What Home was

11 1 0
                                    


Sein Herz holperte, als er die Straße entlanglief, die er als Junge so, so oft gegangen war. Durch den Metallzaun konnte er erstaunlich gut ins Fenster des riesigen Wohnzimmers sehen. Seine Eltern wohnten immer noch in einem Schlossähnlichen Anwesen, nichts war verändert worden. Sein Vater hasste Veränderungen schließlich. Atemlos starrte er in das Fenster und fühlte sich wie ein Eindringling. Ein Verbrecher. Der er im Angesicht seiner Eltern ja auch war. Aber trotzdem konnte er den Blick nicht abwenden. Der Puls schlug ihm so fest in den Kopf, dass er dachte seine Augen platzten gleich. Sein Vater. Wie er da stand, stoisch wie immer, rechtschaffend, unfehlbar, und seinen verdammten Kaffee trank. Emotionslos wie immer, es sei denn es war Wut.  "Ma..." flüsterte er, als eine kleine Frau um die 50 in den Raum trat. Ihre Lippen bewegten sich. Die ihres Mannes nicht, sie schien auf ihn einzureden. "Lauf." ein Hauch Panik herrschte immer noch in ihm. Angst. Eine Welle. Panik kein Hauch, ein Tornado. Als er sah, dass Narayan Devir sich zu ihr umdrehte und sie am Oberarm packte, nicht fest. Denn sein Vater liebte seine Mutter, das wusste Rahul. Narayan Devir konnte das nur nicht zeigen. Nicht richtig. Wie hätte er denn Liebe bekommen sollen, wenn er es nicht mal richtig mit seiner Frau schaffte. Ironie. Es schmerzte ihn ihre weit aufgerissenen Augen zu sehen, aber sie war ebenso hart wie er. Sie schien immer noch auf ihn einzureden. Das Machtwort war wohl gesprochen, als sie sich abwandte und das Zimmer verließ. Super klasse Idee sich das anzusehen. Es hatte sich nichts geändert. Nie würde sich in diesem hasserfüllten Haus etwas ändern. Gegen alle seine Instinkte erregte das angelehnte Hoftor seine Aufmerksamkeit. "Sei kein Idiot, Rahul. Kein Trottel. Wenn er dich sieht bist du tot." nuschelte er in sich hinein. Er traute es seinem Vater absolut zu. >Wenn du einen Fuß auf dieses Grundstück setzt, bist du tot.< Exakt.

Sein Herz war so schwer. Er wollte Krish so sehnlichst sehen, aber...es würde nichts bringen. Nicht helfen. In keiner seiner Realitäten. "Shit." zischte er, als plötzlich die Haustür aufging. Hecktisch sah Rahul sich um und entschloss sich einfach in die nächstbeste Hecke zu springen. Super Einfall. À la Prija. Nicht nur er färbte auf sie ab, sondern sie auch auf ihn, dachte er und musste sich ein Lachen verkneifen. Doch als er sah wer da aus dem Haus gelaufen kam...es war sein Bruder. Krish war richtig groß geworden, einen Kopf größer als er...gertenschlank, fast schon mager. Kein Gramm Muskeln, kein Gramm Fett. Halleluja...was...es machte keinen Sinn. Rahul wusste noch, wie er ihn immer aufgezogen hatte abzunehmen. Aber das war Magersucht. Das war nicht. Krish...verdammt nochmal. Da stand sein Bruder und zündete mit zitternden Händen eine Zigarette an. Die Haustür war nur angelehnt und er konnte das Geschrei bis hierher hören. Wie vom Donner gerührt blieb er in der Hecke. Seine Eltern hatten nie gestritten, auch nicht als er endgültig gegangen war. Nie gestritten. Weil Narayans Urteil über allem hing und seine Mutter nichts tat. Seine Ohren wanderten wieder zu Krish, der ihm vorkam wie fremd. Völlig ausgezehrt. "So eine verdammte scheiße..." aus der Stimme des pummeligen Jungen war die eines gebrochenen Mannes geworden wie es schien. Rahul hielt die Luft an.

"Toll. Jetzt fehlt es nur noch, dass sie sich mit Vasen bewerfen. Wenigstens schlägt er nur mich. Lächerlich. Absolut lächerlich." es schien dem jüngsten Sohn der Devirs egal, dass er einen Monolog führte. Keine Ahnung hatte er, wer hinter ihm in einer Hecke stand. "Weißt du Gott, er hat auf meinen verdammten Brief nicht einmal geantwortet. Mutter hat gesagt, er würde es nie tun. Ich hab gesagt für sie nicht. Für mich schon. Aber keinen Ton, kein gar nichts. Er ist niemals wieder gekommen. Und Mutter weint nicht mehr um ihn. Gott, was ist daran gerecht? Er hat mich verlassen im Glauben Vater würde mich viel mehr lieben. Wie dumm kann ein Mensch sein...Mutter versucht nur noch selten Vater an ihn zu erinnern. Und wenn dann endet das genau so. Gottverdammter Scheiß, warum kann er nicht einfach tot sein und irgendjemand bringt uns seine Asche, seinen Körper, was weiß ich?!!! Dann wäre endlich RUHE!! Dann wäre Vater vielleicht nicht so grausam!! Dann könnte er ihn endlich aus seinem Hirn streichen!! Dann würde er mich nicht zu dieser Heirat zwingen!!"

Die Luft blieb ihm in den Lungen stecken. Rahul konnte nicht verhindern, dass sein ganzer Körper zitterte. Was war mit ihm passiert. Was hatte er nur getan?! Er hatte Krish einfach...verlassen. Er hatte ihn verlassen, wie er verlassen wurde, verstoßen wurde. Und das war die Quittung. Die Quittung dafür, dass er dachte, er wollte ihn nicht. Die Quittung dafür, dass er den Brief nicht beantwortet hatte. Sein eigener Bruder wünschte ihn tot. Das war die Rechnung die er bekam, dafür, dass er seinem Herz gefolgt war? Das?

"Soll Rahul doch der Teufel holen. Ich konnte das alles allein ausbaden. So eine Scheiße." fauchte Krishnan Devir und ging mit hängenden Schultern zurück ins Haus.

Fuck. Fuck. Fuck. Vielleicht konnte er zurück. Nur einmal um mit Krish zu reden wenn sie nicht da waren. Einmal.

Taub. Er war taub, als er zurück ins Hotel ging. Rahul wusste nicht mehr, wie er in sein Bett gekommen war. Er lang lange wach.

>Warum kann er nicht einfach tot sein<...schweißgebadet wachte Rahul auf und sah sich um. Niemand war da. >tot sein.< Warum hatte er nicht mit seinen Eltern im Auto sterben können? Wieso ihm Liebe geben um ihm alles wieder wegzunehmen? Warum ihm einen Bruder geben, damit er ihn hassen konnte? Um Gottes Willen. Mit einem Ruck war Rahul aufgestanden, er zitterte am ganzen Leib. Es war als könne keine einzige Träne aus ihm heraus. Schwer atmend stützte der junge Mann sich am Waschbecken ab, ehe sein Magen sich nach außen stülpte. Er wusste nicht wie lange er auf dem Badboden saß und an die Decke starrte. Er musste mit Krish reden. Komme was wollte. So sollten sie nicht leben müssen. Nicht Krish. Nicht sein kleiner Bruder.

Tbc.

Journey of HeartsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt