74-farbenfroh

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Bleibst du bitte drinnen, damit das mit deiner Erkältung nicht noch schlimmer wird, schwirren die bittenden Worte meiner Mom in meinem Kopf, während ich hier draußen in meiner alten Jeans sitze, einen Pinsel in der Hand und gelbe Farbe auf das Holz bringe.

Eventuell halte ich mich nicht wirklich an die Bitte meiner Mutter, doch die Bühne muss fertig werden.

Schon als ich ihr sagte, dass ich wieder arbeiten will, sah sie nicht so begeistert davon aus, doch nach langem Bitten und Betteln stimmte sie seufzend zu.

Nun sitze ich in der Sonne, meine alte Hose, mit einem Loch und dem Foto von Harry geknickt in meiner Hosentasche, den Pinsel in der Hand, den ich schon tausendmal in den gelben Farbeimer getunkt habe und meine Haare hoch gebunden, damit sie mir nicht nervig ins Gesicht hängen.

Neben mir der Lockenkopf, in einer sportlichen, kurzen Hose und dazu einen dünnen, schwarzen Pulli. Harry streicht ebenso wie ich das Holz an, an dem wir gemeinsam seit einer halben Stunde sitzen.

Etwas unbequem vielleicht hocken wir beide auf dem Boden im Schneidersitz und schmieren die Farbe breit, bis der erste Eimer alle ist und wir den nächsten auf machen müssen. In meinen Armen spüre ich ein wenig Schmerzen und Schwäche, doch mache ohne Maulen weiter.

"Eine Richtung", kommt es lachend von dem Lockenkopf, der mit dem Pinsel in der Hand auf meine irren Bewegungen deutet, die von rechts, nach links, und von links, nach unten verlaufen. "So."

Aufmerksam sehe ich ihn zu, obwohl ich weiß, wie man einen Pinsel bewegt und dass eine Richtung sehr von Vorteil wäre. Doch ich mache mir gleichzeitig Gedanken über die Aufführung, wodurch ich ganz ungeduldig werde und meine Arbeit einfach ungenaue und schlampig verrichte, was mir schon irgendwie dann wieder leid tut.

"Wir machen kurz eine Pause."

Harry nimmt mir seufzend den Pinsel aus der Hand, welchen er auf ein Stück Zeitung legt, auf der ich Fotos von dem Fest sehe, zu dem ich mit Nathan gegangen bin, und gleich wieder diese Angst in mir spüre, bei der perfekten Show des Karneval Vereins. Ich möchte die Kinder nicht enttäuschen, die Eltern und auch meinen Grandpa, der sein Vertrauen mit seiner Erlaubnis ja in mich setzte.

Ihn zu enttäuschen würde mich fertig machen.

Sanft legt der Mann neben mir einen Arm um mich, wobei wir uns an die Bühne hinter uns lehnen. An eine Teil, den wir noch nicht gestrichen haben. Meinen Kopf lehne ich vorsichtig an seine Schulter, meine eine Hand auf seinem Oberschenkel, wo er mit seiner über meinen Handrücken streicht.

Diese warmen, liebevollen, zärtlichen Berührungen liebe ich, weshalb ich nun entspannt meine Augen schließe und hoch zu Harry blicke, dessen grüne Augen zurückblicken.

Lächelnd beugt er sich nach einer Weile etwas nach vorne, presst seine Lippen gegen meine Stirn, worauf ich die Augen schließe, bis ich seine Lippen nicht mehr auf meiner Stirn, sondern meinen Mund spüre, weshalb ich meine Augen wieder öffne.

"Ich liebe dich und kann es gar nicht oft genug sagen", haucht er in den Kuss, in dem seine Hände mehr runter zu meiner Hüfte wandern, bis er mich mit Schwung hoch hebt, auf seine Oberschenkel setzt und ich ihn nun ansehen kann.

Verstohlene Blicke werfe ich zur Treppe, schaue mich um, ob uns jemand beobachtet. Wir sind alleine draußen, ich sehe niemanden auf den Spielplatz laufen und an den Fenstern scheint auch niemand zu stehen, was mich erleichtert und wieder zu dem Mann blicken lässt, der seine Lippen gegen meinen Kiefer bewegt, mich eng an seinen bebenden Körper zieht.

Meine unbeholfenen Hände bewege ich langsam und achtsam hinter seinen Nacken, während ich die Berührungen an meinem Kiefer genieße, die sich weiter runter zu meinem Hals arbeiten, dort kurz verweilen, bevor er den Kopf hebt, mir tief in die Augen blickt.

Little FreaksWhere stories live. Discover now