"Du bist nichts Besseres als ich, Freak!", antwortet er dann. Noch einmal, krache ich mit Wucht gehen das Eisen der Schulschränke, bevor die Jungs sich daran machen, mir meinen Rucksack abzunehmen und alle Sachen auf den Boden, der schon dreckig ist, zu verteilen.

Alle meine Zettel, die vorher locker in den Heftern lagen, sind jetzt auf dem Boden verteilt und werden noch mehr von achtlosen Schülern beschmutzt, die entweder vorbei gehen oder zuschauen. Meine Stifte rollen über das Paket oder werden von den Jungen in den Händen zerbrochen. Meine Federtasche besitzt jetzt staubige Flecken, da sie durch den Dreck und Staub geschossen wird. Mein Rucksack hängt schlaff von dem höchsten Punkt der Schränke und mir fällt deutlich ein großer Riss auf, den Mom oder Grandma auch nicht wieder genäht bekommt. Das wird Ärger geben.

"Was ist das denn?", schallt es durch den Flur, als Louis meine Brotdose aufhebt und interessiert einen Blick in sie wirft. Schnell laufe ich auf ihn zu und will sie ihm entreißen, als auch schon Harry nach mir greift und mich zurück hält. Wieder bohren sich seine Augen in meine.

"Freak, hat deine Mommy deine Brotdose gemacht? Ist ja süß." Große Schritte macht er auf mich zu und hält die Dose vor meine Augen. "Süß, wie deine Gürkchen geschnitten wurden und ... Oh mein Gott." Er nimmt etwas heraus und hält es in die Luft, dass ja alle es sehen können. "Sie hat Frucht-Quatsch mit. Wie süß. Weißt du wer das noch trinkt?" Kurz dreht er sich in die Runde, die sich um uns gebildet hat, um von jedem ein Kopfschütteln zu erhalten. Dann dreht er sich wieder zu mir und brüllt laut: "Meine kleine Schwester. Die ist drei!"

Lachen. Schallendes Gelächter erhellt den Flur. Alle lachen, halten sich den Bauch oder zeigen mit dem Finger auf mich. Sogar Harry, der mich jetzt los gelassen hat, um sich die Hände vor den Mund zu schlagen, lacht mit. Alle lachen sie mich aus. Mich den Freak der Schule.

Ich will weglaufen. "Hier geblieben." Louis packt mich und drückt mich, mit Leichtigkeit, zu Boden. Wie ich diese blauen Augen hasse. Diese blauen Augen die mich jeden Tag zum Weinen bringen. Auch jetzt, muss ich wieder los heulen, wie sie es immer sagen, und kann die Tränen nicht zurück halten.

Der Tag, genau wie alle anderen, beschissene Tag hat noch nicht mal richtig angefangen und schon weine ich wieder. Weine wegen einem Haufen Jungs, denen es dann nur noch mehr Spaß macht.

"Unser Baby weint. Wir sollten ihr schnell etwas Frucht-Quatsch geben, damit sie aufhört zu flennen", gibt Louis lachend als Kommentar, auf meine Tränen, die im Überfluss über er meine Wange, auf den Boden tropfen.

Lass sie bitte aufhören!

"Hier!" Verschwommen sehe ich, wie Harry Louis die Packung reicht und sein Grinsen noch breiter wird. Louis nickt dankend, dreht die Packung auf und hält sie bedrohlich dicht an meinem Kopf. "Was denkst du? Beruhigt es dich, wenn dein Maul mit diesem Kindermist gestopft ist? Ich denk schon. Was denkt ihr?"

Arme, wie ein Held in die Luft, dreht er sich zu den begeisterten Schülern um, die alle die Arme in die Luft reisen und Louis zu jubeln, der wieder dichter und angespornt am mich ran tritt. Es gefällt ihm. Es gefällt ihm, mich am Boden zusehen und von den anderen beachtet und umringt zu werden, da er die Aufmerksamkeit braucht.

"Wie ihr wollt!", ist das Letzte was ich höre, bevor dieses glibberige, kalte Zeug auf meinem Kopf landet und über meine Augen läuft. Schnell kneife ich sie zusammen, schließe meine Augen und den Mund.

Das was ich früher so sehr gemocht habe, jeden Tag mit Freude getrunken habe, verabscheue ich gerade so sehr. Es schmeckt mir, seit der ersten Klasse, und ich nehme es gerne mit. Es ist eine Angewohnheit jeden Abend meiner Mom zusagen, dass sie es nicht vergessen soll, mir mit zugeben.

Was ist so schlimm, an einer geliebten Angewohnheit?

"Gleich viel besser!", brüllt er fast in mein Ohr. "Da man deine scheiß Fresse nicht sieht." Lachen. Wieder Lachen alle, was an den Wänden des Flurs abprallt und hallt. Nun werde ich losgelassen.

Fertig und am Boden zerstört, so wie sie es wollen, hocke ich auf dem Boden. Meine Beine angewinkelt, Arme um die Beine geschlungen und mein nasser, ekliger Kopf auf meinen Knien. Tränen laufen immer noch über meine Wange. Ich will hier weg.

