konnte. Der König schob Phileas recht unsanft zur Seite, wodurch ihm sichtbar wurde, was hier draußen vor sich ging und das Schließen der Tür verzögerte. Sein Blick lag kalt auf mir, wie ich es bereits gewohnt war. Nicht einmal Thekla sagte daraufhin noch ein Wort. Dieser Blick von ihm, lag für eine gefühlte Ewigkeit auf mir. Schließlich entfernte sich der König wieder rückwärtig von der Tür, ehe er seinen Blick von mir abwandte „Lasst sie draußen und schließt endlich diese verdammte Tür."

„Das kannst du nicht ernst meinen, Vater. Wir können sie doch nicht.." Phileas verstummte augenblicklich als Kiyan nach seinem Arm griff. Es entstand ein Blickkontakt zwischen ihnen, an dem ich leider nicht erkennen konnte, woran sie dachten. „Siehst du es, Camilla? Du bedeutest ihnen nichts. Nicht einmal ein kleines Bisschen." Thekla's raue Stimme an meinem Ohr erinnerte mich daran, ich welcher Lage ich mich momentan befand. Sollte diese Tür wirklich geschlossen werden, war es absehbar, dass Thekla mich nicht verschonen würde. Andererseits spielte sie auf Zeit und schien nur geduldig, mit mir als kleines Druckmittel, darauf zu warten, dass die anderen Menschen hierher kommen würden, die das selbe Ziel verfolgten wie sie. Solange diese Tür offenstand, war diese Familie ein ungeschütztes Ziel.

Die ZofeWhere stories live. Discover now