Epilog

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Aldrins Sicht:

Hand in Hand schritten wir durch das knöchelhohe Gras, während die Sonne vor uns langsam hinter den Hügeln von Almelis verschwand.

Vor ein paar Monaten hätte ich niemals gewagt hiervon überhaupt nur zu träumen, doch heute war es etwas ganz anderes, das mein Herz schneller schlagen ließ.

„Oh, wenn du wüsstest, wie sehr ich unsere Abendspaziergänge liebe.", seufzte Marleene glücklich neben mir und auch ich musste daran denken, wie sehr ich unser gemeinsames Ritual genoss.

Seit sie nicht mehr nur bei uns zu Hause im Bett liegen musste, machten wir fast jeden Abend einen Spaziergang, denn ich wusste wie wunderschön sie die Blumenwiesen und den Ausblick von ihrem Lieblingshügel fand, auf dem wir auch jetzt standen.

Von hier aus konnte man einfach alles sehen: den See der Prophezeiungen mit seinem kleinen Wald links von uns, ein Stück daneben und in so weiter Ferne, dass man sie kaum noch erkennen konnte, die Wäscheleinen der Schlosswäscherei, in der Marleene Carla noch immer so oft wie möglich half und schließlich auch die Wiese, auf der die kleinen Kinder heute wie fast jeden Abend spielten.

Aber auch unser Haus, dass etwas rechts von uns ein paar Hügel tiefer stand und das in dem Licht der Abendsonne, einfach unglaublich gemütlich wirkte.

Einen Moment lang genossen wir beiden diesen einfach unglaublichen Ausblick, doch dann nahm ich mit einem Mal all meinen Mut zusammen und drehte mich zu ihr herum.

„Marleene?"

„Ja", während sie sich zu mir wandte, fielen die letzten Sonnenstrahlen in ihre wilden Locken und ich war mir sicher noch nie so etwas, so jemand wunderschönen gesehen zu haben.

„Ich weiß, dass du in den letzten Monaten fiel durchmachen musstest", begann ich, während ihr mit einem Mal neugieriger Blick den meinen suchte: „Und... und ich bin mir sicher, dass es für dich gewiss nicht einfach war, aber... aber du bist die schönste, klügste und stärkste Frau, die ich kenne."

Ein zaghaftes Lächeln breitete sich bei diesen Worten auf ihren Lippen aus und gab mir den Mut den ich brauche um weiterzusprechen.

„Ohne dich zu leben, kann und vor allen Dingen will ich mir gar nicht mehr vorstellen.", bevor ich mir nervös durch die Haare fahren konnte, griff sie nach meinen Händen und drückte sie einmal.

„Ich mir doch auch nicht.", antwortete sie leise.

„Weist du noch... weißt du noch, was ich dir mal über unser Haus erzählt habe?", ich nickte in die Richtung des Fachwerkhauses mit den vielen Blumen und kleinen Erkern.

„Das in ihm nur der Thronfolger und seine Frau wohnen?"

Ich nickte, bevor ich langsam ihre Hände losließ und ein letztes Mal schluckte.

„Und genau das ist es, was ich dich heute Abend fragen möchte.", ich griff in die linkte Tasche meiner Hose.

„Mir ist bewusst, dass es viel Verantwortung und Dinge mit sich bringt, die einen täglich aufs Neue herausfordern werden und glaub mir, ich kann gut verstehen, wenn du das nicht willst..."

Mit dem kleinen, samtigen Kästchen in meinen Fingern zog ich meine Hand wieder heraus und kniete mich, ohne noch eine Sekunde zu zögern nieder, während die Neugierde in Marleenes Augen erst Unglaube und dann Aufregung wich.

„Aber trotzdem... trotzdem möchte ich dich, Marleene Moore heute Abend fragen, ob du dir vorstellen könntest meine Frau zu werden.", vorsichtig öffnete ich das Samtkästchen und brauchte selber ein paar Sekunden um den wunderschönen, rosegoldenen Diamantenring zu bewundern, der einst meiner Mutter gehört hatte.

Die Sekunden schienen so langsam wie ganze Stunden zu verstreichen, während ich wie gebannt meine Luft anhielt und zögerlich zu Marleene aufsah.

Doch als ich ihren Blick bemerkte, all die Liebe und Zuneigung in ihm erkannte, war all meine Aufregung mit einem Mal vergessen.

„Ja!", hauchte sie und ich konnte das pure Glück nur allzu gut aus ihrer Stimme heraushören: „Ja Aldrin, nichts lieber als das!"

Vorsichtig nahm ich mir ihre rechte Hand und steckte den wunderschönen Ring an ihren zierlichen Ringfinger, der wie perfekt zu passen schien, bevor sie mich an beiden Händen griff und wieder nach oben zog.

Während sie beide Hände in meinen Nacken legte und ich meine Arme um ihre dünne Taille, bemerkte ich die roten Blütenblätter, die im Licht der untergehenden Sonne ganz langsam auf uns herabzuregnen schienen.

Für einen Moment lösten wir unsere Blicke voneinander und blickten überrascht zu der Schlossmauer hinter uns hinauf, auf der sie alle standen.

Unsere Freunde und Vertrauten, ein paar der Wachen und Bediensteten, aber auch Aaron, dem selbst ich inzwischen vergeben hatte, da ich mir hundert Prozentig sicher war, dass er so etwas nie mehr wieder tun würde und er sich wirklich alle Mühe gab sich zu ändern.

Doch allen voran und mit dem größten Körbchen aus dem sie alle die Rosenblätter streuten, stand ein Mädchen mit blondweißen, glatten, langen Haaren, das uns glücklich zuzuwinken schien. Carla.

Keine Sekunde mussten Marleene und ich nachdenken um mit hudert prozentiger Sicherheit sagen zu können, dass all dies ihre Idee gewesen sein musste.

Doch jetzt zählte etwas, jemand ganz anderes: Marleene. Ich senkte meinen Blick wieder und sah hinüber in ihr wunderschönes Gesicht. Ihre vollen Lippen, die feinen Nase und die smaragdgrünen, schier unendlich tiefen Augen, die auch die meinen wieder gefunden zu haben schienen.

„In einer Sache", flüsterte ich, während sie schon erwartungsvoll begann sich langsam auf die Zehenspitzen zu stellen: „In einer Sache muss ich dich allerdings noch einmal korrigieren."

Ihre Augen musterten mich erwartungsvoll, während ich zu erklären begann: „Weißt du noch, wie du damals zu mir meintest, dass du durch mich leben gelernt hast?"

Als Antwort nickte sie ganz leicht und ich begann mich ebenfalls zu ihr herabzubeugen: „Das war nur der eine Teil der Wahrheit. Weil auch ich... ich nur durch dich Leben lernte!"

Und endlich, endlich fanden unsere Lippen im seichten Regen der roten Blütenblätter endgültig zueinander und während wir unsere Augen schlossen verschwamm alles andere um uns herum.

Weil ich durch dich leben lernteWhere stories live. Discover now