Painted black

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"Ich komme mit." "Gar nichts der gleichen tust du." "Rahul meine Schwester ist-" "Kirana, deine Schwester ist MEINE Schwester, schon vergessen? Ich will nicht dass du da mit gehst. Du bleibst hier und holst Prija später ab. Ich weiß nicht wie lange ich brauche." Kirana war blass vor Wut. "Woher weißt du überhaupt wo das ist?" "Sie hat mir die Adresse gegeben! Und ich weiß nicht unbedingt wo das ist aber, ich habe ein Navi." "Es ist vielleicht gefährlich!!" "Genau deswegen gehst du NICHT MIT!!" "Aber Rhuksar, sie ist doch alles was ich noch habe!! Was wenn ihr-" Rahul packte seine Frau an den Schultern und sah ihr tief in die Augen. "Ich schwöre dir, deiner Schwester wird nichts passieren, solange ich lebe. Hast du vergessen was ich dir bei unserer Hochzeit geschworen habe?" Sie schüttelte den Kopf. "Also." "Aber sie ist wie mein Kind, Rahul. Sie ist wie Prija, ihr darf nichts-" "Ich lasse euch nicht im Stich. Niemals." Er zog seine Schuhe an und schnappte sich den Autoschlüssel. "Rahul?" "Ja?"

"Meinst du Krishnan wird ihr etwas tun?" Sie sah wie er hart ausatmete. "Ich weiß es nicht. Nein. Das traue ich ihm nicht zu. Ich weiß nicht was da los ist. Genau deswegen sollte ich jetzt sofort weiter. Mach die Tür nicht auf, es sei denn es sind Rhuksar oder ich." "Ja." Eine einzige Frage lag auf Kiranas Lippen, die sie immer weiter umtrieb. Immer und immer weiter. Aber sie wagte es nicht sie zu stellen. Sie konnte sie nicht stellen, weil sie solche Angst vor der Antwort hatte. Sie sah in den letzten Wochen was er alles verloren hatte, was er alles aufgegeben hatte. Und sie hatte gesehen das es so großen Schmerz gab, dass man sich nur wieder ganz fühlte wenn man sich zerstören konnte. Kirana hatte Angst um ihn. Um den der ihr Herz immer beschützt hatte, der ihr eine wunderschöne Tochter und ein traumhaftes Leben geschenkt hatte. Sie hatte solche Angst um ihn. Und jetzt ließ sie ihn weiß Gott wohin gehen? Was wenn er alles...Seufzend wandte sie sich dem Hausaltar zu und zündete Räucherstäbchen an. Jedes Gebet war bitter notwendig.

Rahul trat sein Auto, sein Kopf platzte gleich. Eine Fabrikhalle? Wie zum Teufel war Krish darauf gekommen? Unnötige Frage. Drogenabhängige hatten ihre Netze. Überall und nirgendwo. Priorität hatte Rhuksar. Kirana würde es ihm nie verzeihen wenn ihr etwas zustoßen würde. Sie und ihre Schwester sie teilten die Liebe, die in einer Familie üblich war. Rückhaltlos. Bedingungslos. Ja, er war etwas eifersüchtig darauf, aber schließlich wusste er, dass Rhuksar ihn genauso liebte. Deswegen...er würde sichergehen, dass Rhuksar nichts geschah. Was auch immer mit Krisch war...darum würde er sich kümmern. Angst pochte tief in ihm. Eine Angst, die er erst seit kurzem kannte, seitdem er wusste, dass sein Bruder kein gutes Leben gehabt hatte, nicht so wie er es erwartet hatte.

Es war egal, dass sein Auto die Straße versperrte, denn so dunkel und zwielichtig wie sie war kam da sowieso niemand vorbei. "Rhuksar!!" schrie er, als er auf die Halle zulief, die offen war, nur von Säulen gehalten. Es roch unglaublich ungesund nach Medikamenten, Erbrochenem und sonstigem Zeug. "Rahul!!" seine junge Schwägerin kam auf ihn zugerannt, das Gesicht tränennass. "Alles wird gut. Alles. Ich bring dich zum Wagen." "Aber, dein Bruder, er-" sie deutete zitternd auf einen Körper der da lag. Alles war leer. Nur dort lag jemand. "Kind...ich hab deiner Schwester versprochen, dass du in Sicherheit bist. Setz dich ins Auto." "Aber-" "Nichts. Los jetzt." er drängte Rhuksar auf die Rückbank und machte die Tür zu. Dann öffnete er die Fahrertür und zog Lederhandschuhe aus dem Seitenfach. "Zieh die an. Bitte, keine Ahnung was da alles rumliegt." "Ja." murmelte Rahul leise. 

Seine Fuße trugen ihn zurück in die Halle und er fühlte sich als hätte seine Seele seinen Körper verlassen. Er schien sich selbst zuzusehen. Wütend schüttelte er den Kopf. Eine Drogenhöhle. Was sonst. "Bhaii." flüsterte er und kniete sich neben Krish. "Wir gehen heim. Komm." Der Anblick seines Bruders brachte ihn um den Verstand. Er lag da als sei er schon tot. Mühsam hob Rahul ihn in seine Arme und trug ihn zum Auto. "Du wirst aufwachen, das sag ich dir. Oder ich bring dich ins Krankenhaus." Rhuksar war wieder aus dem Auto ausgestiegen und half Rahul seinen Bruder auf die Rückbank zu legen. "Atmet er oder nicht?" "Er atmet." kam es kurzangebunden von Rahul, der seinen Bruder irgendwie im Liegen versuchte anzuschnallen. "Schnell heim. Kirana kann vielleicht irgendwas machen."


