79-nur ein verficktes Spiel

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"Mit dir reden", antwortet er monoton, mit einem grimmigen Unterton, durch den ich eine Heidenangst bekomme.

Sein ernster Blick, ohne dieses Strahlen, ohne sein breites Grinsen, die dazugehörigen liebevollen Handlungen, wie zum Beispiel, dass er mich zur Begrüßung in den Arm nimmt, seine abweisende Haltung, mit den Händen in den Hosentaschen. All dies macht mir solch eine Angst, dass mein Herz noch schneller gegen meinen Brustkorb pocht.

Wir stehen beide hier, der Stein quasi zwischen uns, um uns herum die Stille des Walds. Blätter liegen auf dem Boden, rascheln in den Bäumen, während die warme Sonne nur schwach durch die Bäume strahlt, auf mein Gesicht fällt, auf den der Lockenkopf bald tränen erkennen kann, wenn er mir nicht sagt, worüber er reden will.

Ich kenne dieses 'Wir müssen reden' nur aus Filmen und dann wird es immer in den Szenen benutzt, wenn jemand Schluss macht. Doch wir sind doch gerade mal seit fast drei Wochen zusammen, da kann er nicht Schluss machen, mich verlassen, mir wehtun.

Ängstlich, nur noch mit diesen einen Gedanken, zitternden Händen, einer bedrückenden Leere in meinem Magen und einem verschwommenen Blick frage ich ihn, wobei meine Stimme brüchig klingt: "Worüber?"

Seufzend dreht er sich kurz von mir weg, schaut in eine Richtung nach Links, bis sein Blick auf dem Grabstein landet, meiner seinen folgt und die schnörkelige Schrift liest, den Text. Sky is the limit, wiederhole ich zweimal in meinem Kopf, hoffe, dass ich irgendwie den Mut habe, wie sie ihn hatte.

Auch wenn sie ihn irgendwann verlor, war sie mutig, traute sich jeden Tag in die Schule zu kommen, wobei sie mich hinter sich her zog. Sie machte, was ihr gefiel, zog an was sie wollte und sagte ihre Meinung, während ich immer ängstlich, schüchtern und schweigend daneben stand. Sky besaß Mut.

Und ich brauche nun denselben.

Meine Atmung geht so schnell und hektisch, unruhig und stockend, dass man es hören muss. Auf meinen Beinen stehe ich nur mit größer Müh, da diese so wacklig sind. Ich fühle mich schon jetzt wie ein Wrack, doch habe das Gefühl, dass dies erst der Anfang sein wird.

"Über uns", kommt es dann von Harry, der sich wieder mir zuwendet, immer noch keine Emotion zeigt, was mich zum Verzweifeln bringt.

Es beruhigte mich immer, wenn ich sehen konnte wie er sich gerade fühlt, wenn ich sah, dass er wütend oder glücklich war, traurig oder einfach mal alleine gelassen werden möchte. Ich konnte seine Gefühle spüren, mich durch diese mit besser oder schlechter fühlen

Jetzt jedoch fühle ich mich unglaublich leer und einsam, obwohl er direkt vor mir steht.

"Wieso?", bringe ich es leise hervor, trete einen Schritt auf ihn zu, worauf er die Brauen zusammenzieht, mich abweist und stoppen lässt. Ihn stört es nun, wenn ich mehr die Nähe zu ihm suche, was sich wie ein Stich ins Herz anfühlt.

"Weil-" Er holt Luft. "Ich hab genug."

"Von was?" Total verwirrt stelle ich diese Frage, verstehe ihn nicht.

Von was hat er genug?

Dass wir uns so oft sehen? Er kommt jeden Abend zu mir ins Zimmer, doch wenn er möchte, können wir auch etwas mehr Abstand zueinander halten.

Dass ich manchmal zu schüchtern und ruhig bin? Er soll es mir sagen und ich werde versuchen es zu ändern.

Oder stört es ihn, dass ich die Enkelin seines Chefs bin? Wenn dies der Fall ist, arbeite ich einfach nicht mehr im Kindergarten.

Soll ich mich weniger über die Planung der Aufführung aufregen? Ich kann das, wenn er es will, weiß selbst, dass ich in der letzten Woche wirklich viel dazu erzählt habe und ihn bestimmt auch genervt.

Little FreaksOn viuen les histories. Descobreix ara