1. Kapitel

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Marleenes Sicht:

Die ganzen Schüler eilten auf dem engen Schulflur an mir vorbei, nur den Ausgang im Visier, während ich mit meinem Rücken eng an Fabis Spind gedrückt versuchte niemandem im Weg zu stehen.

Allerdings wurde ich sowieso von keinem beachtet, was mich jedoch schon lange nicht mehr störte.

Dann hatte ich eben nicht die Clique oder die beste Freundin wie fast jeder andere hier, die mir schon über den halben Flur etwas zurufen würde, dass ich dann sowieso nicht würde verstehen können.

Früher hatte ich mir nichts sehnlicher gewünscht als eine Person außerhalb meiner Familie, der ich alles anvertrauen konnte, doch jetzt war es lediglich noch mein stilles Wunschdenken.

Denn mir war nur allzu gut bewusst wie gefährlich das für mich werden könnte, oder viel mehr für mein Geheimnis.

Ich war mir absolut sicher, dass mich keiner verstehen würde, man mir wahrscheinlich noch nicht einmal glauben wollte und so war der Rückzug das einzige gewesen, mit dem ich mich hatte schützen können.

Auch wenn es nicht einfach gewesen war, hatte ich einsehen müssen, dass manche Dinge einfach wichtiger waren als Freundschaft.

Fabians dunkle Haare in dem Schülerstrom, die ich überall wieder erkennen würde, rissen mich aus meinen Gedanken und fast schon hibbelig wartete ich bis er auch die letzten Meter die uns beide noch voneinander trennten überwunden hatte.

„Na", ich stieß mich von dem grauen Metallspind ab und er zog mich in seine Arme.

„Auch Na", neckte er mich und wie fast jedes mal wenn er mich wegen meiner immer gleichen Ansprache aufzog musste ich kichern, das er jedoch mit einem sanften Kuss sofort verstummen ließ.

Viel zu schnell lösten wir uns wieder voneinander und er widmete sich seinem vierstelligen Schrankschloss, dessen Code ich mir schon fast besser merken konnte als er selbst, was zur folge hatte, dass er mich schon in unzähligen Situationen hatte danach fragen müssen.

Unauffällig musterte ich ihn von der Seite und bewunderte wie gut sein hellblaues T-Shirt zu seiner dunklen Jeans passte. Denn auch wenn wir mittlerweile fast fünf Monate zusammen waren, gab es noch immer Momente in denen ich es gar nicht so recht glauben konnte.

Wieso sollte er, der gut aussehende und nicht gerade unbeliebte Junge aus der Stufe über mir schon etwas für mich empfinden?

Der Person, die mit niemandem außer den Lehrern sprach, keinen so recht an sich heranließ, in der Pause bis vor fünf Monaten immer alleine gesessen hatte und sich so unauffällig wie möglich verhielt, um ja nicht aufzufallen?

Aber trotzdem hatte er mir damals als einziger geholfen als mir eines der neuen und arschteuren Schul-Tablets direkt vor seinem Klassenraum runtergefallen war und hatte vor dem Direktor später sogar behauptet, dass es seine Schuld gewesen wäre.

Fabi war anders als der Rest der Schüler, die alle hinter meinem Rücken über mich tuschelten und wahrscheinlich die wildesten Gerüchte in die Welt setzten. Er nahm mich einfach so wie ich war und es schien ihm gar nichts auszumachen, dass ich oftmals so verschlossen war und er wahrscheinlich weniger von mir wusste als von den Privatleben der Lehrer, doch dafür liebte ich ihn.

Aber auch wenn er mir so viel bedeutete, ich bei ihm das erste mal in meinem Leben das Gefühl hatte jemanden zu haben, dem ich vertrauen konnte, war da immer noch etwas zwischen uns, dass niemals verschwinden würde. Denn ich würde mich ihm niemals anvertrauen können. Niemand, unter keinen Umständen würde jemals davon erfahren, dass hatte ich mir schon im Kindergarten hoch und heilig geschworen.

Weil ich durch dich leben lernteHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin