Kapitel 44

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Völlig gerädert lag ich in meinem Bett und starrte an die Wand über mir. Es war Montag Morgen und eigentlich hätte ich seit zweieinhalb Stunden Schule.
Trotzdem lag ich hier seit Punkt sechs Uhr herum und starrte ins Nichts.
Die Schule ging mir gerade wirklich am Arsch vorbei.
Meine Eltern hatten nach einem Blick in mein Zombie-Gesicht zum Glück auch die Klappe gehalten und mir ohne ewige Diskussion eine Entschuldigung ausgestellt.
Meine Augen waren knallrot, ich hatte gestern den halben Tag durchgeheult. Seit Samstag hatte ich nun nichts mehr gegessen und trotzdem hatte ich absolut keinen Hunger.
Ganz im Gegenteil. Allein bei dem Gedanken an Essen wurde mir, mal wieder, regelrecht schlecht.
Mit Jamal hatte ich nicht geschrieben und selbst die Eifersucht auf Talita hatte sich einfach nur in Trauer umgewandelt. Das sorgte dafür, dass ich nun nicht mal mehr ihr Profil stalkte.
Auch Jude hatte ich völlig ignoriert, ich wollte ihn am liebsten einfach nie mehr sehen. Nach seinen zig Nachrichten hatte ich ihn sogar blockiert. Es war ziemlich scheiße von mir, aber er war am Samstag so ein Arschloch gewesen, dass er das wohl verdiente.
Eli war gestern extra zu mir gekommen, aber ich hatte sie nicht hereingelassen.
Ich hatte Angst, dass ich komplett zusammenbrechen würde, sollte ich irgendjemandem über Samstag erzählen.
Noch mehr, als ich es jetzt schon tat.

Es klingelte an der Tür. Ich rappelte mich hoch, meine Mutter hatte mich quasi gezwungen dem Postboten die Tür zu öffnen, da sie selbst Homeoffice machte.
Also öffnete ich lustlos die Haustür und starrte im nächsten Moment in 2 braune Augen.
Direkt wollte ich die Tür wieder schließen, aber leider war Jude schneller. Er steckte blitzschnell seinen Fuß in unsere Tür und sah mich auffordernd an.
"Was willst du hier? Ich habe dir nichts zu sagen!", zischte ich und sah ihn wütend an.
"Juli, bitte lass mich rein. Ich will doch bloß mit dir reden.", er zog seine Augenbrauen hoch und leider kam in dem Moment meine Mutter, um sich einen Kaffee zu machen.
"Oh, hallo. Wer bist du denn?", sie sah Jude verwundert an.
"Niemand. Er wollte gerade gehen.", auf deutsch antwortete ich meiner Mutter und sah Jude strafend an.
"Eigentlich nicht, Frau Crola. Ich bin Jude Bellingham, der vielleicht zukünftige Schwiegersohn.", er zwinkerte in meine Richtung und lächelte meine Mutter charmant an, die ihn irritiert anstarrte.
"Aber, was ist mit Jamal?", sie sah mich verständnislos an. Zum Glück war ich über Jude's Aussage so in Rage, dass ich nicht gleich wieder losheulte.
"Nichts, Mama. Jude ist, wie du an seinem Akzent hören konntest, Brite und hat deshalb einfach einen dummen Humor.", ich lächelte gekünstelt und warf Jude dann einen vernichtenden Blick zu.
"Stimmt, wir Briten sind leider alle so. Allerdings lag diese Aussage nicht an meinen Wurzeln, sondern an Ihrer wundervollen Tochter. Darum würde ich auch gerne in Ihr Haus kommen. Dürfte ich herein?", er lächelte meine Mutter scheinheilig an und sie zog verwundert die Augenbraue hoch, um mich dann abwartend anzusehen.

"Ich bringe dich um, Jude Bellingham!", ich warf ihm meinen bitterbösen Blick zu und folgte dann meiner Mutter in die Küche.
"Also, so gerne ich dich noch besser kennengelernt hätte, Jude, ich hab gleich eine Konferenz. War nett dich zu treffen.", sie schenkte ihm ein knappes Lächeln und ging nach Jude's überfreundlicher Verabschiedung nach oben.
"Ich hoffe, du weißt, dass wir hier Messer haben. Denn wenn du jemals wieder sowas sagst, landet es in deiner Brust!", ich hätte ihm wirklich ins Gesicht schlagen können.
"Komm runter, Juli. Ich wollte mich eigentlich für Samstag entschuldigen. Meine Aktion war echt nicht okay."
"Oh, du kommst her, um dich für diesen Kuss und die anschließende Scheiße zu entschuldigen, stellst dich dann aber als zukünftiger Schwiegersohn, bei meiner Mutter, vor?!", ich war stinksauer.
"Hättest du mich nicht überall blockiert, hätte ich nicht extra kommen müssen, also werde mal lockerer!"
"Jude, sag mal, weißt du eigentlich, was für ein W*chser du bist? Du küsst mich, trotz meiner Proteste, verlangst dann, dass ich zugebe, dass es mir gefallen hat, willst deinen besten Freund hintergehen und jetzt tauchst du hier auf und benimmst dich widerlicher als zuvor?!
Wen willst du hier eigentlich verarschen?", zischte ich ihn an und überlegte wirklich, ob ich ihm meine Kaffeetasse über sein weißes Shirt kippen sollte.
"Dir hat es nicht nur gefallen, du hast es geliebt, und das ist nur die Wahrheit.", er hob entschuldigend seine Hände in die Höhe, ich schnappte nach Luft.
"Raus hier, sofort!", ich zeigte auf die Haustür.
Noch bevor Jude etwas erwiedern konnte, wurden wir von einem Knall unterbrochen. Erschrocken drehte ich mich um und starrte in 2 weitere, braune Augen.
"Fuck...", Jude sah komplett erschrocken auf Jamal, der plötzlich einfach im Türrahmen der Küche stand und sein Handy hatte fallen lassen.
"Was tust du hier?", ich flüsterte und war den Tränen nahe.
"Das könnte ich dich ja wohl eher im Bezug auf Jude fragen, oder nicht?", eiskalt sah er zwischen uns hin und her und verließ dann die Küche. Ich zuckte zusammen, als die Haustür mit einem lauten Knall ins Schloss fiel.

"Jamal jetzt warte doch endlich! Hör mir doch einfach bitte zu!", ich rannte ihm durch die Straßen hinterher.
"Zuhören?! HAST DU JUDE GEKÜSST ODER NICHT?!", er brüllte die halbe Nachbarschaft zusammen und sah mich so böse an, dass mir schlecht wurde.
"Ja, aber ich habe es unterbunden. Ich habe mich ekelhaft gefühlt deshalb, OBWOHL ICH NICHT MAL WEIß, OB WIR NOCH ZUSAMMEN SIND!", ich brüllte nun ebenfalls, schon wieder mitten auf der Straße.
"Ah, du hast es unterbunden. Na dann ist ja alles klar! Kein Problem, jeder küsst mal den besten Freund seines Freundes. Weißt du was Juli, du brauchst dich ab jetzt nicht mehr schuldig fühlen, wir sind tatsächlich nicht mehr zusammen. AUS, VORBEI!", er schrie noch immer und ich starrte ihn einfach nur an.
Was hatte er gerade gesagt?!
"Na dann, geh doch wieder zu deiner Talita. Denn soweit ich weiß, hab nicht nur ich jemanden geküsst. Mit dem Unterschied, dass es bei mir nicht so verliebt aussah. Ja, ganz recht Jamal. Ich habe euch gesehen. Wieviele Mädels hattest du schon an diesem Platz? War ich überhaupt die erste Freundin? Oder gab es während unserer Beziehung noch weitere, mit denen du genau das gleiche getan hast?", meine Stimme ließ mich zum Glück nicht im Stich und auch meine Tränen konnte ich zurückhalten.
"Sag mal, FÜR WEN HÄLST DU MICH EIGENTLICH? Nicht nur du hattest Schuldgefühle wegen deines Kusses! Ganz recht Juli, das war der Grund, weshalb ich hierher gekommen bin. Ich wollte dich um Verzeihung bitten! Aber im Nachhinein war das die größte Zeitverschwendung der Welt.
Alles mit dir war Zeitverschwendung. Du warst anscheinend Zeitverschwendung.", er sah mich eiskalt an und nun konnte ich meine Tränen doch nicht mehr zurückhalten.
"Wow. Wenn du so denkst, wäre es vielleicht wirklich das beste, wenn wir einfach getrennte Wege gehen.", flüsterte ich und drehte mich um, um zurück ins Haus zu laufen.

"Raus hier.", Jude bewegte sich nicht.
"RAUS HIER!", ich schrie das komplette Haus zusammen und er zuckte erschrocken, ehe er tatsächlich endlich das Haus verließ.

Ich fing an zu heulen.
Es war vorbei.
Ich war vorbei.

Young Love - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now