Kapitel 43

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„Und dann hat mir die Verkäuferin den gegeben und ich habe ihn gekauft.", schließt Anastasia endlich mit ihrer stundenlangen Rede über Nagellack, ja, wirklich, Nagellack, ab. In dieser Zeit habe ich die Ecken unseres hölzernen Schmuckkästchens mit verschieden groben Feilen bearbeitet und die Ränder golden verziert.

„Oh Gott, wie cool das aussieht! Ich wette wir bekommen da voll die gute Note drauf, das haben wir voll toll gemacht. Weißt du, ich hatte ja noch nie eine gute Note in Werken, da war ich immer voll schlecht. Außer einmal, aber da war ich auch nur so gut, weil mir jemand von der Security das damalige Projekt gemacht hat. Der war voll lieb..."

Ich blende Anastasias stetiges Labern aus und konzentriere mich darauf, Muster in die Truhe zu schnitzen. Und genau in dem Augenblick, in dem es zum Stundenschluss läutet, werde ich fertig. Das Kästchen ist etwa so hoch und lang wie mein Unterarm, hölzern und mit Geschnitztem und Gold verziert. Anastasia gibt es für uns ab und ich packe extra langsam meine Sachen zusammen. Als ich mit der Geschwindigkeit einer müden Schnecke meinen Block in die Tasche packe, höre ich plötzlich eine Stimme hinter mir.

„Beeil dich, wir müssen jetzt los. Oder hast du es etwa vergessen?"

„Nein, Flynn, ich habe es nicht vergessen. Nur erfolgreich verdrängt.", antworte ich ihm. Den ganzen Tag habe ich die Gedanken an den Gerichtsprozess, meinen Geburtstag und den Ball und das auch noch vor laufender Kamera, in den hintersten Winkel meines Gehirns verschoben.

„Fae, du musst sowieso im Auto schlafen, sonst hast du bis morgen Abend keine Zeit dafür. Also mach schnell."

Grummelnd tue ich was er mir sagt und mach wirklich ein wenig schneller. So sitze ich nur wenige Minuten später mal wieder in einer Limousine und döse die gesamte Fahrt vor mich hin. Als wir ankommen, gibt mir Flynn Bescheid und ich werde zu Tom für die Anprobe geführt. Als erstes muss ich ein fliederfarbenes, von Rüschen übersätes Kleid anziehen und auch wenn ich mich fühle, als hätte ich einen einzigen Haufen von Stoff an, scheinen Tom und die Mädels zufrieden zu sein. Zwar fummelt Sophie wieder an der Kleidung herum und steckt an manchen Stellen Sicherheitsnadeln hinein, doch sie hat genau wie die anderen ein erleichtertes Lächeln im Gesicht.

„Du glaubst gar nicht, wie froh wir sind, dass dir das Kleid passt. Wir hatten nämlich eigentlich ein anderes für dich vorbereitet. Nur gab es dann einen kleinen Unfall und es ist kaputt. Deswegen haben wir einfach eins aus unseren Beständen genommen und es ein wenig verändert.", erzählt Ann, doch ich höre gar nicht richtig zu. Ich bin seit ich im Auto gedöst habe nicht richtig aufgewacht.

Danach muss ich ein bodenlanges, dunkelblaues Kleid anprobieren. Es ist gerade geschnitten und um die Brust gerafft und mit eisblauer Spitze geschmückt. Außerdem besitzt es etliche winzige Knöpfe an der Rückseite. Deshalb brauche ich auch Ewigkeiten und die Hilfe von Sophie, um es anzuziehen. Dann wieder auf das Podest stellen und die studierenden Blicke von den vieren ertragen, während ich fast einschlafe.

Ich bin unheimlich glücklich als ich endlich mein Outfit für den Gerichtsprozess anziehen kann. Natürlich wurde das Outfit von ihnen entworfen, es ist schließlich für eine öffentliche Veranstaltung. Würg. Allerdings ist es ganz hübsch, blütenweiße Bluse, hoch geschnittener, bis eine Handbreit über die Knie reichender Rock aus blasser lindgrüner Seide. Außerdem cremefarbene, hohe Schuhe und ein Blazer in der Farbe des Rockes. Umso enttäuschter bin ich, als sie mir sagen, ich müsste es wechseln.

„Was? Wieso?", frage ich.

„Wir haben noch ein anderes Outfit, wir wollen erst einmal gucken, wie das dann an dir aussieht. Danach entscheiden wir uns."

Also alles wieder aus und einen etwas längeren, schwarzen Rock, anders geschnittenen Blazer, schneeweiße Bluse und schwarze Schnürschuhe mit Keilabsatz anziehen.

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