Fear

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Rahul wählte seine Nummer. Nicht mehr gesehen haben? ..."Komm..." flüsterte er atemlos, als das Freizeichen kam. Es dauerte eine Weile. Sprachbox. Es ging nur die Mailbox hin. Es war noch nicht so spät, dass ein 20 jähriger schlief. Rahul wurde bewusst was für ein egoistischer Arsch er gewesen war. Er war letztes Jahr nicht einmal zu Krishs Geburtstag zuhause gewesen. Nicht zu Diwali, nicht zu irgendeinem anderen Fest. Weil er seine Eltern nicht ertrug. Seine Hand klammerte sich um das Handy. Die Luft wich ihm immer weiter. Seine Lungen brannten. Hände verkrampften. Es war unbegründet. Diese Panik. Sie war unbegründet...sie war unbegründet. Er hatte sie immer noch nicht im Griff. Immer noch nicht.  Enttäuscht von sich selbst rief er Sadhana an, die im wieder einmal versprach, dass er nicht verrückt werden würde. Das er das richtige tat, nämlich seinem Herzen zu folgen. Das richtige. Und doch fühlte er sich so endlos verloren.

>25 Jahre zuvor.

Miss Chatterjee hatte einen Langen Tag hinter sich. Auf der Polizeiwache war so viel los gewesen. Hallelujah, war sie froh wenn sie zurück zu Meera, ihrer Tochter konnte. Auf einmal ging der Polizeifunk. "Sanjana, bitte kommen. Wir brauchen Verstärkung und Feuerwehr, Sanitäter, sofort, auf der Hauptstraße südlich zu Delhi, 887B." "Ranvit, es kommt sofort jemand." sie drückte rutiniert enige hell leuchtende Knöpfe. Verkehrsunfälle passierten gerade unglaublich oft. "Verletzte?" "Ja, männlich, 35 ungefähr, weiblich um die 30...denen ist hinten jemand reingefahren." Sanjana legte auf und fuhr sich durch die Haare. Sie waren so jung. Wieder einmal. Die letzten waren zumindest ohne Kinder, das hoffte sie inständig auch bei diesen beiden.

Zwei Stunden später kam Ranvit verschwitzt, Uniform blutverschmiert zurück ins Büro. "Haben sie sie ins Krankenhaus?" Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen und rieb sich die Augen. "Hätte eh nichts mehr gebracht, der Mann wurde von dem Lenkrad erdrückt, die Frau war durch den wahnsinnigen Aufprall fast gleich tot. Sie hat mir nur noch eins gesagt, beziehungsweise gegeben." Die junge Beamtin zog die Augenbrauen hoch nahm das Portmonnait in die Hand. Blutverschmiert. "...Prija Bakshi. 31. Delhi....oh shit. Das sind Staatsangestellte, sie arbeiten in der Botschaft....dann ist es bestimmt das große, schöne Viertel." "Jap. Kommst du mit, ich fahr hin, der Junge ist allein zuhause befürchte ich, bei dem Glück das wir gerade haben." Schweigend starrte sie das kleine Foto eines lachenden, schwarzhaarigen Jungen an. Nicht älter als 5. So alt wie ihre Meera. "Komme sofort." Sie packte ihre Sachen. Im Auto schwiegen sie lange. "Wie sage ich denn-" "Du hast das noch nie gemacht oder?" hakte Sanjana nach, die ihr erstaunlich helles Haar in einen Dutt geflochten hatte. "Nein. Nicht bei einem Kind." "Es ist immer wie beim ersten Mal. Leider." Sie bogen in eine ruhige Wohngegend, wo das Haus der Familie Bakshi war. Parkten das Auto in der Auffahrt und klingelten. "Du kannst doch nicht einfach sagen, dass-" Doch der Junge, der die Tür öffnete sah sie mit hochgezogenden Augenbrauen an. "Ihr seit nicht Ma und Pa." Ranvit kniete sich zu dem Jungen. "Hey. Wir sind Ranvit und Sanjana." "Ich kenn euch nicht. Geht wieder. Ma sagt ich darf nicht mit fremden Leuten reden." Hilfesuchend sah der junge Polizist seine Kollegin an.

