Kapitel 85

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Verträumt
Ge. 02- Kapitel 85

Ich zog Serkan sofort zu mir, damit es hier nicht eskalierte. Er sah so aus, als ob er Bekir gleich zerquetschen wollte.
»Lass uns gehen«, drängte ich ihn und suchte dabei Blickkontakt, doch Serkan sah nur auf Bekir. Das Feuer in seinen Augen war extrem groß. So hatte ich ihn nie erlebt.

Bekir stand langsam auf und lachte einfach. Was ging denn bei dem ab?
»Ach, Serkan«, murmelte er und schenkte ihm ein schadenfrohes Grinsen. »Du brauchst doch nicht gleich eifersüchtig zu sein. Ich bin halt heiß. Normal, dass ein Mädchen mit mir reden will.«
Was? Hallo? Wer wollte denn mit wem reden!?

Ich zog wieder an Serkan. »Lass uns gehen!«
Die beiden konnten doch nicht kämpfen und dann auch noch bei der Feier von Nisan, der es eh nicht gut ging.

»Bekir verpiss dich. Du bist hier nicht eingeladen«, hörte ich Ece sagen. Sie war gerade zu uns gekommen und musterte Bekir misstrauisch. »Wer hat dich denn verprügelt?«
Es klang nicht besorgt, sondern eher abwegig. Dieser Ton von Ece brachte mich zum nachdenken. Wie konnte ich denn überhaupt noch mit Bekir reden? Nach all dem was passiert war? Konnte jemand wie Bekir sich überhaupt verändern?

»Wenn man mit krummen Geschäften aufhört, passiert so etwas. Man erträgt es aber, wenn es etwas gibt, wofür es wert ist«, antwortete Bekir und sah mich dabei an.

»Ist ja schön, Bekir«, sagte Ece und man merkte ihr an, dass sie ihm kein Wort glaubte. »Aber findest du es auch schön auf Partys zu gehen, auf denen du nicht eingeladen bist?«
Bekir sah wütend zu Ece. Einige Leute versammelten sich um uns. Toll, wir haben es wieder geschafft, dass so viele uns zu gucken.

»Ece, ich will dich nicht hassen. Mach das zwischen uns nicht kaputt.«
»Was für zwischen uns?«, fragte sie arrogant. »Zwischen uns sollte nur eins sein und das ist wahrscheinlich eine dicke fette Mauer.«
»Ich finde du solltest gehen, Bekir«, sagte ich schließlich. Das sollte ein Ende haben. Wirklich. Sonst würde Ece richtig loslegen und dann kann sie ziemlich schlimm sein.

Bekir sah mich mit einem verzweifelten Blick an. Was konnte ich denn bitte dafür? Als ob, wenn ich jetzt "bleib" sagen würde, er bleiben dürfte. Typisch.

Bekir sah zur Seite und sein Blick verdüsterte sich. Ich sah auch auf die Stelle, wo er hinsah und erkannte, dass von dort Olcay kam. Meine Olcay!

Bekir sah dann wieder zu mir. »Ich komme bald wieder. Warte auf mich.«
Danach lief- nein rannte er davon. Ich verstand gar nicht, was los war. Ich sah wieder zu Olcay, die jetzt fast bei uns war und dachte nach. Was hatte das alles mit Olcay zutun? Hatte sie ihm gedroht oder so? Ich verstand die Welt nicht mehr.

»Was ist denn hier los?«, fragte Olcay dann, als sie endlich bei uns war. Die meisten der Leute, die sich um uns versammelt hatten waren schon weg oder gingen gerade.
»Nichts«, erwiderte ich sofort knapp. Ich kannte meine Olcay. Wenn sie erfahren würde, was passiert war, würde sie Bekir hinterher laufen und ihn verprügeln. Er sah eh schon schlimm genug aus. Dennoch würde ich ihr schon davon berichten und sie befragen, was zwischen ihr und Bekir vorgefallen war. Er war sofort weggerannt und das bedeutete doch wohl etwas.

»Dieses "nichts" ist doch jetzt wohl nicht dein Ernst, oder?«, fragte Olcay.
»Doch.«
»Okay, Alev. Ich geh dann Mal. Falls was ist, melde dich einfach.«
»Wieso so früh?«, fragte ich.
»Ich muss noch etwas zu Hause klären. Ich wünsche euch viel Spaß.«
Sie winkte kurz und ging dann auch schon Richtung Ausgang.

Ich sah zu Serkan, der sich immer noch nicht abgeregt hatte. Ece verstand, dass ich mit ihm reden wollte und ging ein Stück.

»Alles okay?«, fragte ich, obwohl ich wusste, dass alles ganz bestimmt nicht okay war. Uff.
»Wie soll bitte alles okay sein, wenn dieser verdammte Wichser immer noch hinter dir her ist?!«
»Beruhig dich, Serkan! Scheiß auf den! Der kann doch machen, was er will oder glaubst du, so einer kann unsere Beziehung kaputt machen?«
»Ich befürchte es nur.«
»Ist das nicht dasselbe?«

Er zuckte mit den Schultern. Wir gingen ein Stück. »Alev, ich will einfach nicht, dass wieder dasselbe wie damals passiert«, gestand er, als wie gestoppt hatten. Er sah mir tief in meine Augen. Dieses Grün in seinen liebte ich so sehr. Es verzauberte mich, brachte mich in fremde Welten und ließ mich wie ein Pudding werden. Dagegen konnte ich einfach nichts tun.

»Du weißt nicht, was für ein Gefühl es war, als du überfahren wurdest. Dein Körper, um Leben kämpfend in meinen Armen. Du weißt nicht, wie verrückt ich geworden bin.«
Ich umarmte ihn fest und eine Träne kullerte meine Wange hinunter. »Pst, das ist alles vorbei. Jetzt sind wir zusammen. Zusammen ist man stark.«

Er erwiderte meine Umarmung und küsste mich dann auf meinen Kopf. Ich hörte sein Herz, wie schnell es raste und wollte seinen Duft in mich einnehmen, doch fand ihn nicht.

»Du stinkst!«, rief ich und er löste sich von der Umarmung und sah mich verwirrt an.
»Wie ich stinke? Ich hab extra gestern ein teueres Parfüm gekauft!«
»Du Trottel!«, rief ich und schlug ihm gegen die Brust. »Glaubst du so ein dummes Parfüm kann deinen Geruch topen?«
Er grinste breit und nahm mich wieder in seine Arme. »Rotschopf«
Ich lachte und boxte ihm dabei gegen die Brust, damit er mich los ließ. »Du stinkst ehrlich, lass mich los!«
»Nö«
»Lass mich los!«
»Nöööö!«, rief er lachend und drückte mich fester an sich.

[Sicht von Cihan]

Ich saß nicht weit entfernt von der Party auf einer Bank. In der Nähe war nämlich ein Park. Dieses Bild, wo Olcay weinte, ging mir nicht aus dem Kopf. Was hatte dieses Mädchen erlebt? Diese Therapie oder so bringt ihr auf jeden Fall nichts, oder? Sie hat schließlich erst angefangen zu weinen, als sie erst aus dem Gebäude war. Hm...

Ich sah, wie Bekir gerade die Straße runter lief. Hä? Was hatte der denn? Der sag ja so aus, als ob er gleich sterbe, wenn er stehen bleiben würde. Komisch...

Ich lehnte mich wieder zurück und dachte nach. Wieder an dieses Mädchen- Olcay. Bloß warum? Genauso könnte sie mir egal sein. Sie war eins von tausenden von Mädchen. Eins von Tausenden! Es könnte an jedes Mädchen denken, warum an sie? Warum gerade ihr grinsen, ihre Augen? War sie anormal oder so?

Da stand sie plötzlich einige Meter vor mir. Sie setzte sich zu mir auf die Bank. War das jetzt 'ne Halluzination oder so? War es nicht sie, die gerade gesagt hatte, dass ich mich verpissen soll? Und warum neben mich? Zwei Meter weiter war noch eine Bank.

Olcays Blick war starr auf den Boden gerichtet. Sie baumelte mit ihren Beinen und sah mich dann schließlich an. »Es tut mir Leid.«
»Was?«
»Ich wiederhole es nicht.«
»Hast du dich gerade entschuldigt?«
»Ja. Ich war vielleicht etwas scheiße zu dir. Das wollte ich nicht, weißt du. Aber ab heute, wenn du in meine Nähe kommen solltest, würde es mir nicht mehr leid tun. Dann könnte ich auch für nichts mehr garantieren.«

In ihrem Blick konnte man nichts ablesen. Sie sah neutral aus. Keine Ahnung, wie immer eben. War sie gerade traurig? Was hatte sie bedrückt? Was hatte sie erlebt?

Olcay stand auf und ging zur anderen Bank. Sie setzte sich hin und beachtete mich nicht einmal mehr. Ihre Abkommen, dass ich nicht mehr in ihre Nähe kommen soll, fing also jetzt an. Schön. Ich war sowieso nie an ihrer Nähe interessiert.

Komischerweise konnte ich nicht still sitzen. Immer wieder sah ich hoch, begegnete aber nie ihren Blick. Sie sah schließlich nie zu mir. Ich stand auf und setze mich neben sie. War mir doch ihr blödes Abkommen egal. Ich hatte sowieso nie zugesagt.

Olcay sah mich mit einem genervten Blick an. »Hatte ich nicht gesagt, dass du nicht in meine Nähe kommen sollst.«
»Nein. Du hast gesagt, wenn ich es tue, dann kannst du für nichts garantieren.«
»Cihan, willst du dass ich dich schlage?«
»Meinetwegen«

Sie stand abrupt auf und sah mich von oben zornfunkelnd an. »Was glaubst du, hä!? Dass ich dich nicht schlagen könnte oder so!?«
Ich lachte. Sie musste sich ja immer angegriffen fühlen. »Ich weiß doch, dass du gut zuschlagen kannst.«
Ihre Augenbrauen gingen hoch. »Ach, was willst du mir sonst damit sagen!?«

Ich stand ebenfalls auf und sah sie mit einem schiefen Grinsen an. »Kannst du dir vorstellen, dass ich vielleicht nur bei dir sein wollte?«

VerträumtOn viuen les histories. Descobreix ara