45-dieselbe Luft

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Ich atme tief die Luft ein, lasse sie durch meine Lungen schießen, während ich irgendwie versuche, mich auf den kommenden Abend vorzubereiten, unten schon Stimmen höre, die mich mehr und mehr beunruhigen, dabei essen wir doch nur.

Wir essen nur mit Harry.

Erneut betrachte ich mein Spiegelbild in dem sauber geputzten Spiegel, erkenne mein aufgeregtes Ich, das mit roten Wangen zurückstarrt. Mir wird immer wärmer, umso länger ich in dem verschlossenen Bad bleibe, was der Grund dafür ist, dass ich nun leise die Tür öffne und aus dem Raum gehe.

Durch das ganze Haus strömt der Geruch des köstlich duftenden Essens, welches Mom mit viel Arbeit und einem großen Zeitaufwand zubereitet hat. Es riecht so gut, zieht mich nach unten, sodass ich die Treppe betrete und nach unten gehe, wobei ich mich am Treppengeländer festhalte.

Auf der Hälfte der Treppe stoppe ich, schaue erstaunt den Mann an, der in unserem Flur steht, sich umsieht und dabei von meiner Mutter vollgequatscht wird, die sich für sein Kommen bedankt, ihm erzählt, wie großartig sie es findet, dass ihre Kaffeemaschine weiterhin läuft. Nicht so, als musste ich es erst heute früh hören, wie sie begeistert ihren grandiosen Kaffee anpreist.

"Ich freue mich wirklich sehr, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind, Mr. Styles", plappert Mom, die nun nur in ihrem Kleid, ohne die Schürze, schwarzen High Heels und den perfekten Haaren neben Harry steht, auf dem weiter mein Blick liegt.

Er scheint noch nicht mitbekommen zu haben, wie ich hier so peinlich auf der Treppe stehe, aber nicht anders kann, als ihn fassungslos anzustarren.

Unter einem etwas knittrigen, weißen Hemd stechen seine Tattoos hervor, bei denen man die einzelnen Umrisse gut erkennen kann. Ist das ein Schmetterling auf seinem Bauch? Zu dem Oberteil, trägt er eine schwarze, enge Jeans, wie eigentlich jeden Tag. Vielleicht gab es irgendwo Mal ein Angebot, auf schwarze Jeans und er hat zugeschlagen, ertönt es aus meinem Unterbewusstsein.

So ungewohnt sieht es aus, dass Harry wirklich ein Hemd trägt, seine Haare ordentlich nach hinten gekämmt sind und er so... formell, sowie ernst aussieht, gleichzeitig wirklich...

"Honor, Schatz", reißt mich die liebliche Stimme aus meinen Gedanken, über Harrys Aussehen, worauf ich erschrecke und schnell meine Augen auf meine Mutter wende, ehe unser Gast merkt, dass ich ihn lange, musternd angestarrt habe.

Langsam trete ich Stufe um Stufe nach unten, bis ich über die beiden letzten knarrenden bin und bei den beiden stehen bleibe, weiter zu meiner Mom sehe, während ich Harrys Blick spüre.

So wie ich ihn noch nie in einem Hemd gesehen habe und mit diesen ordentlichen Haaren, hat er mich noch nie in einem Rock gesehen.

"Hallo", begrüße ich ihn, mehr gequält als freundlich, wobei ich ihm meine Hand reiche und er diese nur kurz schüttelt.

"Setzt euch beide doch ins Wohnzimmer", meint meine Mom. "Das Essen brauch noch zehn Minuten."

Damit verschwindet sie, lässt uns alleine im Flur stehen. Verdattert und entschuldigend sehe ich zu dem Mann, dessen Blick wieder auf das Bild gerichtet ist, auf dem meine Eltern und ich glücklich lächelnd, in Weihnachtspullis vor unserem Tannenbaum in Leeds sitzen.

"Ähm..." Mir fällt nichts Gescheites ein, das ich sagen könnte, weshalb ich mich einfach auf den Weg ins Wohnzimmer mache, Harry mir scheinbar wirklich folgt.

Ich will nicht, dass dieser Abend damit endet, dass er mir sagt, wie nervig ich doch bin, dass er meine Blicke mitbekommen hat und noch irgendetwas zu gestern von sich gibt. Ich möchte nicht, die neue, dritte Woche schlecht beginnen, da ich weiterhin, nur noch größere Angst vor der Arbeit im Kindergarten haben muss, da ich Harry begegnen könnte.

Little FreaksWo Geschichten leben. Entdecke jetzt