Kapitel 16

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In dem Moment öffnete sich die Tür und meine Mutter trat uns entgegen. Freudig sah sie uns an und nahm mich in den Arm, bevor sie sich dann Jamal zuwandte und ihm ein freundliches "Hallo" plus Lächeln schenkte, um mich dann ein wenig verunsichert anzuschauen. Sie wusste wohl nicht, ob sie ihn umarmen sollte. Ich antwortete mit einem aufforderndem Blick, ich nahm an, es würde Jamal beruhigen, wenn sie ihn umarmte.
Während sie ihn nun umarmte, begrüßte ich meinen Vater. Er hatte sich extra den Tag frei genommen und ich war sehr dankbar dafür.
Auch er wendete sich Jamal zu und gab ihm die Hand, während er mit einem offenem Lächeln ebenfalls "Hallo" sagte.
Belustigt stellte ich fest, dass Jamal wohl noch immer verängstigt war, denn er sprach die beiden mit Frau und Herr Crola an, siezte sie und war sehr höflich und zurückhaltend. Sobald sie das allerdings bemerkten, boten sie ihm das Du an, was ihn sichtbar erleichterte. Wir gingen rein und meine Mutter fragte uns, ob wir was trinken wollten. Dankend nickten wir und sie schenkte uns ein. Währenddessen setzten wir uns hin. Meine Mutter redete ein wenig mit Jamal und ich verschwand mit meinem Vater in die Küche.
"Geh doch lieber wieder zu ihm, ich schaff das auch alleine Schatz."
"Oh nein, da muss er jetzt alleine durch.", grinste ich und mein Vater lachte. Ich liebte es zu kochen und mit meinem Vater zusammen sowieso. Da es 2 Lasagnen gab, mit Fleisch und mit Fisch, war jedoch schon alles fertig, sie mussten nur noch geschichtet werden. Außerdem war es nur fair, ich war praktisch auch alleine mit Carolin gewesen.

Als 25 Minuten später meine Mutter und Jamal reinkamen, holte mein Vater gerade die zweite Lasagne aus dem Ofen.
Jamal war sehr zurückhaltend gegenüber mir, vermutlich wollte er mich nicht vor meinen Eltern, und vor allem vor meinem Vater, unbedingt küssen. Innerlich musste ich darüber lachen, mein Vater war absolut unkompliziert was das anging. Es hatte ihn nie interessierte, als meine Schwestern Jungs mit nach Hause gebracht hatten. Da machte er mit Sicherheit auch bei mir keine Ausnahme, hauptsache wir waren glücklich. Dafür liebte ich ihn noch mehr. Insgesamt war ich sehr dankbar für die Beziehung zu meinem Vater. Das Verhältnis zwischen mir und meiner Mutter war oft schwierig, das zu meinem Vater dafür umso besser. Wenn ich mit jemandem aus der Familie alleine in den Urlaub gegangen war, war es immer er, und insgesamt unterstützte er mich immer.

"Apropos! Mama, Papa, Leon und Mathea haben in einem Hotel eingecheckt. Wäre sehr schön, wenn sie zum Abendessen kommen könnten. Das wäre sonst irgendwie komisch und ich glaube ihr würdet sie bestimmt auch gerne kennenlernen."
"Aber natürlich, sie sind herzlich willkommen. Ich wollte mich sowieso noch dafür entschädigen, dass die beiden extra hierher gefahren sind. Das wäre wirklich nicht nötig gewesen!", sie sagte es leicht vorwurfsvoll und genau das brachte mich schon wieder leicht auf die Palme. Jamal wusste bis jetzt nichts von den Streitereien, aber ich war mir sicher, dass er es demnächst mitbekommen würde.
"Ich weiß Mama, ich hatte keine Ahnung, dass sie das tun würden.", antwortete ich leicht genervt. Ich musste mich zusammenreißen. Kein Streit, keine Provokation.
Jamal sah mich mit gerunzelter Stirn an, er wusste genau, dass mich irgendwas aufregte. Dennoch hielt er sich zurück.

"Es schmeckt wirklich gut!", stimmte ich Jamal zu, der meinen Eltern kurz davor ein Kompliment zum Essen gemacht hatte. Meine Mutter lächelte, ehe sie Jamal weiter ausfragte. Zwischenzeitlich hatte ich versucht die Fragerunde abzubrechen, aber da sich meine Mutter nicht stoppen ließ und Jamal außerdem nicht zu angestrengt wirkte, hatte ich es aufgegeben.
"Und du lebst wirklich schon allein?", meine Mutter wirkte schwer beeindruckt. Jamal bejahte und erzählte etwas darüber.

