Kapitel 73

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"Pause!", japste ich und ließ mich auf die Bank fallen. Jamal setzte sich lachend neben mich und reichte mir spöttisch ein Glas Wasser.
"Danke", ich nahm es und trank es in einem Zug aus.
Ich hatte erwartet, dass ich Jamal auf die Tanzfläche zerren müsste, aber irgendwie war es andersrum gewesen. Ob mein Freund gut tanzte, war die Frage, aber definitiv tanzte er viel.
Das hatte auch dazu geführt, dass ich jetzt kurz vor einem Kreislaufkollaps stand.
"Lana, HILFE. Erlöse mich bitte und tanz du mit ihm. Vielleicht ist er danach mal ausgelastet.", ich sah meine Schwester flehend an, Jamal schüttelte grinsend den Kopf.
Sie lachte los und hielt Jamal dann die Hand hin, um mit ihm auf die Tanzfläche zu verschwinden.
"Warum? Wie kann das denen soviel Spaß machen?", ich sah verständnislos zwischen Lana und Jamal hin und her, die gerade irgendwie den Spaß ihres Lebens hatten.
Lanas Freund, Maximilian, zuckte nur mit seinen Schultern: "Frag mich nicht. Ich sitze hier nicht umsonst rum und beobachte meine Freundin dabei, wie sie sich sämtliche Männer schnappt, um zu tanzen. Glaubst du ich würde sie das machen lassen, wenn Tanzen für mich nicht so eine Qual wäre?!", er verzog sein Gesicht und ich grinste, während ich mir eine Haarsträhne aus meinem Gesicht pustete.
Dann nahm ich mein Handy aus meiner Tasche und filmte die beiden, wie sie sich gegenseitig lachend rumwirbelten.
Das Video schickte ich Leon und Mathea, bevor ich das Gerät wieder ausschaltete und auf die Toilette verschwand.
Dort machte ich mich frisch und warf dann einen letzten Blick in den Spiegel.
Augen auf den Boden gerichtet lief ich aus der Tür und rannte in nächsten Moment in jemanden hinein.
Ich gerate ins Straucheln und zwei Arme umpackten mich.
"Oh Gott, danke!", ich sah nach oben und starrte in zwei smaragdgrüne Augen eines dunkelblonden Typen mit Mittelscheitel.
Seine Augen waren unfassbar, ich hatte noch nie in meinem Leben solche strahlend grünen Augen gesehen.
Er sah mich verwundert an und guckte dann auf die Tür der Toilette, ehe er belustigt seine Augenbrauen hochzog.
"Nicht, dass ich was dagegen hätte, aber normal kommen keine", er sah an mir herunter, "Prinzessinen aus der Männertoilette.", er grinste los, ich sah erschrocken auf das Toilettenmännchen. Und tatsächlich, ich war wirklich in die falsche Toilette gelaufen.
"Oh mein... ich, tut mir leid!", Gott, war das peinlich!
"Kein Problem.", er grinste und ließ mich dann los.
"Aber gib mir das nächste Mal doch Bescheid, bevor du uns besuchst, dann führe ich dich herum.", er zwinkerte mir zu, ich schnaubte leicht grinsend.
"Tut mir leid, aber ich fürchte es gibt kein zweites Mal. Das nächste Mal finde ich schon die passende Toilette."
"Kein Stress. Ich bin sicher wir haben alle nichts dagegen, solltest du den Weg zu uns erneut finden. Schicksal kann man ja bekanntlich nicht ändern.", er grinste.
"Ich denke nicht, dass mein Freund ebenfalls nichts dagegen hätte.", ich lächelte und wollte dann eigentlich hochgehen, irgendwie war mir das Gespräch unangenehm.
Deshalb hatte ich eben auch Jamal eingebracht.
"Dein Freund?", er zog interessiert seine Augenbraue hoch, "Lass mich raten. Gut aussehend, groß und muskulös?"
"Das erste beschreibt ihn am besten.", ich lächelte höflich und hoffte, dass irgendjemand auftauchte und mich aus diesem Gespräch befreite. Der Typ hatte irgendwas an sich, was ich nicht leiden konnte.
"Gut aussehend also...", er grinste erneut, "Dunkelhaarig, Yum-Yum-Nudel-Locken und schöne Augen?", ich zog meine Augenbrauen nach oben.
"Ich weiß ja nicht, wie du drauf kommst, aber für einen Typen, der einen Mittelscheitel trägt, klang die Frisurbeschreibung ganz schön abfällig...", er lachte leise auf.
"Ich versuche doch nur  herauszufinden, auf was du stehst. Aber vermutlich hast du recht, ich sollte nichts von Yum-Yum-Nudeln sagen, solange ich aussehe, wie Leonardo DiCaprio in jung.", er zwinkerte mir zu und ich konnte mich gerade noch davon abhalten, die Augenbrauen hochzuziehen.
Sein Ego war vermutlich größer, als seine Zukunft.
"Äh ja. Also danke fürs Auffangen und", ich stoppte, "man sieht sich.", ich lächelte mit aufeinandergepressten Lippen und schob mich dann an dem selbsternannten Leonardo DiCaprio vorbei.
Er ließ mich zum Glück durch, auch wenn ich seinen Blick auf mir spüren konnte. In der Hoffnung, dass mein Kleid für starrende Idioten unvorteilhaft war, lief ich die Treppen hoch und ging zurück in den Hochzeitssaal.
Die Trauung war mittlerweile um die 9½ Stunden her und ich hatte nach wie vor ein Lächeln auf dem Gesicht, wenn ich daran dachte.
Die Messe war wunderschön gewesen und ich war unglaublich glücklich darüber gewesen, dass Jamal an meiner Seite gestanden hatte.
Er war der Mann, den ich mir in einigen Jahren vor dem Altar wünschte und je mehr wir zusammen erlebten, desto sicherer war ich mir darüber.
"Schau, ich wusste doch, dass sie nicht tot ist, sondern einfach genauso lange braucht, wie jedes andere Mädchen!", Maximilian sah mich triumphierend an, Jamal schüttelte seinen Kopf.
"I swear to you, usually braucht sie nicht so lange.", irritiert sah ich die beiden an und setzte mich auf meinen Platz.
"Die beiden haben sich gefragt, ob du noch lebst.", meinte meine Schwester und nahm gelassen einen Schluck ihres Cocktails.
"Warum sollte ich nicht mehr leben?"
"Du warst 10 Minuten auf der Toilette...", Jamal sah mich eindringlich an.
"Ach so, ja, ich hab jemanden getroffen."
"Jemand?", Maximilian runzelte interessiert seine Stirn.
Noch bevor ich meine Situation näher erklären konnte, kam eine Bedienung:
"Entschuldigen Sie, darf ich Ihnen noch etwas bringen?", sie sah uns fragend an.
"2 Bier bitte und", Maximilian sah Lana und mich fragend an, "zwei Hugos?"
"Äh, ja, danke.", ich lächelte die Bedienung knapp an und wendete mich dann wieder an meinen Schwager.
"Warum willst du 2 Bier?!", er nickte auf Jamal.
"Seit wann trinkst du Bier?", ich zog verwundert meine Augenbrauen nach oben.
"Seit ich das beim FC Bayern machen sollte.", er zuckte mit seinen Schultern.
"Und das schmeckt dir?", fragte ich zweifelnd.
"Aber natürlich schmeckt ihm das. Er ist Deutscher und spielt beim FCB.", Maximilian grinste.
"Du als Arzt solltest das ja wohl keinem 18 jährigen Profisportler empfehlen."
"Da muss ich meiner Schwester recht geben. Jamal, dämliche Idee von meinem lieben Herr Facharzt in Sportmedizin.", meine Schwester sah ihren Freund eindringlich an und nahm dann einen weiteren Schluck aus ihrem Glas.
"Sagt sie, während sie ein alkoholisches Getränk zu sich nimmt."
"Der Unterschied ist, dass sie keine Profisportlerin ist."
"Okay, enough! Ein Bier wird meine Karriere nicht killen!", lachend gab ich Jamal einen Kuss auf die Wange, ihm hatte die Diskussion anscheinend nicht so ganz viel Spaß bereitet.

