57-Currywurst

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Wir beide werden von einer Frau, die einen engen Bleistiftrock und dazu eine hell weiße Bluse trägt, zu unserem Tisch geführt, der etwas weiter hinten steht, weshalb wir an einigen Tischen vorbei müssen, wo ich mir immer denke, dass die anderen Gäste mich anstarren.

"Ihr Tisch Mr. Willoughby", spricht sie mit einer ernsten, etwas markanten Stimme, wobei sie eine einladende Bewegung zu einem großen, gedeckten Tisch macht, auf dem eine rote Kerze brennt.

Zwei Stühle stehen an dem Tisch aus feinem, weißen Holz, über dem eine rot-weiße Decke mit einem kleinen Schnörkelmuster liegt. Teller liegen darauf, daneben silberne Messer und Gabeln und ebenso glasklare, sauber geputzte Gläser. Über einigen Tischen im Saal hängen Kristallkronleuchter und so auch über unserem. Sanft werden die Strahlen der Kerzen in den hübschen Steinen gebrochen.

Ich erinnere mich schmunzelnd daran, wie Ethan mal sagte: "Diese Dinger verlocken doch nur dazu, dass man sich einmal ran hängt."

Dies werde ich hier aber nicht tun, sondern ich nehme dankend Platz, als Leo mir meinen Stuhl mit einem Lächeln zurückzieht, worauf ich mich setzen kann. Meine Jacke liegt auf meinem Schoss, während ich den jungen Mann dabei beobachte, wie er mir gegenüber sich hinsetzt.

"Ihre Jacke, Miss, werde ich für Sie in unsere Garderobe bringen", kommt es von einem Kellner mit schwarzen Haaren und braunen Augen, der uns die in Leder gebundenen Speisekarten bringt.

Dankend reiche ich sie ihm, worauf er sie vor meinen Augen ordentlich kurz etwas faltet, dann über seinen Arm legt und sich an Leo wendet, diesen fragt: "Darf ich Ihnen schon etwas zu trinken bringen?"

"Ich nehme einmal Ihren Apfelsaft", bestellt Leo für sich. "Muss heute schließlich noch fahren", meint er dann grinsend an mich, weshalb ich auch etwas lachen muss. "Für dich das Gleiche?"

"Ja", gebe ich knapp als Antwort, verfolge, wie der Kellner mit meiner Jacke durch die Tische verschwindet, eine Tür öffnet, die dann hinter ihm wieder zu fällt.

Ehrfürchtig blicke ich mich in dem Raum um, mustere die weinroten Wände, die weißen Tische und Stühle, so wie die Menschen, welche an denen sitzen und gesittet das Essen in ihren Mund schieben. Ein bisschen erfrischend, wenn man seit drei Wochen hungrige Kinder hatte, die sich das Essen mit den schmutzigen Fingern in den Mund stopfen.

An einem Tisch sitzen ein Mann und eine Frau. Er hat blondes, volles Haar, was ich für sein hohes Alter jedoch unmöglich halte, weshalb ich es eher für eine Perücke halte. Ein weißes Hemd trägt er, das seinen großen Bauch aber auch nicht verdecken kann, und dazu eine schwarze Krawatte sowie ein graues Jacket. Seine Begleitung muss sich in ihr Kleid gezwängt haben, da es eng anliegt, ihr bestimmt schon die Luft abschnürt. Die braunen, lockigen Haare sind etwas nach oben gesteckt, ehe sie wieder in kleinen Kringeln nach unten fallen. Was mich aber irgendwie ein bisschen beirrt, ist ihr Altersunterschied.

Doch jeden seins.

An dem Tisch daneben sitzen zwei Erwachsene und daneben ein kleiner Junge, mit pechschwarzen Haaren, der ständig an seiner Fliege zieht, oder sich an den Haaren kratzt, worauf seine Mutter ihm immer warnende Blicke zu wirft. Als dann ihr Kellner mit dem Essen kommt, den beladenen Teller vor den Jungen stellt, der sein Essen misstrauisch mustert, beginnt er angewidert das Gesicht zu verziehen. Am Ärmel seiner Mutter ziehend fragt er sie, was da auf seinem Teller liegt.

"Gefällt es dir denn in Corby?", lenkt Leo meine Aufmerksamkeit auf sich.

Er sitzt vor mir, mit einem geraden Rücken und die Hände vor sich auf den Tisch gefaltet da, trägt ein freundliches Lächeln auf den Lippen und seine Augen strahlen so. Ich kenne es schon von Freya, dass ihre blauen Augen leuchten, wenn ihr etwas gefällt und so tun es jetzt auch die von Leo.

Little FreaksWhere stories live. Discover now