3. »Ich glaube, ich werde verrückt.«

Beginne am Anfang
                                    

Schließlich, auf einer Seite weit, weit hinten in den Suchergebnissen, fand ich dann doch etwas. Es handelte sich um eine Frage auf einer Plattform, wo User sich gegenseitig halfen, geschrieben von einem gewissen Arrow. Meine Augen überflogen den Text; nahmen erst gar nicht richtig wahr, was da stand.

»Hey Leute, seit gestern habe ich so seltsame Schuppen, ähnlich Reptilienhaut, am Rücken. Es ist aber gar nicht trocken, sondern glatt. Was ist das?«

Das wüsste ich auch gern! Angespannt scrollte ich hinunter zu den Kommentaren. Es gab nur eine einzige Antwort.

»Haha, Drachenschuppen xD Nein ernsthaft, das hier ist für echte Probleme gedacht. Du musst dir schon was Besseres einfallen lassen, wenn du mich auf den Arm nehmen willst^^«

Drachenschuppen. Mein Herzschlag beschleunigte sich. Genau so sahen meine aus! Ich schnappte nach Luft. Das war unmöglich. So etwas gab es gar nicht. »Ich glaube, ich werde verrückt«, murmelte ich.

***

Nach einem langen Spaziergang war es mir immer noch nicht gelungen, diesen Unsinn aus meinem Kopf zu verbannen. Immer wieder kreisten meine Gedanken um das Thema und es war nicht gerade förderlich, dass die Schuppen jetzt knallblau waren. Was auch immer es war, es breitete sich aus, und zwar schnell. So etwas hatte ich noch nie gesehen und wenn ich damit zum Arzt ging, würde dieser mit Sicherheit meinen, an Halluzinationen zu leiden.

Was sollte ich nur tun? Die ganze Nacht über hatte ich mir den Kopf zerbrochen, bis ich vor Erschöpfung doch noch eingeschlafen war. Jetzt konnte ich mich logischerweise kaum auf die Schule konzentrieren, wo doch bald die Prüfungen anstanden. Gerade erklärte uns die Englischlehrerin, wie man die häufigsten Fehler vermied, aber ihre Worte erreichten meine Gehirnwindungen nicht mal annähernd.

Unruhig rutschte ich auf meinem Platz hin und her. Luke war mir schon die ganze Zeit über so seltsame Blicke zu, als müsste er mir dringend etwas sagen, allerdings war er so spät ins Klassenzimmer gekommen, dass der Unterricht bereits begonnen hatte. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm und so nahm ich ihn gleich in der ersten Pause zur Seite.

»Was ist los mit dir?«, fragte ich, während wir einer Horde Fünftklässler auswichen, die sich um einen Fußball prügelten. Ihr Geschrei tat mir in den Ohren weh, war mir aber ausnahmsweise mal egal. Sonst schimpfte ich gern über diese rücksichtslosen Rotznasen von Kindern. Luke räusperte sich und schielte zur Seite, als wäre ihm unangenehm, was er zu sagen hatte.

»Äh...weißt du noch gestern, dein Arm?« Wachsam verfolgte ich jede Veränderung seiner Mimik. »Natürlich, was für eine Frage. Das verdammte Zeug ist schlimmer geworden! Und den Termin beim Arzt habe ich erst...« »Ich habe das Gleiche!«, unterbrach Luke mich. Seine Aussage schlug bei mir ein wie eine Bombe. Ich blieb stehen und klappte sprachlos den Mund auf und zu.

»Du...ich...hab ich dich angesteckt?«, brachte ich schließlich heraus. »Keine Ahnung«, murmelte Luke, »aber bei mir ist es nicht am Arm, sondern am Rücken. Und es ist definitiv kein bisschen blau, so wie bei dir seit vorgestern.« »Das...das verstehe ich nicht«, stammelte ich. »Im Internet...hast du etwa...?« »Du hast meine Frage gelesen?« Jetzt war Luke überrascht.

Ich schüttelte fassungslos den Kopf. Was ging hier nur vor? Die Antwort des Users kam mir in den Sinn. »Luke, diese Schuppen«, begann ich leise, »die...sehen aus wie...« Er sprach weiter. »Die sehen ganz genauso aus wie...« »Drachenschuppen!«, vervollständigte ich. Wir sahen uns an. »Das ist doch verrückt«, meinte ich dann.

»Total durchgeknallt«, bestätigte Luke grinsend, »aber irgendwie auch aufregend.« Ich konnte nur den Kopf schütteln. Auf einmal tauchte Connor auf. Er stand einfach so vor uns und ich hätte fast einen Herzstillstand erlitten. Hatte er uns belauscht? Nervös nestelte ich am Saum meiner dunkelbraunen Jacke herum und betete, dass es nicht so war.

»Hey«, sagte Connor schlicht und lächelte mich an. Vor Erleichterung hätte ich fast aufgeschrien. Niemand redete so mit jemandem, den er für einen Freak hielt. Mir fiel das dünne Lederband um seinen Hals auf, das unter seiner Kleidung verschwand, sodass man nicht sah, was daran hing. Irgendwie zog es meine Aufmerksamkeit auf sich, aber ich hatte keine Ahnung, warum.

»Heey«, antwortete ich und klang ziemlich dämlich. Connor überging mein seltsames Verhalten taktvoll und fragte stattdessen: »Hast du heute Mittag vielleicht Zeit? Ich würde gerne etwas mit dir besprechen.« Überrascht zog ich die Augenbrauen hoch und nickte dann. »Klar, aber sag doch einfach hier...« »Allein«, unterbrach er mich, seine blauen Augen funkelten. »Bitte, es ist wichtig.«

Luke warf Connor einen Blick zu, von dem man nicht sagen konnte, dass er besonders freundlich war. »Sie hat heute keine Zeit«, knurrte er abweisend. Ich kniff die Augen zusammen und starrte ihn mit schief gelegtem Kopf an. »Ähm, Luke? Hör auf mit was auch immer du da tust.«

Zu Connor, der interessiert zwischen Luke und mir hin- und herblickte, gewandt sagte ich: »Heute Mittag? Kein Problem. Wir können zusammen von hier aus zu mir laufen, dann musst du nicht suchen.« Mit einem sanften Lächeln auf den Lippen nickte er. »Dann bis später.« Und weg war er. Ungläubig sah ich Luke an. »Erklär mir das bitte!« Doch dieser vergrub nur griesgrämig die Hände in den Jackentaschen und blieb stumm.

Dragons-Magische VerwandlungWo Geschichten leben. Entdecke jetzt