Kapitel 48

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"Hey.", Jamal schenkte Leon und Mathea ein knappes Lächeln, bevor er unbehaglich auf mich sah: "Juli, können wir ähm, kurz reden?"
"Aber natürlich könnt ihr das. Leon, komm, wir gehen nach oben.", Mathea grinste uns breit an und zog dann Leon hoch, der das ganze augenrollend über sich ergehen ließ.
"Als könnten die beiden, in unserer Wohnung, nicht in einen anderen Raum gehen. Aber egal...", brummte er und verließ hinter der kopfschüttelnden Mathea das Wohnzimmer.
Jamal und ich starrte den beiden hinterher. Ich wusste echt nicht, ob es süß oder peinlich von den beiden war...

"Also, du wolltest reden?"
"Ja, ähm. Es geht um das Graffiti."
Daher der Gesichtsausdruck...
Ich versuchte meine Enttäuschung zu verbergen.
"Juli, ich weiß, wer es war.", er starrte stur auf den Tisch.
"Warte was?!", ich sah ihn fassungslos an.
"Es war", er holte tief Luft, "Lilli.", endlich sah er mir in die Augen.
Ganz langsam kam die Info in meinem Gehirn an.
Lilli.
Seine Schwester.
Oh mein Gott.
"Ich...was?!"
"Juli, es ... es tut mir so unfassbar leid, ich weiß nicht, wie sie sowas tun konnte.
Ich habe meiner Familie nicht erzählt, weshalb es auseinander ging, aber anscheinend haben sie das Video gesehen und dann hatte sie eine Kurzschlussreaktion...
Sie wird sich der Polizei stellen und ich kann absolut nachvollziehen, wenn du die Anzeige nicht zurückziehst.
Ich kann mich nicht oft genug dafür entschuldigen, was du alles durchgemacht haben musst...
Gott, ich weiß nicht...", er legte seinen Kopf in seine Hände und strich sich über die Haare.
"Ich ... kann ich mit ihr reden?"
Jamal hob den Kopf und sah mich verwundert an.
"Ich denke ja ... aber es wäre vielleicht besser, wenn das nicht unter dem Dach meiner Mutter geschieht...
Sie ist gerade ziemlich aufgebracht, wenn du verstehst?"
"Ja, ich meine natürlich. Mir ganz egal wo. Es hat auch noch Zeit bis morgen, ich ähm, schlafe hier.", er nickte und warf mir dann einen unbehaglichen Blick zu.

"Und?", Mathea kam strahlend auf uns zu, Leon hingegen wirkte ein wenig vorsichtiger.
"Was und?", Jamal sah die beiden irritiert an.
"Gar nichts.", ich sah Mathea strafend an, Leon legte stöhnend seinen Kopf schief.
Jamal sah völlig verständnislos zwischen uns dreien hin und her.
"Vergiss es Jamal, die spinnen.", ich sah die beiden bezeichnend an, Leon stöhnte erneut auf: "Gott Jamal, wenn Juli es nicht aussprechen kann, dann halt ich. Kommt verdammt nochmal wieder zusammen! Das kann sich keiner mehr geben.", ich starrte ihn an und wurde rot.
Jamal öffnete seinen Mund und klappte ihn wieder zu.
Mathea starrte mit großen Augen auf ihren Freund: "Äh..."
"Leon!", zischte ich, als ich endlich die Sprache wiederfand.
"Ich äh...", Jamal sah völlig überfordert aus, ich sah ihn ratlos an.
Auf der einen Seite verletzte mich seine Reaktion, auf der anderen Seite verstand ich sie.
"Jamal, wir reden einfach morgen, okay?", meinte ich mit leicht zitternder Stimme.
"Ja, das ähm, können wir machen. Ich sollte wohl ... gehen. Bis morgen, Juli und ähm, tschüss ihr beiden.", er verließ die Wohnung schneller, als wir gucken konnten.
"Das war... ein schneller Abgang.", Mathea legte ihren Kopf schief, ich dagegen ging zu Leon und schlug ihn, so fest ich konnte, an den Oberarm.
"Aua! Geht's noch?!", knurrte Leon und sah ich verständnislos an.
"Sag mal, spinnst du?!"
"Sorry Leon, aber ich muss Juli recht geben. Das war völlig daneben und ist total in die Hose gegangen."
"Okay, ich konnte ja nicht wissen, dass Jamal so reagiert. Ich dachte er wäre einfach nur begriffstutzig...
Ich meine schaut ihn euch an.
Wenn der dich nicht vermisst, schieße ich nächstes Spiel das 1:0..."

