Wage erinnere ich mich daran, dass die vierjährige einen Bruder hat, mustere ihn kurz von oben bis unten. Ein weißes Shirt und darüber eine blaue Stoffjacke, dazu eine schwarze Jeans. Seine Haare, die in demselben Braun, wie das seiner Schwester strahlen, liegen ordentlich zurückgegellt auf seinem Kopf, schimmern leicht im Licht der Lampen, die ich anmachen musste, da es draußen langsam dunkel wird.

Schweigend sehe ich ihn an, bis er lächelnd fragt: "Darf ich auch deinen Namen wissen, oder soll ich raten?"

"Raten?", frage ich, worauf er nickt. "Was denkst du denn, wie ich heiße?"

Er lächelt weiterhin freundlich, während ich im Augenwinkel die Blicke der drei Kinder spüre, die neugierig zu uns hochsehen. Leo wirkt nett und freundlich und auch im Umgang mit den Kindern scheint er großartig zu sein.

"Ich tippe auf-", beginnt er, überrascht mich dann, weshalb ich in erstaunt anstarre. "Honor?"

"Woher?", stammele ich, verstehe nicht, wie er dies wissen kann. Verlegen kratzt er sich am Hinterkopf, muss trotzdem lachen, das mich komischerweise eher an ein Kichern erinnert und erklärt mir: "Naja, meine Schwester redet seit vier Tagen nur noch von dieser Honor im Kindergarten und da hab ich jetzt mal eins und eins zusammengezählt."

Sie erzählt von mir?

Ich finde keinen Grund, wieso die Kinder von mir erzählen sollten, bin mir nicht mal sicher, ob es gute oder schlechte Sachen sind, jedoch kann ich meine Verlegenheit nicht verstecken, während Leo charmant spricht: "Und bei so einer schönen, jungen Dame ist dies auch kein Wunder."

"Danke", bringe ich es stotternd hervor, ehe ich ein Lachen hinter uns hören kann, mich umdrehe, um zu erkennen, wenn der Junge vor mir mit einem Mal so finster ansieht.

"Gott", höre ich Harry feixend lachen. "Schlimmer als so ein Schnulzendrama. Macht so weiter und ich bezahle vielleicht sogar noch Eintritt für das Gedönse."

Mit roten Wangen, Scham und trotzdem etwas lodernde Wut in mir, verfolge ich, wie Harry auf uns zu kommt, Leo anfunkelt, als könne er dadurch Laserstrahlen aus seinen Augen schicken. In seiner Hand hält er eine Glühbirne, die er hin und her dreht, was mich beim längeren Hinsehen verrückt macht.

Den ganzen Tag über habe ich ihn nicht gesehen und nun muss er so auftauchen, mir den Tag und Abend noch ruinieren. Wieso?

"Ich sollte gehen", stellt Leo leise fest, nimmt dann seinem Blick von dem schnaubenden Mann, der beginnt die kaputte Glühbirne aus der kleinen Leselampe zu ziehen. Leo schaut zu seiner kleinen Schwester, deutet ihr, dass sie gehen müssen, worauf sie sofort aufspringt und nickt. "Wir sehen uns dann... Honor!"

Gott, wie er meinen Namen sagt, gefällt mir irgendwie. Wie er die 'O's betont und dabei es noch schafft einen so einladenden Blick zu haben.

Schnell schlage ich mir innerlich an die Stirn, verabschiede mich mit einem 'Schönen Abend' und sehe seufzend zu den beiden übrig gebliebenen Jungen, dann zu Harry, der nun mit einem gehässigen Grinsen die Birne in die Lampe schraubt.

Als er fertig ist, dreht er sich mit Schwung zu mir, mustert kurz die kaputte Birne in seiner Hand, die er wie einen Schatz hochhält, nickt mir dann zu und macht sich auf den Weg raus aus dem Raum. An der Tür stoppe ich ihn dann aber, sehe ihn fragend an, während er sich umdreht.

"Wieso bist du so?", nuschele ich leise, sehe schüchtern zu ihm auf. Skeptisch hebt er eine Braue, antwortet mir nicht, sondern sieht starr direkt in mein Gesicht. Sofort bereue ich es, ihn aufgehalten zu haben, lasse seinen Pulli los, den ich fest umklammert hatte und gehe -etwas hastig- zu den beiden mit Autos spielenden Jungs.

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