Kapitel 50

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"Gott Juli, mach das weg. Du hast diesen dämlichen Artikel jetzt schon zig Mal gelesen und langsam kann sogar unser Lehrer auswendig sagen, was drinnen steht.", Eli steckte sich ihren Kaugummi in den Mund und nahm mir mein Handy aus der Hand, um es auszumachen.
"Tja, das ist das einzige, was ich aktuell über ihn finde. Nach dem Nationalmannschafts-Wechsel-Rummel ist er für die die Medien wieder uninteressant geworden...", seufzend nahm ich das Handy zurück und steckte es in meine Hosentasche
"Und das war richtig so! Ihr seit getrennt, Juli. Das bedeutet, dass ihr kein Paar mehr seid. Seit gefühlten Ewigkeiten. Und du hast nichts besseres zutun, als ständig das halbe Internet nach einem neuen Wort von deinem Ex zu durchforsten. Was glaubst du, wie er reagieren würde, wenn er wüsste, dass du ihm wie ein wahnsinniger Stalker hinterherspionierst, anstatt die Freundin zu spielen?"
"Ich liebe ihn, Eli! Wie oft soll ich es dir noch sagen? Ich kann ohne ihn nicht und dieser Vorschlag macht mich wahnsinnig! Wie kam er auf die Idee mir eine Freundschaft vorzuschlagen?"
Eli seufzte: "Sehe ich so aus, als wüsste ich, was in dem Gehirn dieses Typen abgeht? Er hat vermutlich einfach ein paar mal zuviel den Ball gegen den Kopf bekommen. Aber weißt du was, ich hole jetzt Chris, das wird mir hier zu hetero..."
Ich sah sie verzweifelt an, irgendwie war der Fakt, dass sie lesbisch war, immer ihre Ausrede dafür, sich nicht mit mir über Jamal zu unterhalten. Stattdessen holte sie Chris, dem ich seitdem immer das Ohr abkauerte...

Will doch schwer hoffen, dass du Samstag im Stadion sitzt?
Habe immerhin extra für dich letzte Woche das 1:0 geschossen ;)

Die Frage, wie du das geschafft hast, stellt sich mir bis heute...
Aber joa, warum nicht.
Sofern du ein Ticket hast, natürlich...

Aber klar, seit 2 Wochen reserviert🤓

🤦‍♀️😂

Ich machte das Handy aus und legte mich auf das Bett. Neben mir lag ein Pulli von Jamal, den ich seit der Trennung tatsächlich nie mehr gewaschen hatte.
Mir ging es dreckig. Wie ich die Schule so gut hinbekam war mir ein riesiges Rätsel.
Ständig war das Wort Freunde in meinen Gedanken.
Jeden Tag heulte ich und mittlerweile aß ich nur noch bei Fressattacken. Mein Körper war im Eimer, ich sah furchtbar aus.
Tiefe Augenringe zeichneten sich die ganze Zeit ab, ich war unglaublich dünn geworden und meine Augen waren ständig verquollen.
Ich konnte die Person, die ich war, selbst nicht mehr ausstehen.
Täglich hoffte ich, dass ich endlich über Jamal hinwegkommen könnte, aber es war eine totale Fehlanzeige.
Jedesmal, wenn ich dachte, ich könnte endlich abschließen, fing ich 5 Minuten später wieder an zu heulen.
Mittlerweile fragte ich mich, wie ich überhaupt noch weinen konnte, denn ich hatte wirklich das Gefühl, es wären keine Tränen mehr übrig.

