Shattered

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"Fuck, Krish das ist jetzt nicht dein ernst." flüsterte Rahul gepresst. Sein Herz raste, es war als würde sein Gehirn zerspringen. Er dachte an alles und an nichts zugleich. Seine Hände waren schwitzig, er versuchte sich zu entspannen. Nur ging das nicht wenn sein Bruder eine verdammte Waffe in der Hand hatte. Langsam atmete er ein und aus. Jetzt durfte er auf keinen Fall eine Panikattacke bekommen. Ohne Krish, dessen Schultern sich vor Hass hoben und senkten, aus den Augen zu lassen, ging er zu seiner Frau. Kirana war stocksteif vor Angst. "Pack Prija und geh. Schau nicht zurück. Pack den Rucksack, den ich für Notfälle gepackt habe im Kleiderschrank, unsere Tochter und geh." "Nein." Wutentbrannt packte Rhaul seine Frau an den Schultern und schüttelte sie. "GEH. Ich habe dich nie zu etwas gezwungen, aber jetzt tue ich es. Verschwinde. Ich verspreche ich ruf euch an. Wenn alles gut ist." "Aber-" Kirana entschied sich genau das zu tun. Es brachte nichts jetzt zu diskutieren. "Ich liebe dich." Sie konnte ihm nicht antworten, die Worte blieben ihr in der Kehle stecken. Sie rannte mit Rhuksar an der Hand. Um ihrer aller Leben.

"Ich habe dir nur noch nicht ins Knie geschossen weil ich mit dir Spielen will." Rahul war es leid. Er antwortete nicht mehr. Seine Mutter stand wie angewurzelt da, auch sie wusste, dass sie keinerlei Möglichkeit hatte diese Situation zu verlassen, genausowenig wie er selbst. "Du bist wahnsinnig und weißt es. Nur interessiert es dich nicht." "Euch hat es auch nie interessiert." "Wir hatten uns vergeben, schon vergessen?" "Dann bist du gegangen." "Du bist 20. Du hattest Rhuksar. Du warst nicht allein." "Ich habe dich schon immer gehasst. Für all das was dir-" Resigniert schüttelte Rahul den Kopf. Sein Therapeut hatte immer gesagt, dass Gewalt niemals die Lösung war und dass man über alles reden musste. Was hatte er sich den Mund fusselig geredet mit seinem Bruder. Er hatte sich demütigen, beleidigen und bespucken lassen, alles zum Wohl seines Bruders. Danke. "Danke nein." murmelte er und trat auf Krish zu um die Meter zu überbücken die zwischen ihnen standen. Dann packte er ihn am Kragen und schlug ihm die Faust ins Gesicht. Wieder und wieder. "Ich hasse dich." "Ist mir bekannt. Wag es niemals wieder meine Familie zu bedrohen."

Nandini Devir konnte nicht dazwischen gehen. Sie sah zu wie Rahul ihren Sohn verprügelte, sie konnte nicht einmal sagen, dass er nicht recht hatte. Das was Krish ihm angetan hatte war ohne Worte. Sie hatte gehofft, dass er ein wenig wie Rahul sein würde, wenn er älter wäre. Aber es war ganz klar, dass er das niemals schaffen würde, denn er war ihr und ihres Mannes Sohn. Was hatte daraus schon resultieren können? Sie gestand sich ein, dass Rahul immer schon mehr Mumm hatte als sie alle zusammen. Aber nie den Hass, den sie in sich hegten. Alles was er hegte war sein Schmerz und es war ja nur eine Frage der Zeit, bis er es nicht mehr beiseite schob. Deshalb würde sie niemals dazwischengehen.

Rahul hielt inne. Er war kein Monster. Wollte er nicht sein. Das Blut sprudelte aus Krishs gebrochener Nase. Das war genug. Ein irres Lächeln erschien auf dem knochigen Gesicht. "Ich habe gelernt, dass man dir körperlich nicht unbedingt etwas anhaben kann." Rahul verstand ihn kaum, Krishs Stimme war verwaschen, so unecht und surreal wie diese ganze Pharse hier.

"Hört doch bitte endlich auf." "Hör doch du bitte endlich auf."

Kirana Devir und ihre Schwester hielten Prija an der Hand, sie standen auf der gegenüberliegenden Straßenseite zu ihrem Haus. Keiner rührte sich und Prija hielt ihren Teddy fest umklammert. "Wir sollten den Wagen nehmen und fahren." "Ich kann nicht, ich kann ihn nicht-" Rhuksar dückte die Hand ihrer Schwester. "Er hat uns nicht gebeten. Er hat uns aufgetragen zu gehen und uns in Sicherheit zu bringen." Kirana sammelte ihre Gedanken die überall und nirgendwo waren. Sie hatten noch ein großes Apartment eine dreiviertel Stunde Fahrt entfernt hier in Dehli. Sie nutzten es selten, nur wenn Rahul und sie Prija im Zeltlager hatten und eine andere Umgebung wollten. Von diesem Haus wusste nur Rahul etwas, sonst niemand. "Dann ab zum Appartment." "Aber Paa, der ist ja da noch drin!!" Prija stemmte sich gegen den Grut, den ihr ihre Tante angelegt hatte. "Ja, aber er kommt da gut zurecht." "NEIN!! Krish hat böse geschaut!! Und sie haben gestritten!!" Kirana deutete ihrer Schwester Prija einfach sein zu lassen und sich selbst anzuschnallen. Sie fuhren mit einem schreienden Kleinkind weg. Was war das nur für ein Desaster. Der berstende Knall, der durch die Nachbarschaft donnerte ließ Kirana die Tränen in die Augen schießen. Oh mein Gott, bitte, bitte bitte, sie flehte alle Götter an. Sie durfte gar nicht daran denken. Egal was passieren würde, sie hatten Rahul versprochen sich in Sicherheit zu bringen. Rhuksar versuchte vergeblich eine bitterlich weinende Prija zu beruhigen. "Dein Paa kommt ganz bald nach, ok? Ma und ich fahren jetzt einfach nur zum Apartment und warten da auf ihn. Es ist kein schlimmer Streit, ok?" Prija sah sie ungläubig an. Doch sie nickte. Sie wollte das glauben. Genauso wie Rhuksar es glauben wollte, aber sie wusste ganz genau worum es hier ging. Um jahrelangen Hass, um zerstörte Bande, um tiefe Wunden und um Unverständnis. Und in diesem Orkan hatten sie ihn allein zurückgelassen. Aber sie wusste, dass alles gut werden würde. Rahul hatte es ihr versprochen.

Der ohrenbetäubende Knall ließ Rahuls Trommelfelle erzittern. Er hatte noch nie einen Waffenschuss aus dieser Nähe gehört. Seine Ohren piepten. Instinktiv war er zurückgewichen, zu seinem äußersten Nachteil, denn er hatte Krish losgelassen. Seine Gedanken drehten sich nur eine Milisekunde darum wohin die Kugel gegangen war. Denn er hatte Krishs Fäuste um sich, die brachial auf ihn einschlugen. Schnell riss er die Arme hoch und bedeckte sein Gesicht. Blut tropfte auf ihn. Ruckartig stemmte sich der ältere gegen seinen Bruder, der das Gleichgewicht verlor. Als er ihm in die Augen starrte hielt Rahul inne. Da war das was er seit Monaten nicht mehr gesehen hatte. Das war einfach sein Bruder. >Rahul komm lass Fußball spielen! Nicht so schnell!< sein Lachen. Seine schusselige Art. Da war er. Für einen Moment, einen langen Moment sah ihn sein Bruder an und kein wahnsinniger Suchtkranker, der sich nicht helfen ließ. "Hör auf. Lass das hinter dir." flüsterte Rahul und rückte etwas von ihm ab. "Ich lasse es hinter mir." seine Stimme war leblos. Ein Wimpernschlag, den es brauchte, eine Sekunde der Unaufmerksamkeit. Das nächste was der Mann in dem blutbesudelten beigen Hemd bemerkte, war dass ihm Blut ins Gesicht spritzte. Warmes Blut. Er blinzelte, seine Sicht veschwamm. Seine Ohren beebten, piepten. Krish wehrte sich nicht gegen seinen Griff. "Nein."

Zitternd stolperte Rahul zurück, seine Beine trugen ihn nicht. "Nein." er war entschlossen das nicht zu aktzeptieren. Auch die Blutlache, die sich um Krish ausbreitete konnte ihn nicht überzeugen. Schnell stand er auf und packte einen Schal der auf dem Beistelltisch lag. "Na komm schon. Ich bring dich ins Krankenhaus, ok?" seine Stimme brach, als er den Schal auf das Einschussloch an seiner Stirn presste. Aber alles Blut lief unter ihm hinweg. "Maa, hilf mir. Maa komm schon!!" schrie er verzweifelt. "Maa ich weiß, aber bitte!" Sie würde ihm nicht helfen weil sie sah, dass Krish den Verstand verloren hatte. Rahul klebten die schwarzen Haarsträhnen vor Schweiß an der Stirn. Er sah auf. Da lag sie. "Maa steh auf!!" Wehement presste er den Schal weiter auf Krishs Wunde. Sie stand nicht auf. Langsam rappelte sich Rahul auf und ließ den Schal fallen. Er fuhr sich durch die Haare. Das nächste was er tat war die Polizei zu rufen. Seine Beine zitterten, als sein Blick zwischen seiner Mutter und seinem Bruder hin und her flog.


Journey of HeartsWhere stories live. Discover now