Kapitel 3

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Ich wache auf mit verklebten Lidern und steifen Gliedern. Als erstes strampele ich mich von der Decke frei, die sich in der Nacht um meine Beine gewickelt hat. Langsam stehe ich auf und strecke mich. Ich gehe zur Kommode und nehme mir Handtücher, ein paar Dinge kann ich nicht mehr weiter aufschieben.

Also gehe ich ins Bad um mich zu duschen und ein paar anderen Bedürfnissen nachzugehen. In der Dusche liegen verschiedene Duschsets, eins davon riecht nach Vanille und Rose, ein anderes nach Erdbeer-Pfirsich und ein drittes kann ich nicht ganz identifizieren.

Während das Wasser auf mich herunter prasselt schließe ich die Augen und denke nochmal über alles nach.

Diese Bilder können fotogeshopt worden sein, das ist heutzutage leicht möglich. Es kann nicht sein das meine Mum die Tochter von der Königin war, das ist einfach zu unrealistisch. Und wieso sollte sie dann wegrennen. Ich meine ein normaler Streit sollte doch normalerweise nicht dafür sorgen, dass man nicht nur seinen Platz in der Vampirwelt verlässt sondern auch noch zum Jäger wird.

Mum hat mir immer gesagt sie wurde zur Jägerin wegen Dad. Weil die Vampire ihn getötet haben. Das ihr damals auffiel wie grausam Vampire sind und das es ihre Aufgabe ist, die Menschen vor ihnen zu beschützen.

Ich merke wie ich kurz davor bin zu heulen, aber ich will nicht. Das gestern war ein Schwächeanfall, der sich nicht wiederholen wird. Denn ich brauche einen klaren Kopf, ich darf nicht ein kleines schwaches Mädchen sein, ich muss stark sein. Nur so schaffe ich es hier.

Ich schalte das heiße Wasser aus und steige aus der Dusche. Nachdem ich mich abgetrocknet habe wickele ich mir das flauschige Handtuch um den Körper.

Als ich wieder in mein Zimmer komme stehen drei Männer darin. Zwei Jüngere, vielleicht um die zwanzig, tragen Uniformen in schwarz, blau und weiß, der andere ist der Mann von gestern. Die Jüngeren schauen beschämt zu Boden und auch der Ältere schaut weg. Ich verschränke die Arme vor der Brust und warte darauf das jemand etwas sagt. Es stört mich nicht besonders das sie mich nur im Handtuch bekleidet sehen, schließlich verdeckt es ja alles und ich schäme mich nicht groß für meinen Körper.

Ich bin klein und zierlich, habe aber trotzdem ordentliche Kurven. Allerdings habe ich nie groß auf mein Äußeres geachtet. Mum dafür schon, sie meinte wenn man bestimmte Reize hat, sollte man die auch nutzen.

„Die Königin hat gewünscht mit Ihnen erneut zu sprechen. Lassen Sie Sie nicht warten, Sie haben fünf Minuten um sich umzuziehen.“ Ich verdrehe die Augen. Klar doch, die Königin! Dann blicke ich wieder die Männer an.

„Wenn Sie keinen Striptease rückwärts ansehen wollen, sollten Sie vielleicht aus dem Zimmer gehen?!“

Die Männer werden leicht rot, drehen sich aber um und gehen aus dem Raum. Ich laufe zur Kommode und gucke mir zum ersten Mal an, was da genau an Kleidung drin ist.

Sehr elegante Sachen, die auch teuer aussehen. Mehrere Kleider, Röcke, Blusen, Blazer. Auch Unterwäsche, BH's in verschiedenen Größen und seidene Pyjamas. In der untersten Schublade sind Schuhe. Ein paar Hosen gibt es auch aber ich stehe eher auf Jeans als auf solche...Omi-Dinger.

Ich entscheide mich für einen hochgeschlossenen marineblauen Rock und das einzige T-Shirt das ich gefunden habe, ein weißes mit V-Ausschnitt. Dazu blaue High-Heels, damit ich nicht ganz so klein aussehe. Sportschuhe sehe ich eh nicht, nur ein paar Ballerinas.

Mit meiner eigentlichen Größe werde ich allerdings irgendwie öfters nicht ernst genommen. Aber das könnte auch an meinen Grübchen liegen, die mich dauernd süß aussehen lassen. Wie ich es hasse.

Ich kämme mir gerade meine noch vom Duschen feuchten Haare mit einer Bürste, die ich auch in der Kommode gefunden habe, als die drei Kerle von vorhin wieder rein kommen. „Klopfen wird auch nur überbewertet, was? Was wäre denn, wenn ich nur in Unterwäsche hier stehen würde?!“

„Das würdest du auch überleben. Kommst du?“, sagt der Mann von gestern trocken.

Wieder verdrehe ich die Augen, aber ich folge ihm. Mit Holz verkleidete Wände umgeben mich, orientalische Teppiche liegen auf dem Boden. Wir müssen paar Mal um Ecken gehen, dann kommen wir zu einer breiten Treppe, der wir nach oben folgen. Dieses Stockwerk sieht ganz anders aus. Um mich herum sind cremefarbige Wände, weicher roter Teppich und alte Gemälde und Skulpturen. Riesige Fenster durchfluten den Gang mit Licht, zahlreiche Türen führen in neue Zimmer und Gänge. Mir scheint als würde dieses Gebäude mit jedem Stockwerk moderner werden.

Wir kommen zu einer Tür, in nichts unterscheidet sie sich von den anderen und der Mann von gestern klopft zweimal.

„Herein!“, hört man die angebliche Königin sagen. Einer der jüngeren Männer öffnet mir die Tür und gibt mir ein Zeichen einzutreten. Hinter mir schließt er die Tür wieder.

Es gibt eine ganze Fensterfront, die restlichen Wände sind in einem blassen Blau gestrichen. Der Raum ist riesig, mindestens sechsmal so groß wie mein eigenes Zimmer. Es gibt noch zwei Türen die in angrenzende Räume führen. In der Mitte des Raumes steht ein gewaltiger Holzschreibtisch und vier Stühle auf dunklem Parkett. An den Wänden lehnen mehrere Bücherregale.

„Wie geht es dir? Setz dich erst ein mal hin“, sagt sie. Sie sitzt an ihrem Schreibtisch und guckt mich fragend an. Während ich mir zögerlich einen Stuhl heranziehe, grummelt mein Bauch. Sie lächelt und drückt auf einen Knopf im Tisch.

„Etwas zu Essen und zu Trinken bitte.“, sagt sie in ein verborgenes Mikrophon und lässt den Knopf wieder los. Ich bleibe stumm auf meinem Stuhl sitzen und blicke sie an.

Sie seufzt und sagt: „Ich will jetzt nicht um den heißen Brei herum reden. Also, glaubst du mir? Das du blaublütig bist.“ „Es gibt Fotoshop. Und Menschen können lügen. Allerdings weiß ich nicht was Sie damit bezwecken wollen.“

„Genau das ist der Punkt. Wieso sollte ich dir sagen, dass du nicht nur adlig bist, sondern auch noch eine der Prinzessinnen? Du kannst jeden Vampir fragen, ich hatte zwei Töchter und 3 Enkeltöchter.“

„Aber wieso sollte Mum dann bitte zur Vampir-Jägerin werden. Und selbst wenn das alles stimmen würde, was würde das ändern?“

„Wieso deine Mum abgehauen ist, ist eine gute Frage, aber lass uns erst ein mal die zweite Frage beantworten.“, sagt sie. Sie erinnert mich an eine Lehrerin, allerdings bin ich nie in einer Schule gewesen, Mum hat mich nur zu Hause unterrichtet. Aber ich hab mal eine Lehrerin in einem Film gesehen.

„Weil alles stimmt was ich dir bisher erzählt habe, ist die Vampir-Jägerin, die du warst, offiziell bei dem Überfall gestorben. Die Prinzessin, Fae, haben wir aber gefunden. Wie und wo genau müssen wir noch entscheiden. Denn als Teil der Familie, wirst du nicht zum Tode verurteilt werden, nicht wo du eindeutig manipuliert worden bist.

In deiner Vorstellung sind Vampire, egal ob geborene oder Wandler eindeutig böse. Aber das sind wir nicht. Nicht alle jedenfalls. Wenn du also endlich einsiehst, wer du wirklich bist, werden wir dir auch ein normales Vampirleben ermöglichen können. Und jetzt kommen wir dazu wieso deine Mutter abgehauen ist. Was weißt du über deinen Vater?“

A new & "normal" lifeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt