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Sprachlich ist dein Text gut, allerdings haben sich doch einige Flüchtigkeitsfehler eingeschlichen. Du solltest am Ende des Schreibens dir die Zeit nehmen, ein Fehler- Programm (das von Word reicht völlig) durchlaufen zu lassen. Viele davon wären tatsächlich vermeidbar gewesen.

Zur dramaturgischen Umsetzung finde ich es einerseits sehr cool, dass du dich der Herausforderung eines auktorialen Erzählers stellst, andererseits nutzt du ihn zur Abschweifung, was bei einer Geschichte mit Wortbegrenzung immer ein Problem darstellt. Das Problem zeigt sich schon bei der Analyse deines Anfangs: 

Es war wohl nicht der beste Zeitpunkt, an dem Finnian beschloss Lumia sein Geheimnis zu verraten. Wahrscheinlich war es sogar der denkbar schlechteste, wenn man darüber nachdachte. Es hatte lange gedauert, bis Lumia ihm überhaupt wieder über den Weg traute, nachdem er sie vor einem selbst angelegten Attentat gerettet hatte. Und sein Geheimnis bedrohte dieses erst kürzlich wiedererlangtes Vertrauen. Nicht, dass allein die Tatsache gereicht hätte, dass sie eine Magierin und er – wenn auch nur zum Schein – ein Magierjäger geworden war, um ihre Freundschaft aus Kindertagen zu begraben.

Aber ich schweife ab, lasst uns zurückkehren zu den beiden, wie sie auf dem Rücken eines Schneebisons durch die wohl verlassenste Region Zuris streiften auf der Suche nach einem missgelaunten Zauberer, der nicht gefunden werden wollte, damit Lumia ihren Auftrag der Letzten Magiergeimeinschaft erfüllen konnte, der nicht weniger bedeutete als die Rettung der Magie.

Du lieferst hier gleich zu Anfang viele Informationen über Personen, die ich noch gar nicht kennen lernen konnte. Auch wenn der auktoriale Erzähler alles weiß, bedeutet das nicht, dass er sein (allumfassendes) Wissen vollständig mitteilen sollte. In meinen Augen ist es tatsächlich die schwerste Erzählform, da du als Autor/in bei jedem Satz überlegen musst, welche Informationen wirklich die Handlung voranbringen, welche Andeutungen den Spannungsbogen halten oder steigern und an welcher Stelle ein Infodump riskiert wird. Durch den Hinweis auf das Attentat beispielsweise bekomme ich das Gefühl, dass es eine Vorgeschichte gibt, die ich kennen müsste - so als ob ich mit dem zweiten Teil eines Buches einsteige und den ersten leider nicht gelesen habe. Dazu kommt noch, dass ich sofort erfahre, seit wann sich beiden sich kennen, was sie von Beruf sind (einer davon sogar nur zum Schein), was ihr Auftrag ist und das alles geht sehr zu lasten der Spannung. Ich würde dir an dieser Stelle raten, lies deinen Text durch und überlege dir, welche Informationen dein Leser tatsächlich an dieser Stelle überhaupt wissen muss um hineinzufinden.

Wenn du es zum Beispiel so kürzt, würde es mich neugierig machen:

Es war wohl nicht der beste Zeitpunkt, an dem Finnian beschloss Lumia sein Geheimnis zu verraten. Wahrscheinlich war es sogar der denkbar schlechteste, wenn man darüber nachdachte. Es hatte lange gedauert, bis Lumia ihm überhaupt wieder über den Weg traute.

Aber ich schweife ab, lasst uns zurückkehren zu den beiden, wie sie auf dem Rücken eines Schneebisons durch die wohl verlassenste Region Zuris streiften auf der Suche nach einem missgelaunten Zauberer, der nicht gefunden werden wollte.

In der Art erfahre ich an dieser Stelle nur, dass es ein Geheimnis gibt, wie die Protagonisten heißen und wo sie sich aufhalten sowie das das folgende Gespräch ihre Beziehung zueinander bedroht. Falls du mehr Hintergrund beleuchten möchtest, würde ich dir empfehlen, dies in den Gesprächen zu tun, das würde sich zB gerade bei ihrer Vorgeschichte anbieten. An vielen Stellen überstrahl dein Erzähler nämlich die Protagonisten und nimmt ihnen die Chance, selbst ins Rampenlicht zu treten.

Dein Schreibstil per se ist sehr ansprechend und bildhaft ("Mit einem lauten Schmatzen landete Finnian hinter Lumia...) - hier ist es zB so, dass du nicht nur einen visuellen Eindruck schaffst, sondern durch die Einbeziehung des Hörsinns dem Leser das Gefühl gibst, er wäre dabei, als Finnian in den Schlamm springt. Manchmal sind deine Formulierungen aber auch etwas "umständlich", wenn du zB doppelt verneinst ("Und er sollte nicht Unrecht behalten") oder deine Sätze sehr verschachtelst ("...die Tatsache, dass sie sich zu sehr fürchtete, was sie erwarten würde, und sich sicher war, es nicht alleine zu schaffen"). Das bremst den Leser im Lesefluss, weil er anhalten muss um nachzudenken, was du jetzt damit tatsächlich gemeint haben könntest.

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