SpecialKapitel: Sandkasten

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Paul ist ein lustiger Junge. Er kann seine Haare in Sekundenschnelle von blau zu lila wechseln. Und ebenso seine Augenfarbe. Erst waren sie grün und danach gelb, wie bei dem Werwolf aus meinem Buch, aus dem Mama mir immer vorliest.

Aber nicht abends, weil ich sonst aus Angst nicht schlafen kann.

Paul zaubert jetzt eine Sandburg, mit vier großen Türmen, worüber ich erstaunt neidisch zu meiner schaue.

Meine fällt zusammen, besitzt nur einen klitzekleine Turm, dessen Spitze kaputt ist. Deshalb haue ich ihn kaputt, blicke traurig zurück zu Paul, der mir zu lächelt.

Er muntert mich immer auf.

Einige der Kinder um mich herum, klauen mir einfach meine Schaufel oder den roten Eimer. Das mag ich nicht, aber ich rege mich nicht auf.

Mrs. Jenkins sagt immer: "Man muss keinen Ärger verursachen, den man nicht auch vermeiden kann."

Deshalb seufze ich, zucke zu Paul einmal mit der Schulter, bevor ich zu ihm gehe und um seine Burg herum einen großen Graben ziehe.

Dann können wir nachher Prinz und Prinzessin spielen.

"Kannst du deine Haare auf bunt wechseln?", frage ich meinen Freund leise, sodass niemand mich hört. Die anderen lachen immer, weil sie Paul nicht sehen können.

"Wieso? Gefällt dir lila nicht?"

"Doch, aber ich mag bunt mehr", erzähle ich ihm. "Das sieht dann wie ein Regenbogen aus."

Mit einem Lächeln schließt er seine gelben Augen, ehe die Haare auch schon bunt sind und lustig in der warmen Sonne glänzen. Nur ich kann ihn sehen.

Die anderen sagen immer, dass ich verrückt bin und Paul nicht echt ist. Aber wieso sollte er nicht echt sein, wenn ich ihn doch sehe?

Bei dem Klettergerüst höre ich einen kleinen Jungen vor Angst schreien, schaue auf und sehe, wie Harry Mike haut. Ganz doll und es tut bestimmt weh.

Ich würde bestimmt schon weinen. Dies tue ich oft.

Ängstlich blicke ich aus dem Augenwinkel zu dem Gerüst, wo Harry den etwas größeren Jungen erneut schlägt. Er hat keine Angst vor ihm.

Aber ich habe große Angst vor dem Jungen, dessen grüne Augen wie die einer Schlange wirken.

Mama hatte mir einmal die Geschichte von Adam und Eva vorgelesen. Da gab es so schöne bunte Bilder und die böse Schlage besaß auch ganz grüne Augen.

"Harry Styles!"

Hastig läuft meine liebe Erzieherin zu dem Kindern, zieht den Jungen, dem die lockigen Haare ins Gesicht hängen von dem anderen weg.

"Wie oft soll ich dir noch sagen, dass andere Kinder nicht geschlagen werden?"

"Er hat sich einfach meinen Roller genommen, als ich auf Toilette war", meckert Harry, verschränkt dabei seine Arme. Auf seinem T-shirt entdecke ich einen großen braunen Fleck.

"Dann musst du dich gedulden, bis ein  Roller frei wird", erklärt die Erzieherin ihm. Ich mag sie sehr. "Du wirst jetzt nicht mehr Rolle fahren, sondern im Sand spielen!"

"Aber-"

Kopfschüttelnd unterbricht die Frau ihn: "Kein aber!"

Irgendwas vor sich hin murmelnd läuft Harry zum Sandkasten und ich beobachte nur noch ganz unauffällig, wie Mrs. Jenkins sich um Mike kümmert, der nun weint.

"Komm mal mit", höre ich sie zu ihm sagen, verfolge die beiden, bis ich bemerke, dass sich ein Junge mit Locken nicht weit von mir entfernt auf einen Eimer fallen lassen hat, der im Sand liegt.

Little FreaksWhere stories live. Discover now