"Juli, komm mal bitte."
"Mmh?", ich ging zu meiner Mutter.
"Wo will Jamal denn schlafen? Gästezimmer? Bei dir?"
"Äh.", diese Frage überforderte mich jetzt ein wenig. Meine Mutter schaute mich eindringlich an. Sie wollte wissen, wie weit unsere Beziehung war und das war mir furchtbar unangenehm. "Er ähm, ich spreche mit ihm.", sagte ich dann und versuchte mich damit rauszuwinden.
"Halt! Juli, wie weit seid ihr? Wir haben letztes darüber gesprochen."
Ich zog Luft ein und fing dann leise an zu erzählen. Ich wusste, dass es keinen Sinn machen würde anzublicken, sie würde es früher oder später eh erfahren und wäre dann nur noch saurer.
"Also ähm, es ist... es ist dieses Wochenende passiert.", ich redete schnell, bloß um es hinter mir zu haben. Meine Mutter schloss die Augen und öffnete sie dann wieder. "Verhütet habt ihr aber, oder?"
"Ja Mama!", zischend sah ich sie an. Jamal stand 5 Meter weiter und sprach mit meinem Vater, während meine Mutter mich über mein Erstes Mal ausfragte. Wie peinlich!
"Gut. Aber nur um das klarzustellen. Das wird hier nicht passieren, hast du das verstanden?!"
"Jaha.", ich sah immer wieder unbehaglich zu Jamal rüber, hoffentlich hatte er nichts mitbekommen.
"Okay, dann geh jetzt wieder zu ihm. Er wartet ja schon.", nun musste sie doch lächeln.
Kopfschüttelnd ging ich zu meinem Freund und er legte kurzerhand seinen Arm um mich. Anscheinend hatte ihn das Gespräch mit meinem Vater entspannter gemacht und lächelnd sah ihn zu ihm auf.
"So, ich glaub wir haben uns jetzt lange genug unterhalten Jamal. Macht doch was schönes zusammen, hier gibt es wunderschöne Landschaften!", meinte mein Vater scherzhaft zu Jamal. Ich zog nicht gerade begeistert die Augenbrauen hoch: "Papa, ich weiß nicht, ob das so...", weiter kam ich nicht denn Jamal sprach mir dazwischen: "Warum denn nicht? Ich würde gerne sehen, wo du wohnst."
Zweifelnd sah ich ihn an: "Na gut, aber du hast es so gewollt. Beschwer dich nachher nicht."
"Hey, ich bin immer noch verletzt!", lachte er nun und zeigte auf sein Bein. Ungläubig sah ich ihn an: "Ganz schön frech, findet du nicht?" Er sah mich kurz überlegend an und schüttelte dann den Kopf. Mein Vater beobachtete uns derweil lächelnd und schlug Jamal dann auf die Schulter, bevor er in die Küche lief.
Wir zogen uns unser Zeug an und gingen aus der Tür. Jamal griff nach meiner Hand und lächelnd lief ich neben ihm.

Nach ca einer Stunde liefen wir an einem riesigen Sonnenblumenfeld entlang. Lachend zog ich Jamal in das Feld rein und mit verdutztem Blick lief er mir hinterher. Ich rannte ein wenig los, nicht allzu schnell, Jamal musste sein Bein immerhin noch schützen. Trotzdem trabte er mir hinterher und versuchte mich zu fangen. Nach ca 2 Minuten gelang ihm das auch und er zog mich zu sich ran, um mich dann durchzukitzeln. Ich quietschte los und Jamal musste ebenfalls lachen.
"Das kommt davon.", meinte er und machte ohne Erbarmen weiter. In dem Moment bildeten sich schlagartig dunkle Wolken über uns und es fing an in Strömen zu regnen. Doch statt wegzugehen, hielt Jamal inne und sah mich an. Mir wurde warm ums Herz, dieser Blick war atemberaubend. Er blickte auf meine Lippen und zog mich dann zu sich ran. Er küsste mich und atemlos ließ ich mich darauf ein. Der Moment hörte sich an, wie aus irgendeinem kitschigen Liebesfilm, aber anscheinend brauchte es nur die richtige Person, damit mir das gefiel.

Als nicht weit von uns ein Blitz mit anschließendem Donner erschien, fuhren wir erschrocken auseinander. Schnell zog mich mein Freund aus dem Feld und wir joggten ein Stück, ehe ich Jamal stoppte. Ich war mir relativ sicher, dass er schon längst langsamer gehen wollte, es aber meinetwegen unterließ. Seine Verletzung sollte heilen und sich nicht verschlimmern. Dankbar sah mich Jamal an, ich lag wohl richtig.

Als wir ankamen waren wir beide bis auf die Knochen durchnässt. Stören tat uns das nicht, aber meine Mutter schickte uns trotzdem sofort unter die Dusche.

Young Love - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now