24-Leo

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Ausgelaugt von diesem Donnerstag sitze ich mit den restlichen dreien im Gruppenraum, sehe zu, wie sie genüsslich essen, während ich verträumt und mit Rückenschmerzen aufpasse, dass nichts geschieht.

Mittwoch verlief normal.

Wenn man eine Stunde Schweigen mit Harry beim Fegen der Treppen und kaputte Spielsachen so nennen kann. Ich bekam am Morgen von meinem Großvater die Aufgabe, Harry doch bitte beim Fegen der Treppen zu helfen. Die ganze Zeit über schwieg ich nur, hielt mich zurück ihm keine Fragen zu stellen und ebenso nicht zu nerven. Kurz vor dem Schlafen der Kinder war ich dann endlich fertig und konnte noch schnell etwas bei Grandma essen, wozu er aber nicht mitkam, sondern nach draußen ging.

Die Stunde, in der wir nur mit kleinen Besen über Steine fegten, den Schmerz durch die gebückte Haltung im Rücken spürten und schwiegen, nutze ich, um erneut stark über Harry und seine Worte nachzudenken, suchte bei seiner Haltung, seinem Ausdruck nach einer Antwort, fand jedoch nur ein grimmiges Gesicht, dem Schlaf fehlte.

"Ich bin dann weg", höre ich es von der Tür, in der Mrs. Jenkins in einem roten Mantel und mit einer ebenso roten Handtasche in der Hand steht, kurz nochmal lächelnd die letzten drei ansieht, um die ich mich kümmern muss. "Danke nochmal, dass du das machst, Honor."

"Keine große Sache", antworte ich abwinkend, wünsche ihr dann noch einen schönen Abend, ehe sie den Kindern zu winkend verschwindet und sich auf den Weg zu ihrem Mann macht, der heute seinen achtundsechzigsten oder neunundsechzigsten Geburtstag feiert. Ich finde diese alte, jedoch beständige Liebe schön und romantisch.

"Kann ich noch Milch?", kommt es von Phillip, der sich schon gierig nach vorne beugt, um die Milch zu greifen, weshalb ich eilig die Kanne schnappe, warte bis er sitzt und ich ihn dann einfülle. Ich erinnere mich an die Worte von Mrs. Jenkins, die sie ganz oft sagt, nämlich die Kinder sollen mit Bitte fragen, doch ich fühle mich nicht so streng, dass ich das von dem kleinen Jungen jetzt verlange.

Neben ihn sitzen noch Freya und Oscar, die beide mampfend ihre Kekse essen, dabei auf ihre Teller krümeln oder Stücken an ihren Mundwinkeln kleben bleiben. Auch der Schokoladenguss der Kekse, der sich langsam auflöst, da alle drei immer lange das Essen in den Händen behalten, klebt an ihren kleinen Fingern, mit denen sie überall anfassen.

"Ich will noch einen Keks", ruft das Mädchen mit den braunen Haaren laut aus, schnappt sich den letzten vor den Augen von Oscar weg, der dann zu mir schaut. Ehe ich etwas jedoch sagen kann, sehen wir beide, wie Freya ihren Keks teilt und ein Stück an den Jungen neben sich reicht, der es strahlend, so wie dankend annimmt. "Lecker", murmeln beide mit vollen Mund, während ich seufzend beginne den Tisch etwas aufzuräumen, mir die leeren Tassen und die leeren Teller nehme, dann alle drei ins Badezimmer schicke, wie sie sich jeweils an ein Waschbecken stellen und mit der ganzen Handfläche süß über ihren Mund zu reiben beginnen.

"Sauber", sagt Oscar, dem eine rote Strähne vor den grünen Augen hängt und zeigt mir seine Hände, die -im Gegensatz zu seinem Mund- sauber sind. "Siehst du?", fragt er mich, da ich ihn schmunzelnd beäuge, noch nicht geantwortet habe.

"Ich helfe dir vielleicht nochmal kurz", sage ich, führe ihn zurück zu den kleinen Waschbecken, bei dem ich mich runter bücken muss, dann auf den runden Spiegel vor uns zeige, indem ich das Gesicht des Jungens und meines erkennen kann. Man sieht, dass ich letzte Nacht nicht besser, als die Nächte davor geschlafen habe.

Nachdem alle drei sauber sind, bringe ich schnell den Wagen mit dem dreckigen Geschirr weg, bevor ich zurück in die Gruppe komme und im Türrahmen stoppe, da ich einen jungen Mann auf dem Boden hocken sehe, beobachte, wie er mit den drei Kindern spielt.

"Hallo", räuspere ich mich dann nach einer Weile, trete auf ihn zu. Sofort springt er auf.

"Oh, Hallo", erwidert er meine Worte und reicht mir seine Hand. "Ich bin Leo, der Bruder von Freya."

Little FreaksOù les histoires vivent. Découvrez maintenant