Kapitel 66

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Verträumt

Ge. 02- Kapitel 66

[Sicht von Olcay]

»Olcay!«, rief Aliye und umarmte mich. Ich erwiderte ihre Umarmung. Dabei sah ich zu Ece und zwinkerte ihr zu.

»Du bist so groß geworden und du kannst sogar sprechen!«

Ich lachte. »Ja, ich kann sprechen.«

»Komm doch rein!«, rief sie voller Freude und wir setzten uns alle in die Küche. Ece sah immer noch mehr als nur verwirrt aus.

»Olcay, was hat dich denn hierher geführt?«, fragte Aliye. Sie sah genauso aus, wie in meinen Erinnerungen.

»Ich und meine Mutter sind hierher gezogen. Meine Mutter hat aber im Moment eine Menge zu tun, deshalb hat sie keine Zeit, da dachte ich, ich sollte dich mal wieder treffen.«

»Woher kennt ihr euch?«, frage Ece dann, die erst zu ihrer Mutter und dann zu mir sah. Ehrlich, ich hatte schob darauf gewartet, dass sie das fragt.

»Eigentlich kennt ihr euch auch. Aber da wart ihr so klein... Dann seid ihr auch schon umgezogen«, erklärte Aliye und ein Kloß bildete sich in meinem Hals. An die Zeit des Umzuges wollte ich gar nicht denken. Es öffnete die Wunde, die zwar sich zwar schloss, aber bisher nie wirklich geheilt worden war. Ich versuchte den Kloß herunter zu schlucken und sah dabei konzentriert auf die Tasse, die noch auf dem Tisch lag.

»Olcay sprach damals fast nie. Sie hatte einen nur mit großen Augen angeguckt«, fügte Aliye hinzu und ich lächelte. Das stimmte zu gut. Denn ich wünschte, ich hätte gesprochen. Vielleicht wäre somit alles anders verlaufen und wir hätten nicht umziehen müssen.

»Woher kennt ihr euch?«, fragte Ece dann. Sie schien ziemlich neugierig zu sein. Normal. Ich bin einfach so in ihr Leben eingedrungen und so viele kannten mich, sie nicht.

»Durch ihre Mutter. Ihre Mutter war meine beste Freundin«, meinte Aliye und kam in eine Art Traummodus.

»Ist das die eine beste Freundin, der du dein Geheimnis gesagt hast?«, fragte Ece und Aliye sah eher nervös aus. Wow. Jetzt verstand ich etwas nicht.

Aliye nickte vorsichtig und in dem Moment klingelte mein Handy. Auf dem Display erschien Alevs Name. Ich lehnte den Anruf ab. Ich würde sie später zurück anrufen.

»Du hast also nie gesprochen?«, fragte Ece. Ich merkte schon, dass sie schnell das Thema über das "Geheimnis" abschließen wollte, ließ mir aber nicht anmerken. Wenn sie es nicht sagen wollte, war es wahrscheinlich privat.

»Kann man so sagen«, murmelte ich und sah mich im Raum unauffällig um. Es war eine ganz normale Küche. An der Theke war ein Kratzer. Dieser Kratzer...

Ich stand auf und ging darauf zu. Dabei spürte ich die fragenden Blicke der Zwei. Ich strich über den Kratzer und hörte ein kurzes Lachen von Ece. »Das war da schon immer, seit ich mich erinnere.«

Ich strich wieder darüber. »Es tut mir Leid.«

»Du erinnerst dich?«, fragte Aliye und kam zu mir. Ich nickte. »Wie könnte ich den Tag vergessen?«

In meinen Gedanken war ich wieder an diesem Tag:

"Ich saß auf der Theke und wog meinen Kopf vor Schock hin und her. Damals noch war ich mir der Gefahr nicht bewusst.

»Du solltest besser aufpassen, Olcay«, sagte Aliye zu mir. Sie war es, die mich auf die Theke gesetzt hatte. Ich schwieg, während sie aus dem erste-Hilfe Koffer ein Verband holte und es um meine Hand band. Ich sah auf das Verband und bewegte meine Hand. Es tat unnormal weh. Ich fühlte mich unwohl und schob mich runter von der Theke. Dabei ritze ein Knop von der Hintertasche meiner Hose an die Theke und ich fiel auf dem Boden. Ich schwieg immer noch, obwohl ich hart aufgekommen war.

»Olcay!«, schrie Aliye auf und hob mich vom Boden."

