Dhanwantari Triodasi

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Diwali war auf ein Wochenende gefallen und Gott war Kirana froh darüber. Rahul musste nicht wie immer früh aus dem Haus und er hatte auch ein paar Tage danach Urlaub. Es war ungefähr 10 Uhr in der Früh und Rhuksar schlief noch. "Ich mach die Lichterketten." hörte sie ihren Mann aus dem Büro rufen, er zog gerade irgendwelche Kartons hin und her. "Willst du das echt machen?" fragte Kirana erstaunt. Sie hatten seit 3 Jahren kein Lichterfest mehr gefeiert. Also kein richtiges. Rahul schien unerwartet motiviert, was sie freute. "Krish!" rief Rahul. Er wusste, das sein Bruder noch schlief. Seufzend ließ er den Karton auf dem Boden nieder und betrat leise das Zimmer gegenüber. Es überraschte Rahul nicht mehr, als er gerade dann hereinkam, wenn sein Bruder sich eine Spritze setzte. Es funktionierte recht gut, musste er sagen. Sie standen in engem Kontakt mit einem Arzt aus dem Londoner Krankenhaus, der sie betreute. Anfangs hatte Krish sich noch standhaft dagegen gewehrt, aber mittlerweile war viel Zeit vergangen. Es konnte Rahul nichts mehr anhaben, dass diese Spritzen im Haus waren, denn er wusste, dass Krish auf einem guten Weg war. "Morgen, Bhaiiya." Krish sah auf und grinste ihn an. "Auch was?" "Danke nein." Geduldig wartete er, bis der jüngere seine Dosis intus hatte und die Spritze in den versiegelten Mülleimer warf. Krish löste den Venenstauer und tapste ins Bad. "Was steht an?" kam es recht unverständlich vom Badezimmer. "Kannst du mir mit dem Haus helfen? Diwali undso." "Ziehst du das durch? Echt?" "Kirana liebt es." Sein Bruder kam mit der Zahnbürste im Mund aus dem Raum und schlüpfte in seine Hose. "Mhm. Gleich."

Höhe. Die Leiter war unglaublich hoch und Kirshs Knie schlotterten auf der Leiter, er hatte ihm nicht erzählt, dass er immer noch Höhenangst hatte. Trotzdem pinnte er die Lichterketten ans Dach. Nicht viele, Rahul hasste es wenn alles überladen war. "Geht das auch weniger wie im Schneckentempo, da oben?" rief der ältere, der die Leiter hielt. "Halt die Klappe!!" schrie Krish und erntete nur ein schallendes Lachen. "Schisser, immer noch?" "Halt die Klappe, Ra!!" Eine  Stunde später betrachteten sie das Haus und waren ziemlich zufrieden mit ihrer Arbeit. "Prija!!" Kiranas Kreischen riss die Männer aus ihren Gedanken. Entsetzt sah Krish seinen Bruder an, der auf der Stelle ins Haus eilte. "Was?!" rief Rahul und rannte die Treppe rauf. Es roch nach Rauch. Nach Feuer. Nein, nein, nein. Seine Frau rannte mit einem Eimer Wasser den Gang entlang und scheuchte Rahul aus dem Weg. Prija stand heulend im Zimmer, der Vorhang brannte. "Komm raus da, sofort!!" knurrte Rahul und packte seine Tochter an der Hüfte, hob sie hoch und stellte sie schnell auf den Gang."Bleib bloß da stehen, ich warne dich." zischte er seiner Tochter zu, die vor Schreck immer weiter weinte. "Kira!" Als er den Raum wieder betrat sah er, dass der blassrosane Vorhang fast komplett weggebrannt war. Wasser tropfte vom Fensterbrett. Gott Sei Dank hatten sie Holzvertäfelungen in ihrem Zimmer und keine Tapete. "Gib mir das." er nahm Kira den Eimer aus der Hand und begutachtete den Schaden. Halb so wild, wenigstens war sonst nichts passiert. Da sah er den Übeltäter. Eine mittelgroße Öllampe auf dem Fenstersims. "Alles ok?" Kiranan nickte und nahm die Öllampe an sich, während Rahul den Vorhang abhing und die Wand trockenlegte. "Mach so etwas nie wieder. Feuer ist gefährlich, das haben wir dir tausendmal gesagt. Es wird nur was angemacht wenn wir dabei sind, meine Güte!" Kirana packte Prija am Handgelenk und zog sie ins Bad um ihr die verrauchten Kleider zu wechseln. "Seid ihr in Ordnung?" rief Krish die Treppe hoch. "Ja, deine Nichte versucht uns nur alle in Brand zu setzten, sonst passts!" ertönte Rahuls Stimme, die ziemlich gestresst klanng. "Fang! Wirf ihn weg." Gerade noch so erwischte Krish den rosa Vorhang, der fast bis zur Hälfte abgebrannt war. Kopfschüttelnd lief er zum Mülleimer. Kinder. Meine Güte die wollte er nie. Unglaublich gefährlich, solche Wesen.

"Und was haben wir zu Feuer gesagt?" Rahul setzte sich neben Prija auf den Badboden und hob ihr Kinn an, dass sie ihn ansehen musste. "Nicht ohne Ma und Pa." "Und was hast du gemacht?" "Aber die Lampe sah so schön aus..." "Egal wie schön was aussieht, wenn es Feuer ist, lass es, ich sag dir das nicht nochmal. Du hättest verbrennen können, verstehst du?" "Ja." erneut brach Prija in Tränen aus. Seufzend nahm Rahul sie in die Arme und wiegte das Kind hin und her. "Jetzt ist alles ok. Du hast uns nur unglaublich erschreckt." Kirana kam gerade wieder vom Keller, sie hatte die Klamotten in die Waschmaschine gepackt. Ihre beiden meistgeliebten Menschen saßen am Badboden. Wäre sie nicht so aufgewühlt, weil ihre Tochter sich fast lebendig gegrillt hätte, hätte sie es niedlich gefunden.

-2 Stunden später-

Rhuksar hatte Prija mittlerweile etwas abgelenkt, Rahul und Kirana hatten einige Öllichter vor ihrem Hausaltar aufgestellt. Dann drehte sich Rahul um und sah die ganzen frischen Blumengirlanden, die seine Frau bestellt hatte. Bei Lakshmi...das war ja fast so wie bei seinen...fast wie bei seinen Adoptiveltern. So viele Blumen. Unglaublich. "Willst du das allein machen?" "Sicher nicht, Rahul. Brauchst dich nicht davor drücken." sie zwinkerte ihm zu und hob die orangenen Blumengirlanden hoch. Wie viel Zeit vergangen war, in der Rahul von einer Leiter auf die andere gekraxelt war und die Blütenpracht aufgehangen hatte - er wusste es nicht. Aber das fröhliche Summen seiner Frau entschädigte ihn. Später saßen sie im großen Wohnzimmer und blickten auf die Eingangshalle hinaus, die um und um mit den orangenen Blütenketten geschmückt war. "Sehr hübsch, nicht wahr?" "Sehr anstrengend, nicht wahr?" feixte Rahul und holte sich einen Tee aus der Küche. Er strich Prija über den Kopf, die mit Rhuksar und Krish einen Malwettbewerb veranstaltete. Der Schock über den Vorhang war fast vergessen. Sie gab den beiden Dinge zu Malen die überhaupt nicht existierten, aber Krish konnte anscheinend super gut einen Kartoffeleinhornhasen malen, so wie sie ihn lobte. "Hilf mir." flüsterte sein kleiner Bruder, aber Rahul tat grinsend so, als hätte er ihn nicht gehört. "Pech." zischte er zurück und war froh, dass sie endlich einen Onkel hatte mit dem sie ihren ganzen Kram teilen konnte.

Kirana war aufgestanden. In ihrer Familie war Diwali immer sehr wichtig gewesen, und zwar die ganzen Feiertage. Bis jetzt hatte sie darauf verzichtet, weil es ihrem Mann nicht wichtig war. Aber an Dhanwantari Triodasi schmückte man nicht nur das Haus. Ihre Mutter hatte immer neue Küchensachen gekauft, was sie sicher nicht tat. Schon als Kind hatte sie das absolut unnötig gefunden. Aber einen Brauch fand sie schön. Sie hatte heute noch die goldene Blumenkette, die ihr Vater ihr zum 15. Dhanwantari geschenkt hatte. Sie war nervös, ohne Grund. Aber sie hatte Rahul noch nie etwas zu Dhanwantari geschenkt. Er würde sich sicherlich kaputt lachen. Vorsichtig holte sie eine schwarze Box aus der Holzkommode und legte sie dorthin wo Rahul noch vor ein paar Minuten gesessen hatte. "Prija lässt sie ernsthaft irgendeinen Kartoffelosterhasen oder so malen. Die hat einen Heidenspaß. Gott sei Dank...ich hab keine Lust dass sie jede Nacht brüllend wegen dem Vorhang aufwacht." "Kann dir trotzdem passieren." "Ich weiß, ich weiß..." Rahul stellte seinen Tee ab und reichte auch Kirana eine Tasse. "Was ist das denn?" er deutete auf die schwarze Schachtel und sah die junge Frau, die ihr Haar heute völlig offen trug erstaunt an. "Dhanwantari Trioadsi, Dil. Das ist nicht nur Haus schmücken und Kochen." "Ich weiß. Aber ich dachte den Teil lassen wir weg." verlegen kratzte er sich am Kopf. "Nein. Ich weiß dass du darüber nicht unbedingt gut informiert bist, du kleiner Auslandsinder." lachte Kira und winkte ihren Mann zu sich. "Aber das heißt nicht, dass ich das nicht machen darf." "Klasse." seufzte Rahul und schloss die Augen für einen Moment. "Ich-" "Macht nichts. Das weiß ich. Mach es auf, Rahul, stell dich nicht so an." Wie gewünscht so getan, er hatte das Kästchen angehoben und blinzelte. Es war eine Anstecknadel. Aber nicht irgendeine. Es war eine goldene, geschwungene Feder. Sie war nicht auffällig, nicht klein, nicht groß, sie war absolut klassisch schön. Er konnte den Blick nicht davon nehmen. Kira nestelte in ihren Haaren herum und beobachtete Rahuls Reaktion. Er starrte es einfach nur an. Sagte nichts. "Die hat meinem Vater gehört. Sie hat ihm immer Glück gebracht. Und ich weiß, dass sie das bei dir auch tut." Ihr Mann sah sie wortlos an und nahm die Anstecknadel heraus. "Sie ist wirklich sehr schön." "Gefällt sie dir wirklich?" "Natürlich. Vielen Dank, Kira." er lächelte und küsste sie sanft auf die weichen Lippen. "Die passt perfekt zu deiner schwarzen Kurta." "Dachte ich mir, da stehst du doch drauf." er zwinkerte ihr zu. "Du Trottel." zischte sie und schlug ihm gegen den Hinterkopf. Rahul lachte und küsste sie auf die Wange. "Danke." flüsterte er und nahm die Schachtel an sich. Wieder einmal wurde er sich bewusst wie wichtig es gewesen war auf sein Herz zu hören, denn es hatte ihn zu ihr geführt.

Tbc.

Journey of HeartsWhere stories live. Discover now