G912rt (2)

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Writers Challenge: "Beginne Deine Geschichte mit jemandem, der ein Geheimnis erzählt. Beende sie mit jemandem, der lügt."

Sprachlich ist deine Geschichte gut, viele Fehler haben sich nicht eingeschlichen. Ich würde dir raten, dass du dich in Bezug auf die sogenannten Inquits, also die Nachgang bzw. Begleitungen deiner wörtlichen Rede, überprüfst. Ich möchte da gar nicht über den Sinn diskutieren: Diese Umkränzungen sollen dem Leser zeigen, wer etwas sagt. In einem Dialog muss klar sein, wer wann "dran ist". Jedoch stellt sich diese Frage in einem längeren Dialog ja eigentlich nach den ersten beiden Stellungnahmen nicht mehr wirklich. Durch die Absätze zeigst du ja schon, das eine Sprecherwechsel / Fokuswechsel stattfindet. Im Ergebnis brauchst du nicht so viele dieser Umrandungen deiner wörtlichen Rede, ein paar solcher Inquits reichen durchaus, um als Leser am Ball zu bleiben. Mehr kostet dich einerseits Wörter, andererseits macht es den Dialog weniger spannend.

Mit seinen grenzwertigen Fragen machst du aus Tom einen interessanten Charakter. Hier zeigst du viel Humor und auch einen gelungenen Tanz mit Zweideutigkeiten, den ich sehr genossen habe. Ab der Hälfte jedoch kippen die Emotionen, zumindest gefühlt. Hier fällt auf, dass ihre Reaktionen etwas überzeichnet wirken.

Zum Beispiel bei:

"»Wann hast du dich zuletzt wie eine normale Siebzehnjährige verhalten?«

Mir entgleisen die Gesichtszüge. Ich will mich verteidigen, ihm entgegenschleudern, was er bloß glaubt, sich herausnehmen zu können, doch Tom hebt eine Hand und gibt mir zu verstehen, dass er noch nicht fertig ist."

Also, nachdem sie vorher sich recht gut durch die Flirtspielchen manövriert, entgleisen ihr plötzlich die Gesichtszüge und sie will ihm etwas entgegenschleudern? Dazu war die Frage ja eigentlich nicht besonders provozierend - zumindest im Vergleich zu dem, was vorher so gekommen ist.

Überrascht hat mich dann doch, dass sich die beiden erst seit einer Woche kenne. In der kurzen Zeit haben sie sich schon derart miteinander angefreundet, dass er sie schon im Nachthemd im Zimmer besuchen kann und sie so vertraut miteinander plaudern können? Sie klingen nämlich so, als ob sie sich schon viel besser und länger kennen. Immerhin wirft er ihr vor, sie würde nicht wirklich leben, weil er sie seit er eingezogen ist, noch nie das Haus verlassen gesehen hätte. Nach einer Woche klingt das schon etwas dramatisch.

Mein Hauptkritikpunkt an deiner Geschichte ist eigentlich der Spannungsbogen. Abgesehen dass Charlotte sich nach nur einer Woche Bekanntheit noch nicht sexuell auf ihren Nachbarn einlassen möchte, fehlt mir ein Problem in ihrer Geschichte, etwas gegen dass sie (oder zumindest einer von ihnen) wirklich angekämpft. Nachdem Charlotte sich ja von Tom angezogen fühlt ist es offenbar nur eine Frage der Zeit, bis sie auf die eine oder andere Art zusammenkommen werden. Es fühlt sich ein bischen an wie Kapitel aus einem Buch, die erst einen richtigen Sinn ergeben, wenn man alles gelesen hat.

Im Ergebnis fand ich deine Charakter (vor allem Tom) gut durchdacht. Ein paar mehr örtliche Beschreibungen würden der Atmosphäre guttun aber mir fehlt da wirklich ein Spannungsbogen. Ihr Gespräch plätschert angenehm dahin, doch abgesehen davon, dass sie ihm einen (nicht ernstgemeinten) Korb gibt, passiert eigentlich nicht viel.

Falls du irgendwelche Rückfragen hast oder dich nur einfach so mit mir austauschen möchtest, kannst du mich gerne anschreiben. Alles Liebe, deine Kritikerin Margo Wendt

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