Kapitel 9

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Wir alle sitzen im Esszimmer, je eine mit Blumen bemalte Porzellantasse vor uns, aus der heißer Dampf steigt. Meine Tante Pearl schwenkt jedoch ein Weinglas mit Blut in der Hand. Und Kayla und Leira, meine Cousinen, rühren nur mit einem Löffel in ihren Tassen hin und her, während meine schon halb leer ist. Vermutlich ist würziger Tee eher nicht nach dem Geschmack von Vampiren.

„Also Fae, Mutter sagte, du würdest vielleicht bald auf die Phas-Academy gehen?“, fängt Pearl die Konversation an.

Die Phas-Academy ist eine Schule nur für Vampire und natürlich auch noch die exklusivste von allen im Land. Die anderen sind Tochterschulen aber meistens, ebenso wie die Phas, Internate. Dort werden wie bei Menschen Fächer wie Mathe und Englisch aber unter anderem auch das Fach Immortalitas, in dem das Thema Unsterblichkeit behandelt wird, gelehrt.

„Ja, aber wir haben nur kurz darüber geredet und noch nichts genaueres besprochen.“ Ich lächle sie an.

Auch die Königin Aliisa lächelt: „Fae, ich denke es wäre das Beste für dich. So lernst du neue Leute kennen und und wichtiges für das Leben. Außerdem gehen deine Cousinen doch auch dort hin. Und du musst wirklich auch mal aus dem Schloss raus.“

„Aber Mutter, denkst du nicht ihr fehlt das bisherige Wissen? Es wäre doch etwas erniedrigend, wenn sie in die Unterstufe müsste. Und selbst da gibt es noch sehr hohe Anforderungen. Ich denke, Fae war niemals in der Schule?“

„Nein, ich hatte Privatunterricht. Ich spreche Spanisch und Französisch fließend und kann mich unter anderem auch auf Mandarin und Russisch unterhalten. Mit Mathe werde ich ganz sicher keine Probleme haben und mit Vampiren und ihrer Geschichte kenne ich mich bestens aus. Ich denke, ich käme ganz gut zurecht.“ Ich merke, wie sich mein Lächeln  zu einem wohl etwas abwertenden Blick verändert hat. Aber diese Frau ist einfach in ihrer ganzen Art absolut überheblich.

„Na, das ist doch wundervoll. Ich werde Henry unterrichten, dass er bitte alles regeln soll. In paar Tagen kannst du dann anfangen.“ Die Königin sieht zufrieden aus. 

„Aber...aber wird es nicht Probleme geben? Also ich meine...-“ Zum ersten Mal seit langer Zeit hat sich Kayla wieder zu Wort gemeldet.

„Ich denke, Kayla meint Faes Vergangenheit. Das werden ihre Mitschüler nicht einfach so akzeptieren.“

„Ihre Mitschüler werden nichts davon erfahren, es sind nur die Vertrauenswürdigsten eingeweiht. Das wären Jerry, Flynn, Victor, Henry, Melissa, die, die am Einsatz beteiligt waren und wir natürlich. Offiziell haben wir Fae in New York gefunden, sie hat allein gelebt. Ihre Mutter ist von Vampir-Jägern schon früher umgebracht worden.“ Ich habe keine Ahnung wer Henry ist, auch wenn er gerade schon zum zweiten Mal erwähnt wurde und von Melissa habe ich auch noch nie gehört.

Ich presse meine Zähne aufeinander, ich weiß nicht ob ich verletzt, wütend oder einfach nur traurig bin. Sie spricht so einfach über Mum und ignoriert völlig den Fakt, dass sie Schuld an ihrem Tod ist.

Kurz herrscht eine beklemmte Stille, dann spricht Pearl wieder. „Hast du schon die Pressemitteilung losgeschickt? Wann wird sie denn offiziell vorgestellt? Es müsste noch sein, bevor sie auf die Phas geht. Oder denkst du, es wäre besser, wenn sie erst einmal undercover ist?“ Sie ist wahrlich die Königin der unnützen Betonung.

„Die Pressemitteilung ist schon fertig, wir müssen sie jedoch noch abschicken. Ich denke auch, dass es dann möglichst bald sein sollte, genau wie eine offizielle Vorstellung. Jedoch wäre es auch nicht unbedingt falsch, wenn nicht jeder sie gleich kennen würde. Schließlich würde das nur dazu führen, dass sie besonders viel Aufmerksamkeit bekommt. Denn das ist nun wahrlich eine Schlagzeile. Ich muss noch einmal mit Melissa darüber reden. Am besten machen wir ein Meeting heute Abend um 22:00 Uhr.“

„Aber würde Fae es auch schaffen, sich angemessen zu verhalten und nicht das Geringste zu verraten? Sie darf nichts sagen oder machen, was auffällig ist. Wenn jeder weiß, dass sie die Prinzessin ist, dann wird sie übermäßig viel Aufmerksamkeit bekommen und Fehler werden schneller bemerkt. Wenn niemand weiß wer sie ist, dann wird der Skandal schon riesig sein, wenn die Leute erfahren, dass sie die Prinzessin ist. Gar nicht auszudenken was passiert, wenn die Presse genauer nachforscht, was sie dann ganz bestimmt machen würde und dann auch den Rest erfährt.“

Kalt lächle ich sie an. „Ich denke ich schaffe es gerade noch so, mit einer Lüge zu leben.“ Die Ironie ist nicht zu überhören.

„Und wenn ihr mich jetzt entschuldigen würdet, ich würde gerne in mein Zimmer gehen.“

„Natürlich doch. Du wirst dann morgen zum gemeinsamen Frühstück geweckt.“, sagt Aliisa. Ich brauche jetzt einfach Zeit für mich, ich merke wie mir das alles zu viel wird.

„Ich kann es kaum erwarten.“, murmele ich düster und gehe aus dem Raum zu meinem Zimmer.

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