»Olcay, alles okay?«, fragte Aliye und ich nickte. Ece war auch schon zu uns gekommen. Mein Handy vibrierte da und ich sah, dass es irgendeine Nummer war, die ich nicht kannte. Ich öffnete sie und war etwas verwirrt:

"Komm hinter die Schule, wenn du ein Mann bist. Wenn nicht, dass finde ich dich."

Was sollte das bitte? Es kam mir wie ein schlechter Scherz vor. Vor allem der Teil "Wenn du ein Mann bist." Wollen die mich auf irgendeine lächerliche Weise beleidigen? Ich meine, ich sehe doch nicht wie ein Mann aus.

Da fiel mir das Gespräch von gerade ein. Ich hatte einfach aufgelegt, als Serkan mich angeschrien hatte. Ich hatte direkt keine Lust mit ihm zu sprechen. War er es?

»Ece, darf ich kurz dein Hand haben?«, fragte ich mit einer unschuldigen Stimme. Ja, ich konnte absichtlich unschuldig klingen und das nutzte ich oft aus, aber hey das war eben ziemlich nützlich.

»Äh, ja«, murmelte Ece und gab mir es. Ich ging auf ihre Kontaktliste und scrollte auf "Abim"(mein Bruder).

Yup, es war seine Nummer.

»Was willst du denn damit?«, fragte Ece.

»Ich wollte nur sehen, wem die Nummer gehört, die mir eine Nachricht geschickt hat. Ich hatte da einen Verdacht... Ich muss gehen. Bis zum nächsten Mal!«, rief Olcay und ging zum Flur.

»Wer war es?«, fragte ich, als Olcay ihre Schuhe anzog.

»Dein Bruder«, erwiderte ich und ging aus dem Haus. Ich musste ihn treffen und NEIN ich war kein MANN. Wenn ich ihn nicht treffen würde, würde er dann vielleicht glauben, dass Alev ehrlich einen Freund hat.

Ich sah es in Alevs Augen, dass sie Serkan liebte und irgendwie rührte es mich etwas, dass er ihren neuen Freund totschlagen wollte, obwohl das eigentlich nicht okay war. Wenn Alev einen neuen Freund hätte, dürfte sie das ja, oder nicht? Da hatte er absolut nichts zu entscheiden. Machos eben.

Ich fuhr mit dem Bus zur Schule und fragte mich, ob ich ihn noch warten lassen sollte. Das Ganze war ja eigentlich ziemlich lustig, aber ne, sonst würde er einfach nur noch aggressiver werden.

Ich ging hinter die Schule und sah dort erst einmal nur Tunç. Was machte der dort?

Langsam ging ich auf ihn zu und er lächelte mich etwas an. »Olcay, richtig? Naja, ich würde dir raten, zu gehen. Das wird gleich kein Anblick für ein Mädchen.«

Nein, nicht loslachen Olcay. Nicht lachen.

»Tunç, lass mich vorbei, ich muss hinter die Schule.«

»Wer sagt das?«

»Wirst du gleich erfahren.«

Ich ging an ihm vorbei und lief in eine Ecke. Gut geplant. Hier würde man den Typen nicht so schnell finden. Serkan sah, als er mich erkannte, verwirrt aus. Klar, was machte ein Mädchen einfach mal so hinter der Schule, wo es dunkel und einsam war?

»Was machst du denn hier?«, fragte er und beobachtete mich. Seine Wut konnte ich von den Augen ablesen. Er liebte sie. Er liebte sie wirklich. Seine Augen waren etwas rot umrandet.

»Willst du mich verarschen?«, fragte ich und konnte mein Lachen nicht zurückhalten. »Du bist echt unhöflich.«

»Olcay, bitte geh.«

»Warum?... Hast du etwa geweint «

Er sah mich schockiert an, als ob ich etwas gesagt hatte, was verboten galt.

In dem Moment kam Tunç zu und stellte sich neben Serkan.

»Olcay, geh.«, wiederholte Sek-!y

»Okay«, erwiderte ich und fing wieder an zu lachen. Dieses Missverständnis war einfach nur lustig und ich konnte mich nicht zusammenreißen. »Ich bin auch nur gekommen, um dich etwas zu fragen.«

»Das wäre?«

Ich holte aus meiner Hosentasche mein Handy heraus und grinste dabei breit. Ich öffnete die Nachricht und zeigte es Tunç und Serkan.

»Sehe ich etwa eurer Meinung nach wie ein Mann aus?«

VerträumtWhere stories live. Discover now