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Writers Challenge: "Beginne Deine Geschichte mit jemandem, der ein Geheimnis erzählt. Beende sie mit jemandem, der lügt."

Dein Schreibstil gefällt mir gut, in Bezug auf den Lesefluss würde ich dir allerdings raten, dich etwas mit Inquits also die Nachgänge bzw. Begleitungen deiner wörtlichen Rede zu beschäftigen. Ich meine da Stellen wie:

"Und kannst du es beweisen?", fragte Arthur.

"Sie ist kein Dummkopf, nur weil sie einen Mord begeht!", meinte ich.

"Wollte ich auch nicht sagen, ich wollte eigentlich nur fragen, ob sie vielleicht einen Fehler gemacht hat oder...", entschuldigte er sich umständlich.

"Vergiss es!", entgegnete ich.

Am Anfang eines Dialogs sind sie wichtig, da sie dem Leser zeigen, wer wann "dran ist". Jedoch stellt sich diese Frage in einem längeren Dialog ja eigentlich nach den ersten beiden Stellungnahmen nicht mehr wirklich. Durch die Absätze zeigst du ja schon, das eine Sprecherwechsel / Fokuswechsel stattfindet. Im Ergebnis brauchst du nicht so viele dieser Umrandungen deiner wörtlichen Rede, ein paar solcher Inquits reichen durchaus, um als Leser am Ball zu bleiben. Mehr kostet dich einerseits Wörter, andererseits macht es den Dialog weniger spannend.

Durch deinen Kriminalplot holst du wieder viel Spannung ins Boot und sorgst auch für die nötige Atmosphäre. Wenn du zum Beispiel schreibst: "Ein einziger Schuss. Doch danach keine Stille. Ein Schrei, viele Schreie. Wie damals. Wie mein ganzes Leben lang. Ein einziger Schuss. Wenige Minuten, bevor sie starb." fühle ich die Situation und bin neugierig.

Deine Geschichte bietet einen interessanten Plot und einen guten Schreibstil allerdings reibe ich mich einerseits mit der Gefühlswelt deiner Protagonisten und auch mit der gezeigten Welt.

Zunächst erst einmal bietest du keine Hinweise auf den genauen Ort. Solltest du deine Geschichte in einer Art Dystopie spielen lassen, fehlen mir dazu genauere Hinweise. In unserer Welt sollte das ständige Beschäftigen mit dem Tod eigentlich ein paar rote Flaggen aufscheinen lassen, aber nachdem es sich bei den Protagonisten um offenbar traumatisierte Personen handelt, wäre das grundsätzlich möglich.

Spoiler:

Lucy jedenfalls hat offensichtlich überhaupt keinen Plan und legt stur alle entsprechenden Aussagen von Elisabeth als Lüge/schwarzer Humor/Fantasie usw aus. ("Ich meine, sie hatte es schon ihr Leben lang geplant, wollte auf den perfekten Moment warten, auch wenn ich alles nur als schwarzen Humor interpretierte.) Damit schaffst du, ob beabsichtigt oder nicht, einen sehr polarisierenden Charakter, da es schwer ist, mit jemanden eine Verbindung auszubauen, der derart, naja, blauäugig ist. Elisabeth hingegen wurde von dir recht gut als absolute Psychopathin gezeichnet: "Was ist los, Lucy?", Elisabeth klang besorgt. Niemand wusste, was damals geschehen war. Nicht einmal sie... " <- Also, ein Schuss fällt, Schreie ertönen - zumindest Lucy geht auch von einem Todesfall um und auf ihre körperliche Reaktion fragt Elisabeth lediglich "Was ist (mit dir) los?"? Mir ist noch nicht ganz klar, worauf eigentlich die Freundschaft der beiden basiert, also was bringt Lucy dazu, mit Elisabeth wirklich Zeit verbringen zu wollen? Hier wären ein paar entsprechend gezeigte Momente schön, also Situationen, in denen du dafür eine Erklärung lieferst.

Aufgrund der fehlenden dystopischen Hinweise muss ich die Regeln dieser Welt auf deine Geschichte anlegen. Und da falle ich mehrfach aus dem Lesefluss. 1. "Es war mir peinlich, vor meiner gesamten Schule in Ohnmacht gefallen zu sein und dass Mutter ihnen die ganze Situation erst erklären musste und mich abholte. Ich hätte keine Schwäche zeigen dürfen, nicht einfach zusammenbrechen. Wie konnte ich nur?" Letztendlich ist es nur eine Reaktion von Lucy, aber macht sie sich wirklich in diesem Moment, in dem ein Mitschüler gestorben ist tatsächlich darüber gedanken, was ihre Mitschüler über sie selbst denken würden? Und nachdem alle Zeugen eines Mordes wurden, ist sie tatsächlich die einzige, die es mitnimmt, einen Toten zu sehen? Was ist mit denen, die neben Daniel standen? Zeuge eines Tötungsdeliktes zu sein ist eine ziemlich heftige Sache und mir fehlt hier die Betroffenheit, die einfach üblich wäre. Alle wirken hier tatsächlich unrealistisch abgebrüht. Abgesehen davon - bei einem Mord wird hinterher der Tatort geräumt. Alle würden abgeholt werden, es würde einfach kein Unterreicht mehr stattfinden - wahrscheinlich sogar für mehrere Tage. 2. "Ich wusste nicht wie und ich wusste nicht wieso. Ich wusste nicht einmal, woher ich es wusste. Es interessierte mich aber nicht. Sie hatte es getan und dessen war ich wir sicher." - Auch hier wieder. Wir haben einerseits Elisabeth, die immer jemanden töten wollte, dann Dritte, die erwähnen, wann und wo Elisabeth jemanden töten will, dann stirbt jemand genau zur angekündigten Zeit und Elisabeth, die damit konfrontiert es nicht abstreitet. Und sie weiß nicht, woher sie es "wusste"?

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