Just a Date

25 1 0
                                    


Er war kein Idiot, ganz sicher nicht. Er sah ihr an, dass sie irgendetwas hatte. Kirana war ein sehr emotionaler Mensch, schon immer. Deshalb hatte er ja sein Herz so verdammt schnell an sie verloren. Sie war lebensfroh, lustig, tollpatschig und kannte nichts als Liebe. Liebe die sie weiter gab. Liebe die ihm absolut fremd gewesen war. Rahul konnte sich so glücklich schätzen. Sie war alles was er brauchte, oder? Sie und ihre Tochter.

"Kira, komm mit." Die Luft draußen war kalt und klamm, trotzdem stand sie auf dem Balkon und sah die vielen Bäume an, die die Straße umsäumten. Sie hatten etwas mehr Grün für ihr Zuhause gewollt und das war der perfekte Ort gewesen. Die Angesprochene drehte sich um und sah in dieses unverschämt gut aussehende Gesicht ihres Mannes. Er lächelte und sofort hatte er diese liebenswerten Grübchen. "Wohin denn?" "Das ist eine Überraschung." Rahul hatte sich etwas ausgedacht, damit er seine Frau auch mal wieder lachen sah. Das tat sie in letzter Zeit selten. Aber er wusste, sie ließ sich nicht zweimal bitten, wenn er sagte es sei eine Überraschung. "Alles klar. Bis Kirana vom Kindergarten kommt haben wir ja sowieso noch bis Nachmittags." "Ganz genau." "Geht das so oder hast du was verrücktes vor?" Sie deutete auf ihren lila Saree und war erleichtert als er nickte. "Aber ich geh so nicht." "Das hat dich doch noch nie gestört im Anzug rumzulaufen, Rahul." "Heute wärs ein bisschen unpassend." Irritiert zog sie die Augenbrauen hoch. "Oh ich befürchte übles, wenn mein Mann auf traditionell macht...du hast doch gar nichts mehr was dir irgendwie passt." murmelte Kirana. "Bitte was?" tönte es aus dem Ankleidezimmer. "Nichts!" Jetzt war sie mal gespannt. Das letzte Mal, dass er etwas annähernd traditionelles getragen hatte war bei Prijas Segnung gewesen.

Rahul grinste, als er Kiranas erstauntes Gesicht sah, ein Lächeln huschte über ihre Lippen. Er hatte eine silbern-weiße Dhoti an, die seinen bronzenen Teint absolut strahlen ließ. "Was sagst du, hm?" Er breitete die Arme theatralisch aus und musste sich ein lautes Lachen verkneifen. "Wow. Echt. Womit habe ich diese Ehre, dass du das anhast?" Eilig zog er sich die Schuhe an und huschte um Kirana herum, drückte ihr einen Kuss auf die Wange. "Ach nur so. Jetzt komm. Nimm einen Mantel mit, sonst bekommst du Frostbeulen." "Alles klar." Sie hatte keinen Schimmer und er liebte es. Als sie im Wagen saßen unterhielten sie sich über Gott und die Welt. "Rahul, weißt du, es ist unglaublich schade, dass Prija noch nie in Indien war." begann die junge Frau, die extra roten Sindoor auf ihren Scheitel gegeben hatte, ehe sie los gingen. Ihr Mann antwortete nicht. "Sie hat keine Ahnung, woher wir kommen." Den Blick, den er ihr zuwarf war eiskalt. "Das ist auch besser so." "Aber-" "Hatten wir nicht vor uns zu amüsieren, Kira? Komm schon, bitte. Die Woche war anstrengend genug. Außerdem wirst du Indien bestimmt gleich ein Stück näher sein." "Wie das?" Er lenkte den Wagen in eine lange Gasse, breit, behangen mit bunten Lichtern. Sie waren in einem etwas äußeren Teil von London gelandet. Als sie ausstiegen wurden Kiranas Augen groß. Die Straße war mit bunten Blütenblättern übersäät, von weiter hinten kam rythmische Musik, untermalt von schweren Trommeln. "Was, wie zum Henker hast du-" "Ja glaub bloß nicht, dass ich das organisiert hätte, Kira. Deine Schwester hat gemeint es wäre die Zeit wert." Kirana lachte auf und nahm eine Hand voll von dem schweren Blütenteppich, warf ihn in die Luft. Um sie herum tanzende Menschen, feiernd, lachend. "Rhuksar hat echt immer Ideen, unglaublich." Rahul nahm sanft ihr Hangelenkt und drückte es. "Lass uns tanzen, Mrs. Devir." Er macht eine Drehung von Kirana weg, zog ihren Arm mit sich, sie landete lachend in seinen Armen. Irgendjemand bewarf sie mit orangenen Blüten, das Lachen der Menge füllte Kiranas Herz bis in jede Ecke. Es fühlte sich wie zuhause an. Wieder wie zuhause.

