56-Deo Leo und Po

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Immer wieder laufe ich vor meinem Fenster von rechts nach links, blicke aufgeregt nach draußen, in die, von der untergehenden Sonne, rote Straße, halte Ausschau nach einem Auto, von dem ich denke, dass es Leo gehört.

Der Baum vor meinem Fenster weht sanft, gibt den kleinen Vögeln Schutz unter seinen großen Ästen und den grünen Blättern. Wie ein einzigartiges Kunstwerk ranken die Äste an dem Stamm herab, was ich für ein so schönes Kunstwerk halte.

Un außerdem habe ich es selber nie geschafft, so etwas in Kunst zu zeichnen.

Allgemein. Meine künstlerischen Fähigkeiten sind auf das Minimum beschränkt. Ich kann eine gerade Linie zeichnen, weiß wie man die Proportionen des Menschen einteilt, wie man gute Kontraste setzen kann oder die exakte Menge an Acrylfarbe und Wasser benutzt, jedoch zeichnen, ein vernünftiges Bild mit diesem Wissen zustande zu bringen, ist mir noch nie gelungen.

Meine Menschen zum Beispiel, besaßen immer einen zu kleinen Eierkopf, breite Schultern, die an einen Türrahmen erinnerten, Hände so groß wie ein Fußball, komisch angelegte Füße und Beine, die seltsam gewachsen sind.

Es entstand nie ein Mensch, sondern ein Alien.

Seufzend streiche ich mir sanft eine Strähne weg, die vor meine Augen gefallen ist, mich an der Nase kitzelt.

Irgendwie habe ich es geschafft, dass meine Haare wirklich einiger Massen ordentlich über meine Schultern fallen, oben mit einer Spange nach hinten gesteckt. Meine Augen wirken nicht müde und mir gefällt mein bequemes Kleid.

Das Kleid liegt über der Hüfte eng an meinen Körper, ehe es locker bis zu meinen Knien verläuft, während weiße Träger es halten, jedoch unter meinen Haaren nicht zu sehen sind. Darüber trage ich eine Jeansjacke, die alles etwas auffrischt. Am Anfang sah es langweilig aus, doch nun finde ich es wirklich angemessen für ein Restaurant, schick und bequem, nicht von mir abgewandt, als hätte ich es in einem Katalog gefunden.

Vor einer halben Stunde war ich duschen, habe mich mit Deo und Parfüm voll gesprüht, meine Haare gekämmt, mir sogar eine Kette mit einem Kleeblatt rausgesucht und dabei überlegt, welche Schuhe zu dem Kleid passen.

Wahrscheinlich mache ich mir viel zu viele Gedanken.

Aber ich kann nicht anders, da ich nun mal so bin.

Wann kommt Leo endlich? Wie wird es in diesem Restaurant sein? Mag ich es dort überhaupt, oder werde ich mich völlig falsch am Platz befinden? Blamiere ich mich, indem ich stolpere oder so und alle teuren Tische umreiße? Was wenn im mein Kleid nicht gefällt, er deshalb einfach den Kopf schüttelt und auf den Versen umkehrt?

Mittlerweile zeigt die kleine Uhr neben meinem Bett fünf nach sieben an, die auf meinem Handy sogar schon acht nach sieben, was mich total beunruhigt.

"Bestimmt hat er es sich anders überlegt", murmele ich traurig, als mein Handy in meiner Hand plötzlich klingelt, ich enttäuscht stöhnend abhebe, als ich Nathans Namen lese. Meine Mutter kann heute verschont bleiben.

"Hi", ertönt es laut von der anderen Seite, da Nathan scheinbar in sein Handy grölen muss. "Aufgeregt?"

"Wenn es nur Aufregung werde" jaul ich, wobei mein Blick erneut aus dem Fenster wandert.

"Naja, will jetzt nicht fies oder so klingen, aber du kennst meine Meinung."

Ich nicke, antworte ihm damit nicht mit Worten, sondern schweige für ihn quasi.

Seine Meinung kenne ich gut. Er mag Leo scheinbar nicht, obwohl er ihn nie getroffen hat, was ich unfair finde. Harry mag er, redet oft mit mir am Telefon über ihn, was mich ja nicht weiter stört, würde er jetzt nicht immer so ein großes Thema daraus machen, dass er auf Harrys Seite steht, während ich keine Unterstützung mit Leo von ihm erwarten kann.

Little FreaksWhere stories live. Discover now