1-Freak

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So schnell ich kann laufe ich über den Flur. Meine Beine tragen mich, so schnell sie können, von ihnen weg. So schnell ich kann, flüchte ich, wie jedes Mal vor ihnen.

Ein paar Schüler sehen mich doof oder amüsiert an, da sie es lustig oder komisch finden, dass ich, ich kleiner Freak für sie, über den Schulflur laufe und schon ganz außer Atem bin.

Wieder laufe ich vor ihm davon, obwohl ich mir dieses Mal vorgenommen hatte, meinen ganzen Mut zusammen zu packen und ihm in die grünen Augen zu sehen. Ihm Widerstand zu leisten und zu gewinnen. Mich nicht von ihm unterkriegen lassen, so wie es sonst immer passiert.

Ich biege um eine Kurve, wiege mich damit schon in Sicherheit, da das Mädchenklo nicht mehr weit entfernt ist, jedoch pralle ich mit meinem Kopf gegen etwas und werde an den Armen festgehalten. Hände drücken meine Oberarme fest, was mich auf quieken lässt.

"Wohin den so schnell, Freak?", ertönt es von der mir bekannten, gehässigen und amüsierten Stimme. Der Spaß spiegelt sich eindeutig in den grünen Augen wieder. Der Spaß daran, mich leiden zusehen.

Mit Wucht, die ihn nicht viel Kraft kostet, werde ich gegen die Schränke gestoßen, worauf mein Kopf sofort, wie immer, anfängt wild zu pochen. Tränen bilden sich, die langsam meine Wange runter laufen, da ich einfach zu schwach bin, stark zu bleiben.

"Hast du sie?" Feixend kommen Louis und die anderen um die Ecke gelaufen. Schnappend nach Luft stellt er sich, mit einem breiten Grinsen, neben den Lockenkopf, dessen Hände mich immer noch stark gegen die Schränke pressen. Wenige Zentimeter ist er von mir entfernt. Doch diese Nähe ist immer noch zu nah.

Seit Jahren geht das so. Jeden Morgen wache ich auf, verfluche den Tag und wünsche mir, dass er krank ist oder die Schule ausfällt. Meine Mom sich überreden lässt, mich Zuhause zulassen oder mein Vater ganz plötzlich entschließt, dass wir in den Urlaub fahren, da wir uns ja nie sehen, außer die vierzehn Stunden am Tag.

"Hörst du uns überhaupt zu?" Grob, nicht darauf bedacht mir noch mehr weh zu tun, rüttelt Harry an mir. Verwirrt blinzele ich mit den Augen und starre ihn an, wartend darauf, dass er seine Frage wiederholt.

"Ich fragte, ob du vor irgendwas weg läufst?", wiederholt er genervt seine Frage. Louis und die anderen sehen mich mit leuchtenden Augen an. Für sie ist dies alles nur ein Spaß. Ein dummer Spaß, den sie jeden Tag aufs Neue ausüben. Jeden Tag warten sie auf mich, schikanieren mich, bis zum Ende und machen sich einen Spaß daraus, wenn ich weinend weglaufe.

Aber laufe ich weg?

Natürlich laufe ich weg. Ich laufe vor ihnen weg, vor meiner Angst, vor den täglichen Schikanen, dummer Jungs, für die es lustig ist, mich leiden zusehen. Ich laufe jeden Tag vor ein und derselben Gruppe weg.

"Hat es dem Freak die Sprache verschlagen?" Louis macht einen bedrohlichen Schritt nach vorne und stellt sich direkt neben Harry, dessen Lächeln nur noch breiter wird, da sein Freund mir noch mehr Angst macht und sich neben ihn stellt.

Ängstlich schüttele ich den Kopf und will etwas sagen, als Harry mich unterbricht. "Du bist erbärmlich, Chapel. Minderwertig, wie alle Loser in dieser Schule zusammen. Schwach, das bist du!" Seine Augen lodern, so sehr macht es ihm Spaß, mich leiden zusehen. Und ich leide. Wie jeden Tag leide ich, da seine Worte mir im Herzen wehtun.

Worte die mich verletzen. Die mich schwächen. Jeden Tag zu dem machen, was ich seit dem Anfang für die Jungs bin. Schwach.

Louis lacht und sagt: "Du bist nichts Besseres als wir! Stimmt es, Harry?" Sein Blick gleitet zu dem Lockenkopf. Dieser scheint zu überlegen. Scheint zu überlegen, was oder ob er als nächstes spricht, wie er mir wieder Schmerzen, nur mit Worten zufügen kann.

Little FreaksWhere stories live. Discover now