Kapitel 72

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"Wow, du siehst umwerfend aus!", ich sah meine Schwester bewundernd an, sie lächelte.
Es war Donnerstag Nachmittag und sie hatte eben das allerletzte Mal das Hochzeitskleid für Samstag angezogen. Es war relativ schlicht, ging dafür aber in eine relativ kurz Schleppe über, die mit Blumen übersäht war. Es war rückenfrei und vorne bedeckten nur zwei "Tüll-Bänder" ihren Vorbau.
Das Boho-Kleid sah an ihr einfach umwerfend aus und machte mich irgendwie total hibbelig.
"Danke Juli!", sie betrachtete sich ein letztes Mal vor dem Spiegel, ehe sie sich wieder mir zuwandte.
"Hilfst du mir bitte beim Ausziehen?"

"Okay, und jetzt das Standesamt-Kleid!", sie lachte auf und zog einen weiteren Kleidersack hervor.
Es war ein typisches Standesamt-Kleid, knielang, weiß und besetzt mit feiner Spitze.
Dennoch sah meine Schwester einfach nur wunderschön aus und ich freute mich extrem für sie.
"Du siehst unglaublich aus, Magdalena! Jonas wird umfallen.", ich grinste und sie lachte los.
"Hoffentlich nicht! Ich brauche ihn doch noch."

"Ich weiß nicht was ich sagen soll... GLÜCKWUNSCH!", ich fiel meiner Schwester um den Hals und sie drückte mich lachend.
"Danke Juli.", sie lächelte und nahm mir dann Samuel strahlend ab, den ich während der Trauung auf meinem Arm hatte.

Es war mittlerweile 16 Uhr und wir aßen gerade Kuchen bei uns Zuhause. Ich war heute schon rappelvoll und fragte mich echt, ob ich dann morgen platzen würde.

Bist du schon los?

Bin gerade auf dem Weg zum Bahnhof

👍
Gute Fahrt und bis später <3

Bis später <3

Lächelnd machte ich mein Handy aus und konzentrierte mich wieder auf das Gespräch von meiner Mutter und Jonas. Sie redeten irgendwas über seine Arbeit, weshalb ich mich zuvor auch lieber auf Samuel konzentriert hatte.
Wer redete eigentlich an seiner Hochzeit über die Arbeit?!

"Hey!", ich fiel Jamal in die Arme, woraufhin er mich überrascht lachend auffing.
"Auch hey. Ich hab dich auch schon vermisst.", grinsend drückte er mir einen Kuss auf die Stirn und folgte mir dann ins Wohnzimmer.
Nach einer Vorstellrunde bei Jonas Familie und der allgemeinen Begrüßung setzte er sich endlich hin, woraufhin ich mich sofort auf seinen Schoß setzte.
Grinsend schlang er seinen einen Arm um meine Taille und nahm mit der anderen das gigantische Stück Kuchen entgegen, dass mein Vater eben für ihn bereitgestellt hatte.
Meine Mutter hatte ihn extra für ihn gebacken und sich extrem gefreut, dass wenigstens einer ihre Diäts-Kuchen wertschätzte.
Weniger Zucker, weniger Fett, weniger irgendwas.
Anscheinend schmeckte er aber ziemlich gut, denn Jamal verschlang sein Stück im Nu und nahm sich direkt noch ein riesiges Teil.
Mit einem ungläubigen Blick stellte ich fest, dass schon ein Drittel des Kuchens fehlte.
Auch wenn ich ihn seit fast einem Jahr kannte, war es mir nach wie vor ein Rätsel, wie soviel Essen in ihn reinpassen konnte.
Ich legte meinen Kopf schief und beobachtete meinen Freund, wie eine Gabel nach der anderen in seinem Mund verschwand.
"What?", er sah mich irritiert an.
"Willst du den Kuchen heute komplett essen?", ich grinste und er stoppte mit dem Kauen, um zwischen seinem Teller und mir hin und her zu schauen.
"Willst du auch?", ich lachte los.
"Nein danke.", ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und schüttelte meinen Kopf.
Wie konnte man gleichzeitig so lost und dazu so süß sein?
"Sicher? Schmeckt nämlich very good."
"Mhm.", ich sah meinen Freund belustigt an.
Er zuckte mit seinen Schultern und schob sich genüsslich die nächste Gabel in den Mund.
"Du isst ja mehr, als Magdalena in ihrer Schwangerschaft.", Jonas lachte los.
"Was habt ihr denn alle? Ich hatte nur einen apple since Training.", Jonas klopfte ihm beruhigend auf die Schulter und schüttelte grinsend seinen Kopf.
"Neidisch, dass er das für seine Muskeln braucht?", herausfordernd sah meine Schwester Jonas an, welcher sie daraufhin empört anstarrte.
"Also bitte! Außerdem würde ich an deiner Stelle mal nicht so frech sein, die kirchliche Trauung ist erst morgen!", ich öffnete amüsiert-geschockt meinen Mund, während Jamal versuchte, sein Lachen zu unterdrücken und schnell ein Schluck Wasser nahm.
Magdalena rammte Jonas ihren Ellenbogen in die Rippen, woraufhin er einen Schmerzenslaut von sich gab.

Glücklich schmiegte ich mich noch enger an Jamal.
Wir lagen in der Hängematte in unserem Garten und beobachteten die Sterne.
"Ich liebe dich.", überrascht lächelte ich.
"Ich liebe dich auch Jamal!", er lächelte ebenfalls und drückte mir dann einen Kuss auf die Lippen, ehe er wieder nach oben sah.
"You can see the Sterne so much better hier, als in Munich.", es lag irgendwie etwas Fasziniertes in seinem Blick.
"Ein kleiner Vorteil bei einem Leben außerhalb der Stadt.", ich lächelte und sah dann wieder nach oben.

"Did you see that?!", Jamal klang total aufgeregt, was mich zum Lachen brachte.
Es war eben eine Sternschnuppe runtergefallen.
"Jap, that nennt man übrigens auch Sternschnuppe im Deutschen, Jamal.", ich gab ihm einen Kuss auf seine Wange und bekam einen Ha Ha-Blick zurück.
"Und, hast du dir was gewünscht?", ich sah ihn neugierig an.
"Mhm, aber was, werde ich dir sicher nicht erzählen. Andernfalls the wish will not come true.", er sah mich geheimnisvoll an und ich rollte mit den Augen.
"Hast du dir denn auch was gewünscht?"
"Natürlich.", ich grinste in mich hinein, da es nun Jamal war, der neugierig schaute.
"Aber wie du eben schon gesagt hast, das erzählt man natürlich nicht.", ich gab ihm erneut einen Kuss auf die Wange und sah dann wieder nach oben.

"Wie spät ist es?", panisch versuchte ich meine Wimperntusche wieder zu richten, die selbstverständlich heute verwischen musste.
"Zwölf. Du hast noch eine halbe Stunde, Juli."
"Oh Gott!", ich griff nach meinen Ohrringen und steckte mir die riesigen Teile an.
Die Hochzeit würde um 13 Uhr beginnen und ich sollte eine halbe Stunde früher da sein.
"Jetzt stress dich nicht so.", Jamal klang ein wenig genervt.
Er konnte gut reden. Es war ja auch nicht die Hochzeit seiner Schwester und er musste nichts anderes tun, als sich zu duschen und in einen Anzug zu schlüpfen.
Ich huschte in Bademantel in mein Zimmer und nahm den Kleiderbügel mit meinem Kleid in das Bad.
Es war lila, bodenlang und hatte einen langen Schlitz an meinem linken Bein. Oben hatte es Spitze-Details und einen Herzausschnitt. Mein Rücken war frei und gehalten wurde es von zwei Spaghettiträgern.
Magdalena hatte es mit Lana, Jonas Schwester und mir ausgesucht, weil wir die Brautjungfern waren und somit alle ein einheitliches Kleid tragen sollten.

"Bist du jetzt endlich fertig?", Jamal klopfte ungeduldig gegen die Badtür und ich warf einen letzten Blick in den Spiegel, ehe ich zufrieden die Tür öffnete.
Jamals Miene wechselte von Na endlich, zu einem ungläubigen Starren.
Ein leises "Wow!", kam ihm über die Lippen, ich lächelte glücklich und sah ihn dann respektvoll an: "Du siehst aber auch nicht gerade schlecht aus!", er trug einen dunkelblauen Anzug mit weißem Hemd und Krawatte.
"Lass mich raten, Papa hat dir beim Binden geholfen?", grinsend nickte ich auf den perfekt sitzenden Knoten. Er zuckte lediglich mit seinen Schultern, aber sein ertapptes Grinsen sagte alles. Lachend griff ich nach meiner Clutch und verstaute mein Handy darin, ehe ich ihn auffordernd ansah.
"Let's go."

Young Love - Jamal MusialaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt