Kapitel 59

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"Juli, wir sind zurück!", rief mein Vater und ich starrte auf die Tür.
Wie zum Teufel sollte ich meiner Familie erklären, dass Jamal plötzlich wieder mein Freund war?
"Truth or lie?", Jamal sah mich fragend an.
Wir waren in meinem Zimmer und lagen gemeinsam im Bett. Es war natürlich nichts passiert, wir genossen einfach das Gefühl, die andere Person endlich wieder im Arm zu halten.
"Ich hab ehrlich keine Ahnung.", ich wusste nicht, wie meine Familie reagieren würde. Sie hatten Jamal geliebt, aber das war vor unserer Trennung.
Und gerade bei meinem Vater ging ich davon aus, dass er es nicht einfach so verstehen würde, dass ich Jamal nach der ganzen Scheiße so ohne weiteres zurückgenommen hatte.
"I guess du hast nicht mehr viel time..."
Ich schloss meine Augen: "Ich hab keine Lust mehr auf Lügen. Wenn wir beide gleich rausgeschmissen werden, wissen wir, dass es trotzdem die bessere Option gewesen wäre.", damit rappelte ich mich auf, zog Jamal hoch und lief dann nach draußen.
Ich ging die Treppen so selbstsicher wie möglich runter und sah einfach nur in die Gesichter meiner Familie, als Jamal hinter mir auftauchte.
Meine Schwester öffnete ihren Mund, meine Mutter riss ihre Augen auf und mein Vater schaute völlig verdattert. Jonas hingegen wirkte ein wenig irritiert über die Reaktionen und sah mich dann fragend an.
"Was ... ähm, bedeutet das jetzt?", meine Mutter sah zwischen Jamal und mir hin und her.
Der Moment war unangenehm hoch 1000. Was sollte ich sagen?
Surprise, surprise, Jamal und ich sind wieder zusammen?!
Wohl kaum.
Noch bevor ich irgendwas sagen konnte, fing Jamal einfach an zu reden: "Maria, ich liebe your Tochter. Das habe ich immer und das werde ich always. Es tut mir so unendlich leid, was sie wegen meines Statuses durchmachen musste. Ich weiß nicht, wie ich das je wieder in Ordnung bringen kann, aber ich kann genauso wenig ohne sie leben. Das habe ich die letzten months versucht und ich bin komplett gescheitert.", er lachte leicht ironisch auf, ehe er wieder ernster wurde, "Wenn ihr mich nicht mehr in der Family willkommen heißt, dann verstehe ich das, aber ich kann nicht without deiner Tochter leben."
Mein Herz machte in dem Moment um die 10 Umdrehungen.
Er hatte es ja eigentlich schon gesagt, aber dass er die Worte vor meiner Familie laut aussprach, bedeutete mir nochmals mehr.
Während meine Mutter ihn überfordert ansah, räusperte sich mein Vater: "Na dann Jamal, freut mich, dass ihr es wieder hinbekommen habt.", er lächelte ihn bestätigend an und sowohl Jamal als auch ich atmeten erleichtert auf.
Der Kleine fing an zu schreien und während ich auf ihn sah, wurde Jamal plötzlich von meiner Mutter in eine Umarmung gezogen. Sie strahlte und hatte, wenn ich es richtig sah, sogar Tränen in den Augen.
Jamal tätschelte etwas überfordert ihren Rücken, ich glaubte er hatte mit vielem gerechnet, aber nicht damit.
Auch ich starrte Mama irritiert an, ich hatte keine Ahnung gehabt, dass ihr diese Reunion so viel bedeutete.
Nach ca 30 Sekunden zog sie mich ebenfalls in die Umarmung, sodass wir nun gruppenkuschelten. Die Situation überforderte mich ziemlich, vor allem, weil mein Vater, meine Schwester und mein Schwager uns dabei stumm beobachteten.
Magdalena und Jonas tauschten völlig irritierte Blicke aus, während mein Vater aufstöhnte: "Maria, lass die Armen doch los."
Meine Mutter verdrehte ihre Augen, ging dann aber tatsächlich ein Stück zurück und ließ uns somit endlich wieder ein wenig Luft zum Atmen.
"Ich freue mich so für euch! Wurde wirklich Zeit!", sie lächelte.
"Herzlichen Glückwunsch und ähm, alles Gute zum Geburtstag Schwesterherz!", Magdalena lächelte mich an und zog mich in eine Umarmung.
"Danke, Lena.", ich löste mich von ihr und umarmte Jonas, der mir ebenfalls gratulierte.

