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Die Kurzgeschichte handelt von einem jungen Mädchen, das sich schon immer anders und fremd fühlt in der Welt. Mit anderen Menschen, insb. Gleichaltrigen, kann es nichts anfangen, von seiner Umwelt wird es als „merkwürdig“ betrachtet. Nach einem Autounfall, bei dem seine Eltern sterben, erinnert es sich wieder: Einst lebte es in der Unterwelt, dort wurde sowohl es selbst als auch seine früheren Eltern getötet. Warum und von wem, wird jedoch nur angedeutet. Als das Kind den Ärzten davon erzählt, dass es zurück in die Hölle will, wird es in eine psychiatrische Klinik überwiesen. Dort lernt es ein anderes Mädchen kennen, das sich ebenfalls den Tod wünscht, um im Himmel seine Eltern wiederzusehen. Das andere Kind stirbt nach kurzer Zeit und auch die Protagonistin „schläft“ am Ende der Geschichte ein, was so gedeutet werden kann, dass auch sie es nun „geschafft“ hat.

Ich muss zugeben, dass ich mich mit der Geschichte ein wenig schwergetan habe. Bevor ich nun aber zu meiner Kritik komme, ein kurzes Wort an die Autorin/den Autor: Lass Dich bitte nicht demotivieren. Du hast die nötige Kreativität und das Durchhaltevermögen, um eine Geschichte zu schreiben und auch beenden zu können. Das ist das Wichtigste, und darauf kannst Du auch stolz sein. Alles andere kann man lernen.

Nun aber zu meiner Kritik.

Der Einstieg ist inhaltlich nicht schlecht, denn er wirft direkt sehr viele Fragen auf. Leider weist die Kurzgeschichte jedoch erhebliche handwerkliche Mängel auf, die mir das Lesen sehr erschwert haben. Es gibt massive Rechtschreib- und Grammatikfehler, Satzbau- und Zeichensetzungsfehler, Tempusfehler, aber auch Logikfehler.

Positiv aufgefallen ist mir, dass der Schreibstil größtenteils zur Protagonistin (einem Schulkind) passt.

Stilistisch gibt es dennoch vieles, was man verbessern könnte. So wird bspw. gar nicht bzw. kaum mit Show don’t Tell gearbeitet. Die Geschichte wird hauptsächlich in Form von inneren Monologen erzählt und ist dabei kaum spannend, alles „plätschert“ ein wenig vor sich hin: Die Protagonistin berichtet im Plauderton von ihrer Kindheit, dann von dem Unfall, der ihre Eltern ins Grab und sie selbst ins Krankenhaus gebracht hat. Dabei erwähnt sie häufiger und mit mehreren fast wortgleichen Wiederholungen, wie wenig sie mit dieser Welt anfangen kann. Eine Wendung kommt mit ihrer Erinnerung an früher, wobei diese Erinnerung leider mehr Fragen aufwirft, als sie beantwortet.

Wer oder was sie genau war, warum sie und ihre Eltern getötet wurden, warum sie im Anschluss auf der Erde gelandet ist etc. wird allenfalls angedeutet.

Die Freundschaft zu dem anderen Mädchen bietet der Geschichte keinen wirklichen Mehrwert und hätte man getrost weglassen können. Dadurch, dass insgesamt so wenig gezeigt wird (weder Emotionen noch Beschreibungen der Umgebung) fällt es schwer, mit der Protagonistin zu fühlen. Dass keine bzw. kaum Dialoge vorhanden sind, erschwert das Ganze zusätzlich.

Ich empfehle, sich einmal ausführlich mit dem Schreibhandwerk auseinanderzusetzen:

-        Wie ist eine Geschichte aufgebaut (Dramaturgie und Spannungsbogen)?

-        Wie kann man Show don’t Tell gut umsetzen?

-        Wie schreibt man gelungene Dialoge?

Konkret für diese Geschichte wären meine Vorschläge:

-        Rückblenden an die Kindheit rausnehmen, die erfüllen keinen Zweck. Charakterisierung kann man besser über bspw. Dialoge machen.

-        Insgesamt weniger Themen anschneiden, bei denen dann dafür mehr in die Tiefe gehen (z. B. der Unfalltod der zweiten Eltern: Ein schweres Thema, scheint sie jedoch nicht wirklich zu beschäftigen; wenn ich es nicht angemessen behandeln kann oder will, sollte es raus)

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