Kapitel 81

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Verträumt
Ge. 02- Kapitel 81

[Sicht von Alev]

Als ich den Raum in der Klinik betrat, konnte ich es kaum glauben. War das wirklich Nisan, die vor mir stand? Sie sah so voller Leben aus. Ihr hellbraunes Haar ging ihr glatt, aber voluminös bis zu den Schultern. Ihre haselnussbraunen Augen hatten eine Mischung aus Grün. Sie funkelten im Glanz der Sonne. Ihre Lippen waren klein, pink aber dafür voll und ihr Lachen war unbeschreiblich schön. Sie hatte ein Grübchen an der rechten Wange, welches zum Vorschein kam.

»Guten Tag!«, rief sie in einer harmonischen Stimme. Sie war weder kindlich noch erwachsen- etwas in der Mitte.
»H-hey«, nuschelte ich, als sie mir schon die Hand zu strack.
»Ich bin Nisan! Und du?«
»Alev«, gab ich mich bekannt. »Freut mich, dich kennenzulernen!«

Ich sah zu Yakup, dessen Augen voller Funkeln war. Wie glücklich er aussah. Ece war auch sehr viel glücklicher. Sie schien sehr viel besser gelaunt zu sein, als vorhin im Wagen. Alle waren glücklich.

Als ich Yakup abi kurz allein erwischte, konnte ich mich nicht halten. Diese Frage quälte mich schon die ganze Zeit. »Yakup abi, was ist, wenn Nisan sich wieder zurück erinnert?«
Sein Lächeln verblasste Augenblicklich. »Glaub mir, Alev. Ich habe davor totale Angst. Der Arzt meinte, wir sollten es ihr schon vorher schonend beibringen. Vielleicht würde sie es dann verarbeiten, bevor wieder so ein Anschlag kommen kann.«
Ich nickte. »Kann ich etwas dafür tun?«
»Nein, aber danke Alev.«
Ich strahlte. »Keine Ursache. Ich mag Nisan wirklich sehr. Wenn etwas ist, kannst du mich immer um Hilfe bitten.«

Er zauste mein Haar und grinste wieder. »Danke«, murmelte er wieder und wir gingen dann wieder zu den Anderen. Mich verstaute da eine Andere Frage. Was war, wenn Timo plötzlich wieder vor ihr erscheinen würde?

»Hey!«, rief Yakup abi da. »Am Wochenende darf Nisan die Klinik verlassen. Es wird ihr sechszehnter Geburtstag sein! Ich wollte, dass wir alle im XY-Park feiern!«

[Sicht von Olcay]

Als ich von der Therapie nach Hause kam, gingen mir immer wieder die Worte der Frau durch den Kopf. "Du bist nicht krank, Olcay. Du bist auch nicht zu aggressiv. Du hast nur zu viel erlebt und kannst es nicht leicht verarbeiten. Ich weiß, du möchtest mir nichts erzählen. Du bist eher verschlossen, aber erzähl dann wenigstens einer anderen Person deine Probleme. Deiner Mutter? Oder vielleicht deinem Freund? Ich will nur, dass du weißt, dass du nicht krank bist oder so. Du bist ein starkes Mädchen, welches nur zu leicht zu reizen ist. Mach dir nicht zu viele Sorgen. Du sieht es vielleicht nicht, aber du hat viele Ängste in dir, die du einfach überwinden musst."

»Olcay, bist du es?«, fragte meine Mutter.
»Nein!«, rief ich einfach so und ging zum Badezimmer. Ich sah mich im Spiegel. War ich voller Ängste? Ach Quatsch. Die Frau labert bloß.

»Olcay, du hast einen Brief nach Hause bekommen!«, rief meine Mutter.
»Ich bin halt sehr beliebt!«, rief ich und verließ das Badezimmer. Meine Mutter kam mir entgegen und wedelte den Brief vor meinem Gesicht. Ich schnappte es und sah es an.

»Böses Kind. Schlägst immer andere Leute«, sagte meine Mutter lachend.
»Du warst aber immer brav oder wie?«
»Du weißt, es geht mir nicht darum. Nur deine Lehrerin Gülay nervt mich immer wieder! Ich soll besser auf dich aufpassen, bla bla!«
»Wieso ist sie jetzt plötzlich meine Gülay!?«
»Wenn sie nervt, gehört sie dir.«

Ich gab ihr den Brief zurück. »Anne (Mama), ich war heute bei baba (Papa).«
Meine Mutter ließ den Brief fallen und sah mich mit großen Augen an.
»Ich hatte ihn vermisst«, sagte ich und sie sah runter.
»Glaub mir, ich hab ihn auch vermisst... viel zu sehr. Weißt du noch, Olcay, als du zu mir kamst und gefragt hast, warum du nicht denselben Nachnamen wie dein Vater hast? Mein Herz war wie gebrochen. Du hattest geweint, als sei deine kleine Welt zerbrochen.«
»Das war sie«, meinte ich.

VerträumtWhere stories live. Discover now