Kapitel 36

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Der Blick meiner Verfolger streicht durch den Raum, bis er schließlich mich erreicht - und weiterfährt. Sie laufen durch den Raum, sehen hinter jede kleinste Ecke, bemerken mich jedoch noch nicht einmal. Sobald sie in meine Richtung kommen, sagt Micky: „Ich zeige Ihnen jetzt das Arbeitszimmer, danach geht es zu den anderen Räume.“ Die Männer wenden sich ihm zu und folgen ihm. Sobald sie zur Tür hinaus sind, springe ich auf und suche den gesamten Raum nach weiteren Türen ab.

Als erstes sehe ich eine, die zu einem Gang und schließlich auf eine Bühne führt. Ich suche weiter und als ich beinahe aufgebe, sehe ich endlich noch eine Tür, von einer großen, voll behängten Kleiderstange verborgen. Ich öffne die Tür und blicke in einen kleinen Hinterhof, von zwei Häusern und einer mehreren Meter hohen Mauer begrenzt. In einer Ecke stehen mehrere Mülltonne. Gedämpft höre ich laute Autogeräusche und Stimmen, irgendwo in der Nähe muss also eine große Straße sein. Es wäre ganz einfach, ich könnte ein paar Schritte in den Hof machen und einfach fliehen. Ich bin schon kurz davor, da erinnere ich mich an Ethan. Er ist noch immer hier und meine Verfolger wissen, dass jemand bei mir war. Vielleicht haben sie ihn sogar bereits erkannt. Verdammt seist du,  schlechtes Gewissen!

Also drehe ich mich um und will zu dem Vorhang laufen. Doch ich halte inne und sehe an mir hinunter, auf meine Jeans. Seufzend drehe ich mich noch einmal schnell um und ziehe eine sehr kurze Hotpant an, die auf einem Stuhl liegt. Vermutlich ist es sogar die Freizeitkleidung von einer der Stripperinnen, aber für mich reicht sie. Ich darf halt einfach nicht so sehr rausstechen.

Nachdem ich den Gang durchquert habe, stehe ich auf einer Bühne. Auf ihr befinden sich drei Stangen und an zwei von denen räkeln sich junge Mädchen, kaum älter als ich. Davor stehen mehrere Stühle, erstaunlich viele sind selbst um diese Uhrzeit besetzt und im Raum verteilt befinden sich mehrere Podeste, die jeweils auch eine Stange haben. Ganz hinten steht eine Bar und im gesamten Zimmer herrscht düsteres Licht, nur die Tänzerinnen werden angestrahlt. Während ich eine Treppe von der Bühne hinunter gehe, dudelt irgendeine billige Musik aus den Lautsprechern.

Ich brauche nicht lange, um Ethan zu sehen. Im Gegensatz zu den anderen Männern hier, hat er keinen lüsternen Ausdruck im Gesicht. Als ich auf ihn zu laufe, werde ich plötzlich zur Seite gezogen. Ein Gast hat mich an der Hüfte gepackt und zu sich gezogen. Sein gieriger Blick fährt erst meine nackten Beine entlang umd dann schließlich auf meinen Brüste liegen zu bleiben. Mit rauer Stimme fragt er: „Bist du neu hier? Weißt du, ich hätte gerne einen Lapdance.“ Sein Atem riecht nach kalten Zigaretten und Knoblauch.

Angewidert rümpfe ich die Nase. „Tut mir leid, aber der Typ dahinten bekommt bereits seinen persönlichen Tanz in einem der anderen Räume.“, sage ich.

„Hier gibt es aber nur Lapdances.“, sagt der widerliche Kerl stirnrunzelnd.

„Ach, da habe ich mich wohl verhört. Muss ein Lapdance sein.“, sage ich und will mich vom Acker machen, als er mich so nahe zieht, dass ich beinahe auf seinen Schoß falle. Mit seiner verschwitzten Hand will er meine nackte Taille entlangfahren und flüstert, vermutlich soll es sich verführerisch anhören: „Egal was er dir für den Lapdance zahlen will, ich zahle das doppelte.“ Ach, da habe ich ja einen richtigen Romantiker vor mir. Aber was erwarte ich auch in einem Stripclub?

Angeeckelt zische ich: „Du wirst in deinem ganzen Leben nicht genug Geld verdienen, um mir auch nur die Füße küssen zu dürfen.“ Damit stoße ich ihn von mir und stolziere auf Ethan zu. Als er mich sieht, reißt er erstaunt die Augen auf. „Kein Wort.“, knurre ich. „Und lass deinen Blick nur einmal tiefer sinken, als zu meinem Hals, und du bist tot.“

Plötzlich höre ich Micky rufen: „Mäuschen, du wirst nicht für's Reden sondern für's Tanzen bezahlt!“ Ich muss mich nicht umsehen, um zu wissen, dass neben ihm meine Verfolger stehen. Blitzschnell lasse ich mich breitbeinig auf Ethans Schoß fallen und murmele ihm ins Ohr: „Ich habe einen Ausgang gefunden.“

Er nickt und sagt: „Wenn sie sich abwenden, verschwinden wir.“

Ich bewege mich ein wenig im Takt, aber achte nur auf Ethan, welcher wiederum direkt zu den Verfolgern gucken kann. Ich bin mir nicht socher, ob es vorhin richtig war, einfach weiter zu laufen. Doch eine weitere Lektion meiner Mum, eine die ich oft genug am eigenen Leibe erfahren musste, ist, dass man nicht kämpfen sollte, wenn der Sieg nicht sicher ist und man die Möglichkeit zur Flucht hat. Ich weiß nicht wie gut unsere Verfolger ausgebildet sind, doch wahrscheinlich gehören sie zu den besten des Geschäfts, sonst wären sie nicht so lange unbemerkt von mir geblieben. Es wäre unvernünftig gewesen, mich einfach auf einen Kampf mit ihnen einzulassen. Vor allem, wenn ich noch nicht einmal weiß, was genau sie wollen.

 Plötzlich wendet Ethan seinen Blick ab und flüstert leise: „Verdammt, sie gucken her.“

Sofort beuge ich mich nach vorne. So, dass man anstatt seines Gesichts nur meinen Hinterkopf sieht. Dabei zische ich: „Tu so, als würde es dir gefallen und gib mir verdammt nochmal ein paar Scheinchen!“ Gleichzeitig bewege ich mich stärker als vorhin im Takt.

Augenblicklich hat er mehrere der Scheine in der Hand und scheint einen Moment verunsichert zu sein, wo er sie hinstecken soll. Er entscheidet sich für die rechte Seite meiner Hüfte, die wohl unverfänglichste Stelle. Dann lugt er vorsichtig zwischen meinen Haaren hindurch und murmelt: „Ich glaube, sie achten nicht auf uns. Sie sind gerade an der Bar.

Eilig richte ich mich auf und laufe auf den Gang zu, der zur Umkleide führt. Ethan läuft dicht hinter mir her. Zielsicher und schnell führe ich ihn zum Hinterhof. Dort angekommen sieht er sich um und fragt mich dann: „Über die Mauer?“ Zustimmend nicke ich. Doch er hält kurz inne, dann zieht er seinen Kapuzenpulli aus und reicht ihn mir. „Den solltest du wohl besser anziehen.“

Dankbar nehme ich ihn an und ziehe den Pulli über. Kaum bin ich damit fertig, packt Ethan mich an der Taille und wirft mich die Mauer hoch. Gerade so schaffe ich es mit meinen Händen das obere Ende zu erreichen. Mühsam ziehe ich mich hoch und sitze schließlich oben auf der Mauer. Ethan nimmt währenddessen Anlauf und springt selbst hoch. Auch er erreicht nur knapp die Kante der Mauer und muss sich die restlichen Meter hoch ziehen. Als wir beide oben hocken, höre ich im Hintergrund hektische Stimmen. Warnend sieht Ethan mich an, er hat es auch gehört.

Deswegen springen wir beide auch sofort wieder von der Mauer hinunter, ich muss mich dafür mehrmals abrollen. Wir laufen eine kleine Gasse entlang, die in einer belebten Straße mündet. Ich wende mich zu Ethan und sage: „Man sieht sich.“, er nickt mir nur kurz zum Abschied zu. Dann verschwinden wir gleichzeitig in der Menge.

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