Es klingelte. Genervt sah ich von meinem Lernzettel hoch, trottete dann aber zur Tür und öffnete sie.
"Ich hab Eis und Schokolade dabei. Wusste nicht, was Mädels sonst bei Liebeskummer essen...", Leo hielt eine riesige Einkauftüte in die Höhe.
Ich lächelte zaghaft: "Danke, Leo."
Er grinste und kam rein.
"Ich will ja nichts sagen, aber du siehst echt furchtbar aus...", ich sah an mir herunter und seufzte.
Seit Wochen trug ich Zuhause nur noch Jogginghosen, Croptops oder Pullis, je nachdem, wie warm es war.
"Ich weiß, aber es interessiert mich irgendwie nicht. Mir reicht's, wenn ich in der Schule einigermaßen okay aussehe..."
"Es tut mir so leid, Juli. Aber zumindest weißt du, dass niemand fremdes HURE vor dein Haus gepinselt hat..."
Ich lächelte gequält: "Kannst du ja nichts für. Aber ich fürchte mich erleichtert es kein bisschen, zu wissen, dass es Lilli war...", ich wurde am Ende immer leiser.
"Wie meinst du?"
"Sie ist seine Schwester. Stell dir mal vor, wie sehr sie mich hassen musste, um das zu tun..."
Er sah mich mitleidig an und nahm dann 2 Schüsseln aus dem Schrank und befüllte sie mit Eis. Dann nahm er Schokostreußel, Schokolade und Schokosoße und kippte alles in riesigen Mengen über das Eis. Ich starrte auf die Kalorienbombe und nahm glücklich meine Schüssel, um es mir alles in den Mund zu stopfen.
Leo fing an zu lachen und machte einen Snap von mir.
"Ha ha. Darf ich dich daran erinnern, dass du die 5 Kilo Schokolade da drauf gemacht hast?!"
"Das kannst du dir auch leisten.", das Lächeln verschwand und er sah mich ernst an, "Juli, wie lange hast du nicht mehr richtig gegessen?"
Ich hielt inne und zuckte mit den Schultern, er atmete tief ein und nahm mir dann die Schüssel aus der Hand.
"Hey?!"
"Nichts da. Wir kochen jetzt was und danach kannst du diese Kalorienbombe zu dir nehmen."
"Leo, ich hab keinen Hunger."
"Das ist mir echt egal. Was sagt eigentlich deine Mutter zu deiner Appetitlosigkeit?"
"Gar nichts, sie weiß davon nichts. Und bitte, das soll so bleiben."
Er schloss kurz die Augen, packte die Eisschüsseln in das Gefrierfach und drehte sich dann um, um entschieden Vollkornnudeln aus der Schublade zu nehmen.
"Seit wann isst du bitte so gesund?"
"Ich mache Sport, natürlich muss ich mich gesund ernähren. Und du brauchst auch mal was gescheites."
Stumm sah ich ihm zu, wie er das gesündeste Essen seit langem zubereitete.

"Was machst du am Wochenende?"
"Ich gehe zum Spiel.", er sah mich irritiert an.
"Leon.", meinte ich bloß und er nickte.
"Warum?"
"Will nicht, dass du hier versauerst. Aber wenn du zu Leon gehst, ist alles in Ordnung.", er lächelte.
"Danke Leo. Ihr glaubt alle gar nicht, wie dankbar ich für jeden von euch bin."
"So ging es mir nach der Trennung von Sophia auch. Und jetzt bin eben ich für dich da.", ich lächelte ihn dankbar an.
"Apropos, Chris, Fabi, Eli und ich wollten morgen Essen gehen. Kommst du mit?"
"Chris hat auch schon gefragt. Ich hab morgen noch Training, aber ich könnte nachkommen."
"Perfekt.", ich grinste zufrieden und sah dann auf meinen Teller. Irgendwie wurde der Berg nicht weniger.
Ich schüttelte kurz meinen Kopf und zwang mich dann dazu die Spaghetti zu essen.

Mir war mittlerweile ziemlich übel und das hatte wohl auch Leo gesehen.
"Lass gut sein, Juli.", er sah mich mitleidig an.
Der Teller war noch immer halb voll.
Gott, wie mir dieses widerliche Gefühl von Übelkeit zum Hals raushing.
Ich wollte endlich wieder normal werden, einen normalen Körper haben.
Wieder Essen können, nicht nur für ein paar Sekunden ein Lächeln auf dem Gesicht haben, wieder Spaß am Leben finden.
All das, was seit der Trennung nicht mehr da war.
Und ich hasste es.

Young Love - Jamal MusialaTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon