Kapitel 55

2.4K 152 1
                                    

Verträumt

Ge. 02- Kapitel 55

[Sicht von Alev]

Als ich mit Serkan von dem Lokal kam, ging ich sofort in Eces Zimmer und packte einige von meinen Sachen, die sich auch schon seit langem hier verstaut hatten.

Ich tat alles in einen Rucksack und setzte mich dann auf das Bett. Gerade da kam Serkan in das Zimmer. »Na, Rotschopf?«

»Hör auf, mich so zu nennen!«, befahl ich, doch er lachte nur.

»Serkan, ich weiß, ich hab es jetzt schon sehr oft gesagt, aber dieses Mal sag ich es wirklich! Ich meine, Ece wird es eh irgendwann erfahren. Es ist schlimmer, wenn sie es selbst erfährt.«

Serkan seufzte, strich dann über mein Haar und lächelte. »Du wirst nicht aufhören, bis du bekommst, was du willst, oder?«

Ich lächelte nur. Es war ein klares Ja.

Serkan nahm mich in den Arm und küsste meinen Scheitel. Bei ihm fühlte ich mich so wohl, so geborgen.

Er sah mich mit seinen so wunderschönen grünen Augen an und da trafen sich unsere Lippen.

Es war ein so schönes Gefühl, welches sofort verschwand, als Ece die Tür öffnete und mich enttäuscht ansah.

[Sicht von Ece]

Es war ein harter Schock. Ich sah zu den beiden und rannte in dem Moment schon runter. Serkan abi lief mir nach und hielt mich nahe an der Eingangstür am Arm.

»Was?!«, kreischte ich.

»Ece, was soll der scheiß?«, fragte Serkan abi mich.

»Willst du mich verarschen?! Sollte nicht ich dich das eher fragen?!«

»Was ist daran so schlimm?«, fragte er mich.

»Was daran so schlimm ist? Wenn es nicht so schlimm ist, warum verheimlicht ihr es mir? Warum tut ihr es hinter meinem Rücken? Ist es so unwichtig, was ich denke? Was ich glaube? Sie ist meine Freundin! Meine beste Freundin! Und du, du bist mein Bruder!«

Meine Augen füllten sich wieder mit Tränen. Das war alle einfach zu viel für diese Zeit. »Weißt du was, abi? Ich habe dir vertraut. Du warst mein Held und egal was passiert war, ich hatte auf dich gebaut... VERDAMMT! Du bist doch mein Bruder!«

Nicht weinen! Nicht weinen!

»Abi! Was glaubst du, wie fühle ich mich? Wie würdest du dich fühlen, wenn ich hinter deinem Rücken mit deinem Freund rummachen würde! Ich weiß nicht, wie es für dich ist, nein, ich weiß nichts, oder? Ich bin klein und dumm! Aber weißt du was, abi? Es tut weh! Nicht du bist die Person, die mich rettet, du bist die, die mich verletzt!«

»Ece, beruhig dich!«, sagte mein Bruder, doch seine Worte brachten meine Beruhigung. Es war nicht mehr so, dass ich als kleine Heulsuse weinte und er mich tröstete, wie in der Grundschule.

»Abi, du hast mich nicht nur verletzt. Du hat auch die Person mitgenommen, der ich alles anvertraut habe und bei der ich mich ausgeheult habe.«

Ich ging aus dem Haus und schloss die Tür hart hinter mich zu. Ich rannte und rannte. Dabei dachte ich nach, wie viel meine Beine noch aushalten würden.

Ich kam an dem Park an. Dem kleinen, süßen Park voller Erinnerungen. Langsam ließ ich mich auf die Schaukel nieder und wippte hin und her.

Ich wusste noch, wie ich in der Grundschule war- ganz anders als heute. Bei jeder Kleinigkeit weinte ich und jedes Mal, wirklich jedes Mal tröstete er mich. Er wurde immer so traurig. Ja, jede Träne tat ihm weh. Ich war sein kleines Prinzesschen. Deshalb hatte ich beschlossen, nicht mehr zu weinen, keine Schwäche zu zeigen. Ich wollte niemanden verletzen und am meisten auch mich selbst nicht.

VerträumtOnde as histórias ganham vida. Descobre agora