,,Hat er dich jemals angepackt?"

,,Nein. Er hat mich nie geschlagen." Jedenfalls nicht mit Händen.

,,Und du hast dich nie gewehrt?", fragte er.

,,Ich habs versucht. Und jedes mal, wenn ich es getan habe, musste ich dafür bezahlen. Ich - keine Ahnung, Dad, ich möchte einfach nur akzeptiert werden. Ich möchte zur Schule gehen ohne dass ich Angst haben muss. Ich möchte mit meinen Freunden die Pause verbringen oder mit ihnen zusammen lernen. Ich möchte in der Schule lachen und mit jemanden reden können."

,,Ich verstehe einfach nicht, wieso ich das nie mitbekommen habe. Mir fiel zwar auf, dass du eigentlich nie Freunde aus der Schule mitbrachtest, aber da du Leah hattest und hinterher Justin und Lily dachte ich mir nichts dabei. Ich - ich habe anscheinend sehr viel aus deinem Leben nicht mitbekommen." Ich sah seine Lippen zittern und deshalb griff ich schnell nach seinen Händen.

,,Dad! Mach dir keine Vorwürfe. Bitte nicht. Ich habe immer alleine versucht damit fertig zu werden. Du hättest mir auch nicht helfen können, okay? Also bitte."

Er schaute mich sehr lange an. ,,Irgendwann werde ich mir dieses Arschloch mal vorknöpfen."

Leise Panik wuchs in mir. ,,Das würde nichts bringen. Damian hat es auch schon versucht." Ich lächelte als ich Dads überraschten Gesichtsausdruck sah. ,,Du würdest mir echt helfen, wenn du mir einfach nur erlaubst zu gehen."

,,Das ist nicht so einfach, Aria. Du bist meine Tochter. Wie kann ich dich denn gehen lassen?"

,,Es wäre doch nur für ein halbes Jahr", sagte ich. ,,Außerdem bin ich bei Lily. Ich werde bei ihr wohnen und mit ihr zu Schule gehen. Die Leute da sollen sehr nett sein. Und das brauche ich. Nette Leute um mich herum."

,,Ich werde es mir überlegen, okay?"

Hoffnung wuchs in mir. Ich hoffte, er überlegte es sich gut.

***

Montag ging ich zur Schule. Dad hätte mich entschuldigt, doch ich wollte es. Keine Ahnung, was mich dazu bewegte freiwillig dorthin zu gehen, aber ich tat es.

Damian war schon weg, als ich losging. Er war noch immer sauer, aber ich versuchte mir darüber keine Gedanken zu machen. Alles woran ich gerade denken wollte war, was passieren würde, wenn Dad ja sagte.

,,Oh, hey Piggy!", rief Mike laut als ich den Klassenraum betrat. Wie immer ignorierte ich ihn. Leise hörte ich, wie Mira etwas zu ihm sagte. Er erwiderte etwas, doch dann war er ruhig. Was auch immer sie gesagt hatte, ich war ihr dankbar dafür.

Bis zur zweiten Pause sprach ich mit niemanden mehr, außer zweimal mit den Lehrern, weil die mich drangenommen hatten. Doch dann tippte mir von hinten jemand an die Schulter als ich gerade mein Schließfach vollpackte und ich drehte mich um. Überrascht blickte ich in Sids grinsende Miene.

,,Hallöchen!"

,,Hi?", erwiderte ich.

,,War das eine Frage? Du könntest wirklich ein bisschen enthusiastischer sein!"

,,Ich - ich gebe mir in Zukunft mehr Mühe", nuschelte ich und drückte die Tür meines Spindes zu.

,,Du fragst dich sicherlich, was ich von dir möchte", sprach Sid weiter. Als ich ihn nur wortlos anschaute, zeigte er auf den Flur vor uns und machte eine Handbewegung. ,,Gehen wir doch ein Stück."

Würde ich Sid nicht ein bisschen kennen, wäre mir die Situation echt gruslig vorgekommen. Doch ich ließ mich darauf ein und ging neben ihm her.

,,Weißt du, Damian redet. Er kann ein ziemliches Mädchen sein, 'ne richtige Pussy, wenn er mal damit anfängt über das ganze Gefühlsscheiß zu reden. Okay, zugegeben: Manchmal nötige ich ihn auch dazu, mit mir zu reden. Ich bin also über eure Situation ziemlich gut im Bilde."

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