"Sie ist eingeschlafen, I think.", hörte ich Jamal leise flüstern, woraufhin mich zwei Arme aus dem Auto hoben. Natürlich hätte ich jetzt sagen können, dass ich gerade wieder aufgewacht war, aber dazu war ich wirklich zu schlapp.
Es war mittlerweile halb fünf Uhr morgens und meine Energie war komplett aufgebraucht.
Wie meine Eltern und Jamal noch stehen konnten, war mir ein Rätsel.
Die komplette Nacht hatten wir durchgefeiert und irgendwie hatte es dazu auch immer noch eine Mahlzeit gegeben.
Um 2 Uhr in der Nacht hatte man uns tatsächlich noch eine Suppe angeboten. Allein bei dem Gedanken drehte sich mein Magen um.
Die letzten 2 Tage hatte ich vermutlich mehr gegessen, als in der letzten Woche zusammen.
Jamal legte mich auf einer Matratze ab und deckte mich mit der Decke zu, ehe er das Licht ausmachte und selbst wieder aus dem Raum lief.
Kurze Zeit später legte er sich dazu und umschlang mich vorsichtig mit seinen Armen.
Er murmelte ein leises "Schlaf gut, love." und mein Herz fing direkt an, schneller zu schlagen. Ich war mir sicher, dass er dachte, ich würde schlafen und der Fakt, dass er das trotzdem sagte, war einfach unglaublich süß.
Ich liebte diesen Jungen so sehr, das war nicht mehr normal.
Er sollte am liebsten für immer bei mir sein.

Young Love - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now