60. Kapitel

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Marleenes Sicht:

Noch vor ein paar Monaten hätte ich niemals damit gerechnet irgendwann einmal überhaupt nur so etwas ähnliches wie Freundschaft zu erleben, doch jetzt, jetzt hatte ich mich gerade offiziell von meiner besten Freundin verabschiedet.

Eigentlich hatte ich ihr nur ganz kurz alles erklären wollen, doch Carla hatte keine Sekunde gebraucht um mir anzusehen, dass einfach alles mal so gar nicht stimmte, als ich vor ihr gestanden hatte.

Somit war aus dem Gespräch für das ich eigentlich nur ein paar schmerzhafte und qualvolle Minuten eingeplant hatte, eine mehrstündige Unterhaltung geworden, die mir nur noch einmal mehr vor Augen geführt hatte, wie schön es war, mit ihr befreundet zu sein.

Carla hatte mich weder dazu gedrängt zu reden, aber mich auch nicht unterbrochen als ich ihr schließlich erzählt hatte, was passiert hatte.

Sie hatte mir einfach nur zugehört und mich die ganze Zeit über in ihren Armen gehalten um mir zu signalisieren, dass ich nicht alleine war.

Aber auch wenn ich es ihr niemals gesagt hätte, hatte das die Sache nicht gerade besser gemacht, denn ich wusste ganz genau, dass ich dies nun wieder war und für immer bleiben würde, damit nie wieder jemand die Chance haben würde mich so sehr zu verletzten, wie Aldrin es heute getan hatte. Allein.

Wir hatten uns geschworen, trotz allem weiterhin in Verbindung zu bleiben, doch als wir uns zum letzten Mal umarmt hatten, hatte ich ihr nicht einmal in die Augen sehen zu müssen um zu spüren, dass wir beide wussten, was für eine große Lüge dies war.

Denn sie hatte ihr Leben und ich die Reste von dem was bei mir noch übriggeblieben war und egal wann und für wie lange, sobald ich sie sehen würde, würde all der Schmerz den ich gerade durchlebte erneut aufkeimen.

Hier war ich nun also, ging die leeren Schlossflure auf den Weg zu der großen Eingangshalle entlang um all dies endgültig hinter mir zu lassen.

Mein gesamtes Leben, dass ich mir in den letzten Monaten so mühsam wenigstens ein Stückchen wieder aufgebaut hatte und das nun schon wieder einem einzigen Scherbenhaufen glich.

Aber eben auch meine Freundin, die zugegebenermaßen die beste Freundin gewesen war, die ich mir nur hatte vorstellen können, auch wenn Carla dies wohl nie mehr erfahren würde.

Obwohl ich die ganze Zeit über versuchte Stark zu bleiben, wenigstens so lange bis sich die Schlosstüre hinter mir endgültig und für immer geschlossen hatten, ließen die Tränen, die in meinen Augen standen meine Sicht verschwimmen.

Deshalb bemerkte ich die beiden Personen, die in der Eingangshalle standen, in die ich gerade aus einem der mittig auf sie zulaufenden Flure hatte eintreten wollen auch erst, als ich seine, mir nur allzu bekannte Stimme hörte: „Nein!"

Wie angewurzelt blieb ich mit einem Mal stehen, drückte mich ohne weiter zu überlegen an die rechte Wand des Flures und versuchte nun mit einem Mal doch meine Tränen beiseite zu blinzeln.

Es dauerte ein paar Sekunden, in denen meine Sicht nur quälend langsam deutlicher wurde, doch dann konnte ich ihn erkennen.

Aldrin, der mit dem Rücken zu mir stand und jemanden fixierte, den ich hier noch nie gesehen hatte, aber der mir trotzdem auf eine gewisse Art und Weise bekannt vorkam, auch wenn ich absolut nicht sagen konnte woher.

„Ich werde nicht dein Nachfolger werden, jedenfalls nicht, wenn dies die Bedingung ist und... und wenn du auch nur ein halb so guter König bist, wie ich all die Jahre über dachte, dann wirst auch du einsehen, dass es nichts, nichts und niemanden auf der Welt gibt, was solch ein Opfer rechtfertigt."

Weil ich durch dich leben lernteWhere stories live. Discover now