"Juli.", Jamal sprang erleichtert auf. Lilli dagegen sah mich ängstlich an.
Ich atmete tief durch und ging dann auf die beiden zu.
"Hey.", ich lächelte Jamal zaghaft an und sah dann unschlüssig auf Lilli.
"Hi...", sie sprach sehr leise und schaute ziemlich reudig.
"Hey Lilli.", fast ein wenig mitleidig sah ich sie an.

Jamals Schwester sah mich erneut ziemlich ängstlich an. Sie hatte sich soeben zig mal entschuldigt.
Ich holte tief Luft.
"Ich werde von der Anzeige absehen.", ich sah die beiden an, Jamal schaute erleichtert und dankbar zurück, Lilli riss ihre Augen auf.
"Wirklich?", sie flüsterte.
"Ja Lilli. Ich kann dich ja verstehen. Ich meine ich hab wirklich was hurenartiges getan...
Und vielleicht habe ich es in einer gewissen Weise auch einfach verdient. Du hast dich entschuldigt und siehst aus, als würdest du es bereuen, also..."
"Danke!", sie war den Tränen nahe und sah mich unglaublich dankbar an.
Ich lächelte zaghaft.
Sie hatte mir vertraut.
An Weihnachten hatte sie mir etwas anvertraut, dass vermutlich niemand aus der Familie Musiala wusste.
Und ein paar Wochen später hatte ich den besten Freund ihres Bruders geküsst und damit die Beziehung zu allen Musialas zerstört.
Ich war selbst Schuld an dem Graffiti.
"Lilli, geh schon mal vor, ich rede noch mit Juli.", Jamal hab ihr einen Schubser und mit einem letzten, dankbaren Blick ging sie in die Richtung von Jamals Wohnung.
"Danke Juli."
"Du musst dich nicht bedanken. Lilli hat vielleicht einen Fehler gemacht, aber im Endeffekt hatte ich schuld. Sie hat mir vertraut, genauso wie du. Und ich habe ...", ich atmete tief ein, "ist auch egal, jedenfalls braucht sie nicht im Strafregister auftauchen. Nicht wegen mir."
"Juli, du hast mit Sicherheit nicht schuld. Lilli hat sich in letzter Zeit einiges erlaubt und das war definitiv der Höhepunkt des ganzen. Wir beide haben Fehler gemacht und ich war einfach zu feige alles meiner Familie zu erzählen. Ich hatte einfach Angst, was sie über mich denken würden. Und dich wollte ich auch nicht so schlecht darstellen, immerhin liebt meine Familie dich und du hast, bis auf diesen einen Kuss, nie was falsch gemacht. Du warst die perfekte Freundin und ich bereue es so unglaublich, dass diese ganze Scheiße passiert ist und ich dich nicht halten konnte.
Ich war ein Idiot, ohne Frage. In den letzten Wochen habe ich ständig alle möglichen Szenarien durchgespielt, was ich anders hätte machen können und müssen.
Ich hab den Kontakt zu jedem Mädchen in meinem Umfeld gekippt und selbst die Entscheidung für meine 2. Heimat zu spielen geändert. Ich hab mich für das Land entschieden, das mir die beste Person überhaupt in mein Leben gebracht hat. Und ich bin mir sicher, dass ich das nie bereuen werde.", er verstummte und sah mich an.
Oh mein Gott.
"Ich ... du spielst wegen mir in der deutschen Nationalmannschaft?!", meine Augen wurden groß.
Er zögerte und nickte dann: "Du warst einer der Gründe..."
"Ich, oh mein Gott, Jamal, ich weiß nicht...", ich starrte ihn an, bis mein Blick zu seinen Lippen wanderte.
Er hatte nicht hauptsächlich wegen Jude gewechselt.
Er hatte seine Nationalität mehr oder weniger geändert und ich war einer der Gründe dafür gewesen.
Er bereute diese ganze Scheiße.
Er hatte mir anscheinend verziehen, dass ich diesen Fehler gemacht hatte.
Er wollte mich zurück.
Ganz langsam bewegte ich mich auf ihn zu, er starrte mich an.

Ich habe mich dazu entschlossen heute noch ein 2. Kapitel hochzuladen, da ihr einfach über 1000 Mal für diese Story gevotet habt!
Vielen lieben Dank an jeden einzelnen da draußen, ihr wisst gar nicht, wie groß meine Augen wurden, als ich das gesehen habe😂♥️.
Ich hab die Story aus plötzlicher Motivation angefangen zu schreiben und es war eigentlich geplant nur ca 30 Kapitel zu schreiben.
Ihr habt/tut es natürlich immer noch (!) mir mit euren Kommentaren, Reads und Votes immer soviel Motivation gegeben, sodass ich so unendlich viel Spaß am Schreiben gefunden habe!
Also wirklich ein großes Danke an euch <333

Young Love - Jamal MusialaWhere stories live. Discover now