33-'Squid apud uvarum'

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Außerdem kommt es mir etwas komisch und mulmig vor, wenn ich jetzt einfach mit Harry frühstücke, obwohl wir uns auf dem Friedhof gerade noch angeschrien haben und ich geweint habe, während er mir weh tat und mich nach Hause bringen wollte.

Es fühlt sich einfach nicht so richtig an. Vielleicht sollte ich mich aber auch einfach auf die unbekannte Situation einlassen und mir nicht, gleich wieder tausende Gedanken machen, wie schlimm alles noch verlaufen kann. Eventuell tut mir etwas zu Essen ja gut.

Deshalb lese ich stumm die Seite, welche Harry mir empfohlen hat, entscheide mich für Speck, mit Spiegelei, Würstchen und Baked Beans. Gut, ich spüre langsam den Hunger, der mich überkommt, als ich all das Lese, warum ich mich dann doch für so viel entscheide.

Nach einer Weile, in der wir beide schweigend an den Tisch saßen, ich aus dem Fenster schaute, während ich Harrys durchdringenden Blick auf mir spüre, kommt die Bedienung von der Bar, zückt ihren Block und einen neongelben Stift, den sie in ihren Fingern, die rosa lackiert sind, hin und her wackeln lässt. Dicht steht sie mit den Schweißflecken vor mir, weshalb ich unauffällig etwas wegrücke.

"Wie immer?", spricht sie, sieht dabei zu Harry, der nickt.

Offensichtlich isst er hier öfters und mir vergeht der Appetit, als ich sehe, wie die Kellnerin sich gerade hinstellt, irgendwie versucht ihren kleinen Hintern mehr zu präsentieren und mit ihren verklebten Wimpern klappert, dabei sich auf die roten, klebenden Lippen beißt, was Harry scheinbar ... Heiß finden soll.

Angewidert schaue ich weg, bis sie mich desinteressiert fragt, ob ich etwas möchte, worauf ich nur den Kopf schüttele, wieder aus dem Fenster sehe. Harry flüstert ihr irgendwas zu, worauf sie 'Natürlich, nur für dich, Harry!', quiekt und verschwindet, uns alleine an dem Tisch zurücklässt.

Seufzen höre ich Harry, ehe er beginnt zu reden, meine Aufmerksamkeit auf sich zieht und mir auffällt, wie ernst er seine Hände gefaltet auf dem Tisch liegen hat. "Eine Frage, fürs erste", spricht er, fügt dann noch hinzu, weil ich enttäuscht nicke, wenn es bei einer Frage bleibt: "Bis wir das Essen haben!"

"Immer noch dieselbe Frage, wie auf dem Friedhof und als ich dich und Olivia im Kindergarten fand", erkläre ich, schaue ihn in die Augen, von denen ich meinen Blick nicht nehme. "Bereust du irgendetwas in deinem Leben?"

Stumm nickt er, wirft dann kurz einem Blick zu der Bar, zu der ich mich auch umdrehe, die Kellnerin sehe, die summend dort hantiert -und dies nicht zu unauffällig. Mit den Hüften wackelnd, bringt sie den beiden Männern noch ein Bier, dreht uns den Rücken zu, wodurch wohl wieder ihr Hinterteil in den Vordergrund treten soll und es widert mich an.

Wieso muss man sich so verkaufen, wenn man auch natürlich sein kann?

Abstoßen wirkt es auf mich und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie viele Männer damit bekommt. Außer besoffenen Typen, die nicht mehr klar durch ihr benebeltes Hirn denken können und sowieso auf so etwas Primitives abfahren.

Schmunzelnd mustert Harry mich, als ich meinen Kopf schnippisch zurückdrehe, wobei meine Haare leicht wehen. "Dir scheint dieses Verhalten nicht zu gefallen", stellt er lachend fest, worauf ich zustimmend nicke, antworte: "Du etwa?"

Knapp zuckt er mit den Schultern. "Früher bestimmt, heute nicht mehr!"

"Wieso hältst du dich von allem fern und sagst, dass niemand sich um dich sorgt und dir helfen muss?", bricht es dann aus mir heraus, worauf ich ihn gespannt ansehe, mich sogar etwas nach vorne lehne.

"Deine erste Frage, habe ich doch noch nicht mal richtig beantwortet", lacht er amüsiert, spricht dann aber weiter: "Weil es so ist, Honor. Vieles habe ich alleine geschafft und ich halte mich lieber von Menschen fern, denen ich wehtun könnte."

Little FreaksWhere stories live. Discover now