Ihm ging das Herz auf, als er sie so feiern und lachen sah. Plötzlich stolperte jemand an Rahul und schob ihn etwas nach Vorne. Eine Frau um die 20 mit strahlend grünen Augen und schulterlangem schwarzen Haar zwinkerte ihm schelmisch zu. "Na, Mr. Ich geh nicht gerne feiern? Hat es geklappt?" "Tja Rhuksar, schau dir deine Schwester mal an. Das ist genau das was ich wollte." "Aber du brauchtest Hilfe von der kleinen nervigen Göre, nicht wahr?" "Jetzt komm schon. Wie läufts in der Uni? Immer noch so eine miese kleine Streberin?" Kiranas jüngere Schwester streckte ihm die Zunge raus. "Du hast leicht Reden, du nobler Schnösel!" rief sie ihm zu und rannte zu ihrer Schwester, die ihr kreischend vor Begeisterung um den Hals fiel. Rahul atmete tief durch. Indien. Zuhause. Die Hölle. Das war brennender Boden für ihn. Er liebte das hier. Die Farben, das Lachen, die Ausgelassenheit, die Beseeltheit von allem. Er vermisste es. So, so, so sehr. Aber er konnte es niemandem sagen. Kirana rief seinen Namen, winkte ihn her. "Jetzt komm schon du elender Spießer." neckte sie ihn und begann sich im Kreis zu drehen. "Na gut, du wolltest es nicht anders." Er packte die Schwestern an den Händen und wirbelte sie beide herum, ihre Sarees flogen über den Blütenteppich. Und er lachte. Und lachte und dachte nicht mehr nach.

Die Tür fiel ins Haus und Kirana liebte es, wie sehr sie alle mit der Farbe der Blüten beschmiert waren. "Siehst du das war der Grund warum ich die Dhoti angezogen hab! Jetzt ist er so versaut, dass ich ihn wegschmeißen kann!" Lachend zog Rahul den bunt befleckten Überschal aus und warf ihn Kirana zu, die ihn schnaubend auffing. "Tja, Schwesterherz, da hat er mal wieder recht." "Tja, Rhuksar, aber zuerst muss er unsere Tochter vom Kindergarten holen und der gute hat keine Zeit sich umzuziehen, weil er schon 10 Minuten zu spät ist." Sie grinste ihn frech an. Rahul sah auf die Uhr, fuhr sich durch die Haare und nahm seinen Schal wieder an sich. "Shit. Shit." Er rauschte an den beiden Frauen vorbei, nahm die Autoschlüssel. Da wurde der von einer Hand zurückgehalten. "Hey, Schnösel!" flüsterte seine Frau ihm ins Ohr. Er lächelte sanft. "Danke." Ihre Nase streifte sein Ohr, ehe sie ihn zu sich drehte und ihm einen Kuss auf die Lippen drückte. Im Hintergrund lachte Rhuksar leise. Rahul warf den beiden Frauen einen letzten Blick zu und stieg ins Auto. Herrje, Prija würde ihn wieder mit ihren Welpenaugen anschauen, wenn er noch viel später kam um sie zu holen. Er holte tief Luft und lächelte, als er Londons Straßen entlangfuhr.

Tbc.

Journey of HeartsWhere stories live. Discover now