In meinem Bauch flatterten 1000 Schmetterlinge.
Jamal hatte meinen Neffen auf dem Arm und sein Umgang mit ihm versetzte mich in einen Glückszustand.
Es war so unendlich süß, wie gut er sich um ihn kümmerte und ihn mit Samuel zu sehen, war nochmals anders, als ihn mit Linas und Joshuas Kindern zu sehen.
Er war ein Teil meiner Familie.
Endlich wieder!
Während ich Jamal dabei beobachtete, wie er Samuel hochhob und ihn fliegen ließ, fing der kleine Junge an zu glucksen. Anscheinend gefiel ihm das Gefühl hoch oben durch die Luft zu segeln.
Ich schnappte mir Jamals Handy und schoss ein Bild von den beiden.
Das Ergebnis ließ sich wirklich sehen. Jamal schaute glücklich auf den freudigen Jungen, der seine Arme leicht zur Seite streckte.
"Na, dein Freund entwickelt wohl Papa-Gefühle.", Magdalena sah grinsend auf die zwei und legte einen Arm um mich.
"Oh Gott, bloß nicht. Ich will in keiner RTL-2-Serie mitspielen. Hilf mir, jung, schwanger, verzweifelt."
"Na zumindest bleibt dir das Pleite erspart.", sie lachte los, ich hingegen warf ihr einen Witzig-Blick zu, den sie mit gehobenen Händen quittierte.
"Apropos, weißt du schon, was du nach der Schule machen willst? Immerhin bist du in einem Jahr draußen."
Allein bei den Worten wurde mir schlecht. Früher wollte ich immer aus der Schule raus, aber mittlerweile bekam ich Angst vor der Zeit danach. Außerdem fiel mir nun ein, dass meine ganzen Pläne, die ich die letzten Monate gemacht hatte, durch Jamal nun wieder durchkreuzt wurden.
"Ich hab an ein paar Möglichkeiten gedacht, aber ich weiß nicht, ob auch nur eine, wegen Jamal, davon in Frage kommt."
Magdalena runzelte die Stirn: "Was meinst du damit?"
"Ich habe an drei verschiedene Optionen gedacht. Irgendwo als Au-Pair-Mädchen arbeiten, für ein paar Monate nach Afrika gehen und dort helfen, oder zum Freiwilligen Wehrdienst gehen."
Sie sah mich leicht entsetzt an: "Du willst ins Ausland oder zur Bundeswehr?! Seit wann denn das?"
Ich seufzte: "Ich spiele schon seit Jahren mit den Gedanken. Dann ist das aber alles in Hintergrund gerückt, vor allem durch die Beziehung. Aber jetzt rückt die J2 immer näher und ich habe durch die Trennung nicht mehr an Jamal und mich gedacht.
Das wäre ja nicht für immer, der Freiwillige Wehrdienst ist zwischen 7 bis 23 Monate frei wählbar. Das Problem ist halt, dass ich bundesweit versetzt werden könnte.
Afrika wäre zwischen einem bis zwölf Monate und Au Pair würde 9-12 Monate gehen."
"Wow, du hast dich ja schon gut informiert... und was sagt Jamal dazu?"
"Er weiß von nichts. Wir sind erst seit heute wieder zusammen und außerdem soll er sich auf das Training konzentrieren, damit er Einsätze bei der EM bekommt. Nicht auf seine Freundin, die er nach Monaten wieder hat und die überlegt in einem Jahr möglicherweise sonstwohin umzuziehen."
"Was ist mit einem FSJ? Das könntest du doch auch in München machen."
"Ja, darüber hab ich auch schon nachgedacht. Aber ich weiß nicht, ob es das ist, was ich will, Magdalena. Ich will neue Erfahrungen sammeln und nicht im Kindergarten Obst schnippeln. Nicht, dass das verwerflich wäre, aber es ist einfach nicht das, was ich mir für meine Zukunft noch vorstelle."
Sie sah überlegend auf Jamal: "Rede mit ihm darüber. Nicht jetzt, aber nach der EM. Das wird eure Beziehung nicht leichter machen, aber wenn du ihm deine Zukunfspläne verschweigst, wirst du sie zerstören."
"Er hat einen Vertrag bis 2026. Bayern wird ihn früher sicher nicht ziehen lassen. Vermutlich werden sie alles tun, um ihn auch danach zu behalten. Und das macht mich unglaublich glücklich. Er hat eine gesicherte Zukunft, eine Karriere, aber was soll ich derweil tun?
Ich weiß nicht, ob ich nach der Schule einfach direkt zur Spielerfrau werden will und ihm einfach hinterherreisen kann. Nicht falsch verstehen, das will ich in jedem Fall später tun, aber ich weiß nicht, ob es mein Wunsch ist, mit nicht mal 18 nach München zu ziehen und sonstwas zu tun."
"Jetzt mach dir nicht allzuviele Gedanken. Du solltest, bevor du eine Entscheidung triffst, eh erst mit ihm reden und außerdem ist es eh erst in einem Jahr. Bis dahin kann viel passieren.", sie sah mich aufmunternd an, ich nickte.
Ich bezweifelte zwar, dass ich innerhalb des Jahres darüber anders denken würde, aber vielleicht hatte sie ja recht.

Young Love - Jamal MusialaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt