Kapitel 57

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Schon wieder bin ich in Chëres. Doch diesmal begleitet mich nicht nur Leira, sondern auch Kayla, Pearline und Aliisa sind mit dabei. Und für das diesmalige Ereignis ist auch keiner aus unserem Volk schuld. Nein, es ist Ethans Hochzeit. Und ich würde mich am liebsten in meinem Bett unter meiner Decke verstecken. 

Doch stattdessen wurde ich in ein mintgrünes, seidenes Kleid gesteckt und hier her mitgeschleift. Schließlich repräsentieren wir unser Land, weswegen gute Manieren, Ausstrahlung und blablabla besonders wichtig sind. Toll. Verkriechen würde ich mich trotzdem lieber.

Denn ich bin ganz und gar nicht bereit, Ethan oder seiner zukünftigen Frau gegenüber zu treten, geschweige denn, mit ihnen auch noch zu reden. Also habe ich die Hoffnung, mal wieder, einfach in der Menge verschwinden zu können. Doch mir wird jäh ein Strich durch die Rechnung gemacht. 

Wir betreten gerade den Saal, in dem die Hochzeit stattfinden wird, als mir einfällt, dass ich meine Tasche vergessen habe. Als ich es den anderen sage, bietet Jerry sofort an sie zu holen. Er wird später gemeinsam mit den anderen Leibwächtern der Gäste am Rand des Raumes, im Schatten stehen. 

„Nein, ist schon gut.", antworte ich. „Ich hole sie einfach kurz. Schließlich bin ich mir noch nicht einmal sicher, wo genau ich sie jetzt hingelegt habe." Schnell mache ich mich auf den Weg zurück in unsere Räumlichkeiten. 

Ich habe vielleicht gerade einmal ein Drittel der Strecke zurückgelegt, als eine Stimme meinen Namen wispert. 

„Fae." Ich schaffe es kaum, mich nach dem Geräusch umzudrehen, als mich bereits jemand am Arm packt und in einen Gang zieht. 

„Ethan.", erwidere ich überrascht. 

Sein Anzug ist dunkelgrün mit silbernen Knöpfen und Nähten. Und quer über seine Brust liegt eine bläuliche Schärpe. Er sieht gleichzeitig absolut hinreißend und unglaublich nervös aus. „Anscheinend habe ich dich doch nicht verpasst. Ich habe es schon befürchtet, schließlich bin ich doch erst so spät hierhergekommen und warte nun schon so lange. Aber ich wollte einfach nicht aufgeben und habe weiter gewartet. Und anscheinend hatte ich Glück, schließlich bist du tatsächlich aufgetaucht. Allerdings aus einer anderen Richtung als ich –" 

„Ethan", sage ich noch einmal und unterbreche ihn damit. „Was genau willst du von mir?" Mit gerunzelter Stirn sehe ich ihn an.

Er macht mehrere nervöse Schritte vor mir hin und her. Dabei fährt er sich mehrmals durch die Haare, die sowieso schon ziemlich unordentlich sind. Anscheinend ist das heute nicht das erste Mal, dass er diese Geste benutzt.

„Du...wir..." Er zeigt mit dem Finger dabei auf uns beide. „Wir sind mehr." Jetzt macht er eine Handbewegung, die den Raum zwischen uns einnimmt. „Verstehst du?" Hoffnungsvoll sieht mich Ethan an. 

„Nein.", entgegne ich verwirrt. 

„Ich kann das nicht machen. Nicht, wenn es eine andere Möglichkeit gäbe. Du musst nur nein sagen!", fügt er hinzu. Als ob das jetzt mehr aussagt. 

„Worüber redest du bitte?", verständnislos blicke ich ihn an.

Er seufzt tief und unzufrieden. Dann holt er tief Luft und beginnt: „Fae, ich...ich empfinde nichts für Zsófia. Sie ist nett, doch wenn ich arbeite, verschwende ich selten überhaupt einen Gedanken an sie. Ich vermisse sie nicht, wenn sie nicht da ist. Meistens bemerke ich es schließlich noch nicht einmal. Sie..." 

Er holt noch einmal tief Luft. „Du bist anders. Du...du gehst mir nicht aus den Gedanken. Nie.", sagt er so schnell er kann. 

„Meistens denke ich natürlich daran, wie unausstehlich du sein kannst.", ergänzt er hastig. „Aber wärst du nicht du und ich wäre nicht ich...ich glaube, ich würde uns eine Chance geben." Am Schluss hat er einen gequälten Ausdruck. 

A new & "normal" lifeWhere stories live. Discover now