Kapitel 65

3.2K 122 55
                                    

"Ich hab keine Ahnung, Jamal.", ich flüsterte, ich war einfach am Ende.

"Wir sollten zum Stadion, das Match fängt bald an.", er sprach noch immer ohne Emotionen, aber in seinem Gesicht, an seiner Haltung und das fehlende Leuchten in seinen Augen, zeigte den Schmerz, den er fühlte.
Ich nickte und wir liefen wortlos zum Stadion.
Wir hatten uns zerstört.
Von Anfang an, war diese Reunion schwachsinnig gewesen.
Wir hatten diese Beziehung mit Geheimnissen gestartet, oder zumindest ich.
Und ich wusste nicht, ob sich daran was ändern konnte.
Ob ich mich ändern konnte.

"Mathea, jetzt hör auf zu fragen, bitte. Feiern wir doch einfach den Sieg und, dass Leon endlich wieder spielen konnte."
"Mir ist es gerade echt scheiß egal, ob Deutschland Portugal abgezockt hat, oder nicht. Warum willst du mir nicht sagen, was passiert ist?!", ich seufzte.
"Sophia hat ihn abgepasst, zufrieden? Ich habe ihn angelogen und das hat ihn verletzt. Diese Beziehung ist einfach toxisch.
Ich bin toxisch!
Zumindest für ihn..."
"Okay, stopp, stopp, stopp! Was genau bedeutet das?", ich sah sie an.
Ich war einfach nur kaputt und wollte am liebsten schlafen.
Schlafen und damit meinen Problemen aus dem Weg gehen.
"Ich bin nicht gut für ihn. Er braucht niemanden, der ihn runterzieht. Wenn er sich die nächsten Monate wegen mir nicht auf den Fußball konzentrieren kann, zerstöre ich seine Zukunft. Und das kann ich nicht zulassen, Mathea.", Tränen sammelten sich in meinen Augen.
Sie hingegen riss ihre auf: "Willst du etwa Schluss machen?!"
"Das ist doch der einzige Weg.", meine Stimme war leise, verzweifelt und klang, als hätte ich 3 Tage durchgeheult. Die Tränen liefen mir mittlerweile über meine Wange.
Sie atmete einmal tief ein und aus und sah sich dann in dem Raum um, in den sie mich vorhin gezerrt hatte.
"Hör zu. Laut Leon steht Jamal vermutlich beim nächsten Spiel im Kader. Wenn du jetzt Schluss machst, dann... dann wird das ebenfalls seine Zukunft zerstören, Juli. Er muss die nächsten Tage hochkonzentriert sein.
Außerdem Juli, auch wenn das jetzt respektlos klingen mag, du reagierst gerade total über!"
"Er steht was? Oh mein Gott, ich...
Mathea, was willst du damit sagen?!", ich starrte sie an, sie atmete einmal tief ein und aus.
"Klär das mit ihm. Wenn du nach der EM noch immer der gleichen Meinung bist Juli, dann mach Schluss. Aber bis dahin, versprich mir, dass du das regelst und so tust, als sei alles gut."
"Du ... was?"
"Ich weiß, das ist viel verlangt, aber bitte Juli. Wenn du ihm seine Zukunft nicht verbauen willst, dann mach das.", ich schluckte.
Vermutlich hatte sie recht.
Aber wie sollte ich das bitte anstellen? Wie sollte ich tun, als sei alles super? Dennoch war es vermutlich der einzige Weg, um ihn nicht die Spiele und somit seine Zukunft, zu versauen.
"Okay.", meine Stimme war ein Krächzen, Mathea atmete erleichtert auf.
"Dann komm jetzt, gehen wir zu den anderen. Du bekommst das hin, Juli.", sie schob mich, mit einem aufmunternden Gesichtsausdruck, zur Tür.

"Jamal, bevor ihr wieder fahrt, will ich noch mit dir reden.", ich stellte mich direkt vor ihn.
"Yes, das wollte ich too.", die ersten zwei Sätze, die wir seit heute Nachmittag gewechselt hatten.
Dass wir nicht redeten, war natürlich auch den anderen aufgefallen, die uns aber, abgesehen von ein paar irritierten Blicken, zum Glück in Ruhe gelassen hatten. Nur meine Mutter hatte versucht, mit mir darüber zu reden, sie war ich aber glücklicherweise auch losgeworden.
Ich atmete einmal tief ein und begann dann mit meiner Rede, die ich seit dem Gespräch mit Mathea vorbereitet hatte und ständig in meinem Kopf durchging. Ich hasste es, ihn schon wieder anzulügen, aber Mathea hatte recht.
Ich würde ihm andernfalls seine Zukunft verbauen und das würde ich nie im Leben tun, wenn ich es verhindern konnte.
Dafür liebte ich ihn einfach zu sehr und außerdem war ich es ihm schuldig.
"Jamal, es tut mir leid. Ich hätte dir das nicht verschweigen dürfen. Ich dachte es wäre das Richtige, weil ich angenommen habe, dass du andernfalls nur an den Kuss denken würdest und nicht an die EM.
Ich hatte kein Recht, das für dich zu entscheiden und ich hoffe wirklich, dass du mir das verzeihen kannst.
Ich will nicht schon wieder Streit, es soll endlich wieder einfach alles gut sein und das funktioniert nicht, wenn wir heute auseinander gehen, ohne das geklärt zu haben.", ich sah ihn abwartend, und leider auch verzweifelt, an.
Im Grunde hatte ich nicht mal gelogen, ich meinte das alles vollkommen ernst. Nur den Fakt, dass ich nicht glaubte, dass nach unserer Versöhnung alles gut werden würde, ließ ich aus.
Den Fakt, dass ich davon ausging, dass nie mehr alles gut werden würde...
"I know, Juli.
Ich weiß, dass du das nur für mich verschwiegen hast und I guess, ich bin dir sogar thankful dafür.
Du lagst vermutlich richtig, ich hätte wirklich only about the kiss nachdenken können.
Aber Juli, promise mir eins.
Please no more secrets.
Ich will, dass du honest mit mir bist, okay?", fuck.
Am liebsten hätte ich die Augen geschlossen und losgeheult.
Er war viel zu gut für mich.
Ich hatte diesen Jungen einfach nicht verdient.
Stattdessen setzte ich allerdings ein Lächeln auf und umarmte ihn.
"Danke!", raunte ich in sein Ohr und er küsste mich auf meinen Kopf.
Oh Gott, warum machte ich das hier? Ich liebte es, wenn er das tat, aber in dem Moment war es einfach nur eine Qual. Alles in mir schrie, dass ich diesen Jungen zerstörte und sofort etwas unternehmen musste.
Aber es war richtig, auf Mathea zu hören.
Das war vermutlich das einzig richtige.
"Ich liebe dich.", murmelte Jamal und mein Herz zog sich endgültig zusammen.
"Ich liebe dich auch.", ich flüsterte und schloss meine Augen, während ich mich von ihm an seine Brust ziehen ließ.
Die aufkommenden Tränen unterdrückte ich.
Ich war an der Reihe, etwas für ihn zu tun. Und das würde ich machen, egal was kommen würde.

"Pass auf ihn auf, Leon.", ich sprach leise und sah den Spieler bittend an.
"Mach ich, Juli.", er sah mich aufmuntern an, "Jetzt mach dir keinen Kopf, ich bin sicher, das wird wieder.", überrascht zog ich meine Stirn zusammen.
"Mathea hat mir kurz die Lage erklärt. Ich war nicht unbedingt von ihrer Idee überzeugt, aber ich stimme ihr zu, dass du im Moment überreagierst.
Juli, du bekommst aktuell so viel Hate, es ist klar, dass das nicht alles an dir abprallt, sondern irgendwelche Spinnereien in dein Hirn setzt.
Aber die stimmen nicht.
Du bist die beste Freundin, die Jamal haben könnte und er ist so unendlich dankbar für dich.
Und ich bin dir ebenso dankbar.
Es geht ihm, durch dich, deutlich besser. Er liebt dich und du liebst ihn, also hör auf dir so einen Stress zu machen und vertraue einfach darauf, dass wir alle recht haben.
Vertraue darauf, dass Jamal selbst weiß, wer gut für ihn ist und wen er in seinem Leben haben will.", er sah mich eindringlich an und nahm mich dann in den Arm.
"Danke, Leon.", er schnaubte leicht.
"Bis Mittwoch, Juli.
Ach und bevor ich es vergesse: Bitte klatsch deiner Bitch von Mitschülerin eine.", er stockte kurz, "Sorry für den Ausdruck. Wobei, eigentlich nicht. Das sorry habe ich nur offiziell gesagt..."
"Offiziell hast du den Satz gar nicht gesagt. Denn ich glaube "Anstiftung zu Gewalt und Beleidigung" würde ziemlich gut bei den Zeitungen ankommen und weniger gut bei den FCB-Bossen...", ich lächelte zaghaft und er grinste, um mir dann High-five zu geben.
"Tschüss Leon.", ich schubste ihn leicht in Richtung Mathea und stellte mich dann zu meinen Eltern.

Mir ist aufgefallen, dass ich gestern schon wieder vergessen habe, euch einmal "Danke" zu sagen.
40,1 K, das ist so unglaublich😍.
Ich hätte das wirklich nie erwartet, als ich diese Story angefangen habe!
Also an jeden einzelnen da draußen, Danke♥️!

Young Love - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now