Langsam und vorsichtig versuche ich aufzustehen, mich von Boden, der dreckig und voller Frucht-Quatsch ist, zu erheben. Doch gut klappt das nicht. Immer wenn ich Angst bekomme, fangen meine Beine wie wild an zu zittern. Sie werden einfach zu Wackelpudding und sind zu nichts mehr zu gebrauchen.

"Honor", ertönt es hinter mir. Große Hände ziehen mich an meinen Armen hoch und halten mich, sodass ich nicht umkippe und reglos auf dem Schulflur liege. "Was machst du den für Sachen, Mädchen?", fragt mich eine süße, weibliche Stimme. Etwas wischt über meine Augen, weshalb ich mich traue sie einen Spalt zu öffnen.

Vor mir steht Mrs. Edwards, meine Musiklehrerin. Ihre blonden Haare trägt sie, wie meistens, zu einem hohen Dutt und ihre Kleidung ist sehr ... skurril für eine Lehrerin, aber mir gefällt es. Ich mag sie sehr. Ob es daran liegt, dass sie mir meistens zur Hilfe eilt oder, da ich immer länger bei ihr bleiben darf, wenn Louis, Harry und die anderen vor der Schule warten, weiß ich nicht. Aber sie ist nett.

Sanft hält sie mich immer noch fest, bedacht darauf, dass ich nicht umfalle. "Lass uns in mein Büro gehen", sagt sie. Sie führt mich, wie einem Blinden, über den Gang, an den amüsierten und verdutzenden Schülern vorbei. Wie gerne ich jetzt blind sein würde und den Blicken der Anderen entgehen. Einfach an ihnen vorbei gehen und keine einzige dumme Mimik erkennen, wäre so schön.

An dem Büro von Mrs. Edwards bleiben wir kurz stehen. Sie wühlt in ihrer Tasche nach ihrem Schlüssel. Als sie diesen gefunden hat, hält sie ihn kurz stolz hoch, bevor er ins Schloss gesteckt und die Tür geöffnet wird.

"Setze dich am besten auf den Stuhl dort", erläutert sie mir und zeigt auf einen kleinen, hölzernen Stuhl. Vorsichtig, immer noch mit einer schlechten Sicht, begebe ich mich zum Stuhl, nehme Platz. Mrs. Edwards holt in der Zwischenzeit, in der ich versuche mich nicht neben den Stuhl fallen zulassen, Tücher aus ihrem Schrank und befeuchtet diese, unter dem Wasserhahn.

Dann kommt sie auf mich zu, wischt alles ordentlich und behutsam weg und fragt: "Wieder Louis, Harry und ihre Freunde?"

Sie weiß es. Sie weiß es seit mindestens drei Monaten. Doch sie ist die Vertrauenslehrerin und darf mit niemandem drüber reden. Niemandem darf sie meine Probleme erläutern. Was ich gut finde. Louis und Harry würden es als Petzen aufnehmen, was nur wieder Ärger für mich bedeuten würde.

Seufzend nicke ich. Traurig und enttäuscht von mir selbst, lasse ich meinen Kopf sinken. Wieder bin ich weggelaufen. Wieder bin ich vor der gesamten Schule bloß gestellt worden. Wieder habe ich Louis und Harry amüsiert und ihnen ihren Spaß gegeben.

"Du solltest mit dem Direktor reden. Nur dann kann ich dir helfen." Mit einem einfühlsamen Blick, kniet sie sich vor mich, ihre Hände auf meinen Knien. "Das kann ich nicht!", gebe ich schnell zurück, auch in der Angst, sie würde zum Schulleiter gehen und ihm alles sagen. Auch wenn ich so etwas nicht wirklich von ihr erwarte.

"Du musst dich wehren. Das geht doch schon viel zulange so. Viel zulange lässt du dir das gefallen." Man merkt, dass sie wütend auf die Jungs ist. Wütend das sie mich jeden Tag so zur Schnecke machen. Dass sie mich fast jeden Tag so in ihr Büro bringt und aufmuntern muss.

"Sag es. Erzähle es allem, was für Feiglinge diese Jungs sind, dich zusammen, in einem großen Trupp, angreifen, während du alleine bist. Sag es und wehre dich. Zeig Stärke!"

Entschlossen schüttele ich den Kopf. Wenn ich es sage, zeige ich Schwäche, dies hat Louis immer gesagt. Sollte ich jemals zu einem Erwachsenen gehen, sei ich schwach.

Mrs. Edwards hat es von selbst raus gefunden, als sie die Gruppe davon abhielt mich in das Becken im Schwimmbad zuwerfen. Wir hatten Schwimmausbildung und die Jungs hielten es für lustig, mich bis zum Rand des Beckens zu treiben und ein zu kesseln.

"Kann ich einfach zurück in den Unterricht?", frage ich leise. "Selbstverständlich. Was du möchtest. Aber überlege es dir nochmal und rede mit dem Direktor. Es kann dir nur helfen."

Nickend stehe ich auf, nehme meinen Rucksack, den sie scheinbar auch mitgenommen hat und begebe mich zum Unterricht.

Sport mit den Jungs.

Little FreaksDonde viven las historias. Descúbrelo ahora