"Hör mal...wir kommen weil wir bei deinen Eltern waren. Sie waren auf dem Heimweg-" "Ja und dann sollten sie doch daheim sein? Wohin sind sie gefahren?" Wow, der kleine hatte Feuer, dachte sich Sanjana, wie er da so stand und sie anstarrte. "Sie mussten bremsen, und der hinter ihnen hat nicht richtig gebremst...." begann Ranvit. "Dann sollte der nicht Auto fahren. Ich will jetzt zu Ma." Sanjana hörte dass die Stimme des Jungen höher geworden war. Er begann zu verstehen. Glaubte sie. "Wie heißt du?" "Rahul." "Rahul...das Auto deiner Eltern ist kaputt gegangen." Der Junge atmete schnappend, seine Augen waren weit aufgerissen. "Dann kauft Pa ein neues." "Und deine Eltern waren da drin." Schweigen. "Sie haben sich ein bisschen weh getan." Ranvit konnte es nicht. Er konnte diesem fremden Jungen, der genau wusste was man von ihm wollte, einfach nicht weiter das unaussprechliche sagen. "Rahul." Sanjana nahm die kleine Hand in ihre. "Ja." "Deine Eltern sind gestorben. Noch im Auto. Deine Ma hat mir dein Foto gegeben, damit wir zu dir fahren." Es brach ihr das Herz, als er aschfahl wurde, aber er weinte nicht. "Hat es sehr, sehr weh getan?" "Nein. Es ging ganz schnell. Es hat nur ein bisschen weh getan." Der Junge schniefte. "Aber ich kann zu niemandem...ich bin alleine, was mach ich denn jetzt, ich bin alleine, ich bin alleine..." Sanjana hob das Kind hoch, trug es zum Wagen. "Wir kümmern uns um alles. Du kommst wohin wo es sehr schön ist." "Ich will zu Ma und Pa!!" es war erstaunlich das der Junge immer noch nicht weinte. Er war nur leise geworden.

Diese erwachsenen Menschen...sie waren nicht seine Eltern. Seine Eltern wrüden nie wieder kommen. Niemals wieder, weil sie tot waren. Er war allein, er war ganz allein. Sie waren tot. Seine Lungen brannten. Hände verkrampften. Panik. Pure Panik. Er hatte solche Angst. Solche Angst.<

"Rahul? Rahul?!" Kirana wollte sich eigentlich ein Glas Wasser holen, als sie am Arbeitszimmer ihres Mannes vorbeikam. Auf dem Boden lag sein Handy. Auf dem Tisch lag der Bär und der Brief. Was war denn los...? Sie ging ins Zimmer und traute ihren Augen nicht. Ihr Mann saß auf dem Boden, an den Aktenschrank gelehnt und rauchte im Haus, als ob es nichts wäre. Er rauchte niemals im Haus. Also setzte sich Kirana neben ihn. Sie hasste es wenn er rauchte, aber es half ja nichts ihm das jetzt auf die Nase zu binden. "Mr. Devir, würden Sie bitte mit mir reden?" "Nein." "In Ordnung. Dann liegte das Telefon einfach so rum? Dann ist Rauchen im Haus wieder erlaubt?" "Wenn du nicht willst, dass ich mir den Kopf am Badezimmerspiegel zertrümmere, dann lass mich rauchen." Kirana seufzte und nahm Rahuls Hand. "Es ist so viel da drin," sie sah ihm direkt in seine dunklen Augen. "von dem ich ich nicht weiß. Bitte sprich mit mir. Prija merkt es wenn es-" "Prija merkt nichts. Du merkst das nicht wenn ich es gut anstelle. Das war unvorsichtig." "Wie lange...wie lange fühlst du dich schon so?" Rahuls Lachen war bitter. "Mein ganzes Leben." "Bitte." "Nein...entschuldige. Es hat erst vor einem Monat angefangen. Als ich sobald ich die Augen zu gemacht habe meinen Vater vor Augen hatte. Meinen Adoptivvater. Wie er mir sagt, dass ich dich niemals heiraten könne. Niemals weil ich Gita, die Tochter seines besten Freundes heiraten sollte. Die mich auch noch mochte." "...hat er dich gezwungen?" "Und ich habe mich geweigert. Und damit habe ich absolut alles verloren was ich bis dato hatte. Alles bis auf Krish. Krish hat immer zu mir gehalten, aber ich habe den Kontakt abgebrochen." "Was war denn an unserer Beziehung so schlimm?" flüsterte Kirana veständnislos. "Mein Vater hielt es für unter der Würde unseres Familiennamens außer Stande zu heiraten. Jemanden...mit weniger Wert zu heiraten." "Ach." Rahul küsste seine Frau auf den Scheitel. "Du bist mir alles auf dieser Welt wert. Vergiss das nicht." "Mehr als deine Familie." "Mehr als das was ich für Familie gehalten habe." "Du hast Angst." "Nein." "Rahul du hast furchtbare Angst, ich sehe es. Warum? Wir sind hier. Wir bleiben immer bei dir." "Mag sein. Aber das...Kira, ich kannte meine Eltern noch gut. Sehr gut. Ich war fünfeinhalb als die Polizei vor der Tür stand."

Kirana hielt die Luft an. Er hatte ihr es noch nie erzählt und sie hatte ihn niemals gezwungen. Sie wusste, dass das alles ein versiegeltes Buch war. Aber nun schien er bereit es zu öffnen.

Tbc.


Journey of HeartsWhere stories live. Discover now