Thoughts

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"Papa, kannst du nicht bleiben? Bitteee." Kirana stand in der Küche und machte gerade Frühstück für sich und ihre Tochter. Rahul musste jetzt dann zum Flughafen um in Delhi ein paar Dinge für seine Firma zu erledigen und seine Angstellten zu treffen. "Es sind nur ein paar Tage. Eine Woche. War ich je länger weg wenn ich dir das versprochen habe?" Er lächelte und Kirana liebte diese Grübchen, die er dann bekam. Rahul war ein wunderbarer Vater. Er war alles was sie sich je hätte träumen können. Alles. Unglaublich wie liebevoll er mit Prija war.

"Nein!" Rahul lächelte breit und hob das kleine Mädchen in seine Arme. "Ich bring dir was mit, ok? Was ganz schönes, ich find schon was. Und Mama bring ich vielleicht auch was mit, aber nur wenn sie so brav ist wie du." Kirana drehte sich um und lachte. "Wird schwer für mich werden." "Ich weiß, ich kenn dich." Er drückte Prija einen Kuss auf die Stirn und griff nach Kiranas Hand. "Ich hab keine Lust nach Indien zurückzufliegen. Ohne euch." "Ich weiß." "Kira, das Meeting ist nicht mal ne halbe Stunde von meinen Eltern entfernt." "Das ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass du nach dem Rechten siehst, die Aufträge abwickelst und-" Kirana sah wie unglaublich angespannt er war und legte ihre Hand an seine Wange. "Wenn das gemacht ist, dann kommst du zurück und ich verspreche, dass wir auf keine Grillparty, Kinderparty, Dinnerparty oder ähnliches gehen-" Rahul lachte. "Für wie lang?" "...2 Wochen?" "Das schaffst du im Leben nicht." "Papa?" "Ja, mein Schatz?" "Bussi?" "Klaro, komm." Prija rannte in die Arme ihres Vaters, der sie hochhob und ihre Backe mit Küssen bedeckte. "Ok, ich muss echt los." Sanft ließ er seine Tochter wieder los und drückte Kira einen kurzen Kuss auf die Wange, ehe er aus dem Haus ging. "Meld dich, wenn du da bist!" rief sie ihm nach.

Rahul hatte immer die Angewohnheit sich ein Hörbuch anzumachen, wenn er diese äzenden Flüge über sich ergehen lassen musste. Da konnte er zumindest lernen wie man vorlaß, denn laut Prija war er ein richtig mieser Vorleser. Seitdem durfte das immer Kirana machen, die bekam nie einen Einlauf. Also hörte er der Stimme zu, die ihn in die Geschichte von Dan Brown, Illuminati, beamte. Er schloss die Augen und wünschte sich nur einmal noch...nur einmal noch seine Familie zu sehen. Segen zu empfangen. Die Blumenkette zu haben, die sie ihm imme umgelegt hatten. Mutters Essen. Krishs Lachen. Heimat. Nur noch einmal...auch wenn er wusste, dass es nichts half.

Kirana packte den bunten Kindergartenrucksack ihrer Tochter und bat Rhuksar sie zu bringen. "Und dann gehen wir Kaffee trinken, oder?" "Klaro!" "Also Rahul hat echt auf dich abgefärbt." seufte Kirana amüsiert, als sie ihrer kleinen Schwester nachsah. Es war mittlerweile Alltag, dass Rahul oft weg musste. Aber vielleicht klappte es ja, dass er mal einen Monat nicht rüber musste. Sie wusste, dass er zwiegespalten war. Hasste Indien, vermisste Indien. Hasste seine Familie, vermisste sie schrecklich. Das waren Gefühle, die sie nie kannte. Sie hatte ihre einzige Familie damals mitgenommen. Und ihre Eltern waren bis zu ihrem Tod die besten Eltern dieser Welt gewesen. Deshalb konnte sie nie verstehen, warum die Devirs einen Waisen zus ich holten und dann auch noch nicht so behandelten als würden sie ihn wirklich wollen. Aber das Verhältnis zu Ehefrau und Ehemann war damals schwieriger, vor allem wenn man einen Mann namens Narayan Devir hatte, der fest an Tradition hängengeblieben war. Oft war sie sich nicht sicher, wie tief es saß. Bei Rahul. Wie tief der Schmerz saß, wie weitreichend die Wunde war, die in ihm gerissen worden war. Kirana war nicht so naiv zu denken sie könnte ihn heilen. Sie war seit 10 Jahren an seiner Seite und es gab immer wieder schwierige Momente. Weil er es nicht wagte sich zu öffnen. Nun, hatte er es getan. Jetzt. Sie schämte sich schon fast dafür, dass sie verletzt war. War sie denn so eine furchtbare Partie für ihn? War sie so minderwertig, dass selbst seine Mutter ihn gehen ließ? So sehr sie es wollte, sie konnte nicht aufhören darüber nachzudenken. Wenn selbst seine Adoptiveltern sie für minderwertig hielten...seine richtigen Eltern waren vom Stand her nochmal einige Stufen höher. Seit wann war das in der heutigen Zeit denn wichtig? Wie das denn? Sie lebten doch nicht mehr im 17. Jahrhundert. Aber...hätten seine leiblichen Eltern sie auch abgelehnt? 

Rahul holte gerade sein Gepäck vom Band, als sein Telefon klingelte. "Devir, ja?" "Dil, bist du gut angekommen?" "Natürlich doch. Alles gut. ...was ist los?" "Nichts." Klasse. Das war nicht nichts, das hörte er bis hier. Er hasste es wenn Kira etwas bedrückte. "Kira." "Nein, wirklich, Rahul. Wir telefonieren heute Abend nochmal, ich lass dich erstmal ankommen." Der junge Mann in der Lederjacke schulterte seine Tasche und verließ das Flughafengebäude. "In Ordnung. Kira?" "Ja?" "Ich liebe dich." Sehr schön, da war es ihr süßes kleines Lächeln, dass er selbst übers Telefon hörte. "Ich dich auch. Immer." "Immer." Womit hatte er diese Frau verdient? Keinen blassen Schimmer hatte er da. Irgendetwas war doch, aber es brachte nichts es aus ihr herauszuquälen, da waren sie sehr ähnlich. Also holte er sich erstmal einen Kaffee und wartete auf Mahir, der ihn abholen sollte. Der erste Tag ging bis spät in die Nacht, es gab viel zu Planen für neue Projekte die seine Firma in Indien und England durchführte. Neue Konzepte, Videokonferenzen, Gott, er hatte es nicht vermisst. Natürlich konnte er nicht schlafen. Mal wieder nicht. In seinem Kopf ratterte es unentwegt. Das Hotel war wirklich in der Nachbarschaft. Er hätte es 10 Minuten zu Fuß...nach...Hause. Gottverdammt...er biss sich auf die Unterlippe und schloss die Augen. "Sei keine Memme." flüsterte er in die Dunkelheit, als er sich anzog um einen nächtlichen Ausflug zu machen. Er wollte es nur sehen. Er wollte nur das Haus sehen, das er für sein Zuhause gehalten hatte, wenn auch nur für kurze Zeit.

Tbc.

Journey of HeartsWhere stories live. Discover now