Kirana hörte nur wie jemand die Autotür unglaublich laut zuschlug und fluchte. Es war mittlerweile 15 Uhr, in einer Stunde würde sie Prija holen müssen. Es klopfte mehrmals gegen die Tür. Rahul, Gott sei Dank. Schnell öffnete Kirana. "Rahul, was um TEUFEL ist passiert?!" "Erklärungen sind ausverkauft, ich brauche deine Hilfe. Jetzt sofort." Seine Stimme war nicht mehr die ihres Mannes, sie war emotionslos. Schnell umarmte sie Rhuksar. "Gott sei Dank geht es dir gut." flüsterte Kirana und Eilte zum Sofa auf das Rahul seinen Bruder gelegt hatte. "Was hat er?" "Ich weiß es nicht. Überdosis, keine Ahnung, du bist die Krankenschwester." "Dann hol mir den Koffer." Sie konnte nicht vermeiden dass sie Angst vor Krish hatte. Es war als wäre ein Teil der Scherben die sie im Hau der Devirs hinterlassen hatte hierher gekommen. Genauso war es. Um ihr ihren Fehler vor Augen zu führen. Aber...egal. Sie nahm den Blutdruck und den Puls ihres Schwagers und wieß Rhuksar und Rahul an ihr zur Hand zu gehen. "Hol mir die Kochsalzlösungen aus dem Kühlschrank im Krankenzimmer." Rahul tat genau was sie sagte und beobachtete, wie seine Frau sich abmühte einen Zugang zu finden. "Es ist alles so verdammt vernarbt!!" fluchte Kirana. "Danke dass du Rhuksar gebracht hast." "Hör auf mir zu danken. Hör sofort auf mir zu danken." zischte Rahul und saß neben Kirana, die Hände vor dem Mund zusammengefaltet. Es war still. "Zugang liegt, mehr kann ich jetzt nicht machen. Wir müssen warten. Mehr könnten sie im Krankenhaus auch nicht tun, Rahul." "Ich weiß." flüsterte er und Kirana ließ ihn bei seinem Bruder. "chōtī bahan. Gott sei Dank." Kirana umarmte Rhuksar fest und küsste ihre Stirn. "Gott sei Dank." "Weißt du, ich denke wir haben hier unseren persönlichen Engel." "Sei Still. Er rastet aus, wenn er das hört. Es bricht mir das Herz, bahan." "Ich weiß. Mir auch." Tränen standen in ihren Augen. "Er hält ihn wirklich für ein Monster." flüsterte Rhuksar ihrer Schwester ganz still zu. "Dummes Mistgeschwätz." Kirana atmete leise, als sie ihren Mann beobachtete, wie er den Kopf senkte die Lippen zu einem stummen Gebet bewegend. Hätten sie nie geheiratet, wäre das alles nicht passiert. Da war sie sich sicher. Hätte sie es geschafft Rhuksar alleine großzuziehen wäre das nie passiert. Hätte sie ihn nicht dazu gebracht sie zu lieben, denn sie glaubte nichts anderes getan zu haben. Sie hatte sein Leben zerstört. Sie hatte seinen Bruder getötet. Sie hatte eine Familie zerstört. "Kirana, was ist?" Rhuksar merkte, sie ihre Schwester sich von ihr löste und den Raum verließ. Dann hörte sie nur noch wie sie in Tränen ausbrach. Ihr Schwager hob den Kopf  und ließ Krishs Hand los. Strich seine Hose glatt und drückte Rhuksars Arm. "Was...wo ist sie?" "Ich weiß es nicht. Weder das eine noch das Andere."

Leise ging Rahul ins obere Stockwerk, er hörte seine Frau bitterlich weinen. Nein. Gottverdammt, was passierte hier? Was passierte mit ihnen allen? Alles was er versuchte war diese Familie zu schützen. Und jetzt konnte er nur mit anhören wie sie sich die Seele aus dem Leib weinte. "Mere Dil." Er betrat ihr Schlafzimmer und setzte sich auf seine Bettseite. Kirana hatte sich zusammengerollt, die Arme um die Schienbeine geschlungen. Ihr ganzer Körper beebte. "Mere Dil. Es tut mir leid." "DIR tut  es leid?!" sie sah ihn mit schwarz verschmierten Augen an, rot von ihren Tränen. "Ich kann das nicht mit ansehen, ich hab dir alles genommen was du vom Leben wolltest, siehst du das nicht?!" schluchzend wischte sie sich übers Gesicht. Rahul verstand die Welt nicht mehr. "Hey, hey, hey. Atme durch. Was soll das? Hm? Was soll das jetzt?" Kirana deutete auf ihren Ehering. "DAS war ein FEHLER."

Der Mann um die 30 stand auf als hätte man ihm einen Stromschock verpast. All die Jahre hatte er davor die größte Angst gehabt. Größer als die Sehnsucht nach seinen Eltern, größer als die Sehnsucht nach seinem Bruder. War immer die Angst gewesen, dass Kirana sah wie kaputt alles wurde was er berührte. Langsam öffnete er den Mund und schloss ihn wieder, dann ging er zur Schlafzimmertür und zog sie zu. Nur um sich dagegen zu setzen. "Das war ein Fehler." wiederholte er hohl und sah sie an. Zitternd, weinend, Tränen tropften auf die Bettdecke. Als sie sprachlos ihren Ehering anstarrte. Als wäre er Gift.

Tbc.

Journey of HeartsWhere stories live. Discover now