Mere Maa

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"Was tust du?" stand mit dem Schlüssel zum Hotelzimmer, den ihm Rahul gegeben hatte vor dem Eingang und sah seinen Bruder an.  Sein Gesicht war verschlossen, und mit verschlossen meinte er, er sah aus kalt wie Stein. Rahuls Hand drückte auf die tiefe Schnittwunde, die immernoch blutete. Mit zusammengebissenen Zähnen zischte er "Nichts." "Ich verstehe nicht wie Mutter dich nie-" "Schluss damit jetzt. Ich will nichts mehr hören. Die sind so in ihrer Welt gefangen, dass sie DAS zu verantworten haben." Ein Blick seines Bruders reichte, dass Krish erkannte, dass er selbst gemeint war. "Du blutest, komm jetzt." "Ist mir herrlich egal. Ich hab noch was zu regeln. Du bist erschöpft. Leg dich schlafen. Bitte." Rahuls Kopf explodierte gleich. Was zum Geier...wie sollte er das anstellen? Was hatte er hier angefangen? Natürlich wollte er ihn heimholen. Nichts mehr als das. Aber...schleunigst verbannte er den Gedanken und sammelte sich.

Das Einzige was er jetzt noch tun wollte war eines. Er musste mit seiner Mutter sprechen. Er wollte sich einreden, dass er keine Angst mehr hatte. Er wusste, dass sein Vater ihn nicht umbringen würde, dafür war er zu schwach. Und wenn er es versuchen würde,  jetzt, dann war klar, wer gewann. Rahul war nicht untätig gewesen, schließich brauchte man als Sesselhocker auch einen Sportausgleich. Dennoch konnte er diese Gefühle nicht kontrollieren. Vielleicht würde er sich jetzt selbst in Brand stecken, aber das war ihm egal.Er musste es wissen.

Nandini Devir hatte ihren Mann nur angesehen sie hatte gewusst, dass es ausarten würde zwischen Krishnan und ihm. Aber sie hätte niemals gedacht, Rahul wieder zu sehen. Niemals. Er war doch ein schlauer Junge, wieso war er wieder gekehrt? Sie war verzweifelt. So sehr sie nach der Liebe Suchte, die sie damals empfand, als sie zu dritt waren, so sehr verlor sie diese. Ihr Mann hatte sie all die Jahre genau so taub werden lassen wie er schon sein ganzes Leben war. Diese Heirat mit diesem Mann, die hatte ihr Leben zerstört. Und als sie Rahul zu sich genommen hatte, da war wieder Licht. Bis Narayan es gelöscht hatte indem sein Hass auf den Jungen auf sie übergeschwappt ist. Sie wusste, sie würde da nicht lebend rauskommen, wenn sie ihn noch einmal nach Rahul fragte. Sie wurde stumm. Sie wurde leise. Und sie fragte sich, ob dieses Kind ihre Familie verflucht hatte. Leises Klopfen riss sie aus ihren Gedanken. Ihr Mann war in den oberen Stockwerken und tat mal wieder so, als sei nichts geschehen.

Es war mittlerweile stockdunkel draußen, nur noch die Gartenlichter erleuchteten die Veranda um das Haus. Nichts fühlen. Er fühlte nichts, er fühlte nichts. Nichts. Gar nichts. Er wollte nur die Warheit. Sein Gehirn wiederholte das immer wieder. Und da drehte sie sich um, Unglauben in ihrem Gesicht. Es war nicht so, als würde seine Mutter sich beeilen die Verandatür zu öffnen. Sie sah ihn an mit einer Mischung aus Verwunderung, Überraschung und...Leere. Gähnende Leere. "Bist du absolut wahnsinnig, Junge?!" flüsterte sie und zog ihn dann doch ins Haus, zerrte ihn in einen Nebenraum, hinter dem Esszimmer und schloss die Tür. "Wer hier wahnsinnig ist, ist offensichtlich. Ich habe doch keine Angst vor ihm. Er hätte mich am Besten schon vor 25 Jahren ersticken sollen. Das hätte es einfacher für alle gemacht." Seine Augen trafen die seiner Mutter. "Was willst du noch hier?" "Ich weiß, ich stehle deine Zeit. Wahrscheinlich seit Jahren. Aber ich möchte eines Wissen." "Sprich." "Wieso um Gottes Willen hast du mich adoptiert. Wieso? Es wäre nicht so gewesen, als hättet ihr mir eine heile Welt geboten." "Wir haben dir alles gegeben was du fürs Leben benötigt hast." "Ja, alles außer Liebe." "Ich hätte nie gedacht, dass uns das mal passiert." "Was passiert, hm?" die hohle Abneigung in seiner Stimme überrollte selbst seine Mutter, nahm er an. "Ich hätte nie gedacht, dass du dich gegen die Wünsche deines Vaters stellst. Das ist bis dahin noch nie passiert. Ich hätte nie gedacht, dass dein Vater zu solch einer Konsequenz fähig ist." "Er ist dein Mann. Du kennst ihn doch am besten." "Ja, aber ich dachte du hättest sein Herz erweicht." "Dieser Mann hat kein Herz."

 "Ich musste zu ihm halten." "So zu ihm halten, dass du nicht nur mich gehen ließest, nein, um mich geht es jetzt nicht. SO zu  ihm halten, dass dein EIGENER SOHN draufgeht? Hast du ihn dir mal angesehen?!" spieh Rahul ihr entgegen, packte sie am Arm, zwang sie ihn anszusehen. "Es ist deine Schuld." fauchte sie ihm entgegen. "Einfacher ist es mir die Schuld zu geben." "Du bist nie zurückgekommen. Er war verloren." "Nur weil ihr ihn nicht aufgefangen habt. Ihr habt ihm dem selben Druck ausgesetzt wie damals bei mir. Nur dass er gebrochen ist. Ich habe entschieden Vaters Verbannung anzunehmen. Du hast keine AHNUNG was das angerichtet hat. Ich konnte Krish nicht anrufen, ich konnte ihm nicht schreiben, ich war gefangen. Angst hatte ich all die Jahre." Angst hatte er immer noch. Aber das ging niemanden etwas an. Sein Atem ging so stoßweiße, dass er sich selbst kaum verstand. "Krish war allein und ihr habt ihn nicht unterstützt, ihr habt ihn gepresst damit aus ihm ein Diamant wird. Nur ist der Junge nicht so stark, wie ihr dachtet." "Er ist nicht so wie du. Das war klar. Er wird nie so sein. Und als du nie wiedergekehrt bist hat ihn das zerbrochen. Es ist auf deinem Mist gewachsen." "Und deswegen wart ihr erstmal heilfroh, oder? Das ich daran schuld bin. Das er aber keine Stärke besitzt, meint ihr. Das daran auch ich schuld bin." "Ja. Er ist schwächer als du." "DAS hat nichts mit Schwäche zu tun. Und IHR habt keine Ahnung wie schwach oder stark ich bin. Hört euch doch nur an."

"Was willst du? Streit? Den hast du." "Nein. Ich stelle dir eine Frage. Als du mich in diesem Heim gesehen hast. Was was das erste, was du gedacht hast." "Ich habe dich gesehen und du saßst in einem Raum voller Kinder die relativ neu waren. Sie haben alle gequengelt und geweint. Sie haben geschrien, geweint und nach ihren Eltern gefragt. Du warst das einzige Kind, dass still in einer Ecke saß und malte. Du hast nicht traurig ausgesehen, du hast nicht gehbrüllt, nicht geweint. Du hast gemalt. Und da habe ich Potenzial gesehen. Stärke. Stärke nicht diese Schwäche an etwas festzuhalten, dass es nicht gibt." "Ach. Und diese Stärke sollte gut genug sein für Familie Devir." "Ja. Ich war mir sicher Narayan würde das auch sehen." "Hat er nie." "Und ich bereue es." "Bereust du es, dass er es nie gesehen hat  oder bereust du mich damals mitgenommen zu haben?" Langes Schweigen. Als seine Mutter ihn ansah war sie kalt. Ebenso kalt wie die Fließen unter ihnen. "Ich bereue letzteres. Weil ich wegen dir meinen einzigen Sohn veloren habe." "Danke Mere Maa. Das wollte ich wissen." Das sollte das letzte Mal sein, dass er jemanden so genannt hatte. Er öffnete die Tür leise und blickte nicht zurück, denn sie tat es auch nicht. Lautlos schloss der die Tür durch die er gekommen war. Er bekam kaum Luft, der Stein, in den sich all seine Innereien verwandelt hatten zog ihn in den Abgrund. Seine Beine fühlte er nicht mehr, als er zum Hotel lief.

Tbc.

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