G819lu (2)

30 9 1
                                    

Deine Geschichte hat mich in einen ziemlichen moralischen Zwiespalt gestürzt, das muss ich an der Stelle direkt eingangs zugeben. Ich wollte es verurteilen, was der Mentor und sein Lehrling machen, aber gleichzeitig fand ich es auch verwerflich, was überhaupt erst passieren musste, dass der Wald sich so entwickelt hat, wie das nun einmal der Fall war. Wenn das dein Ziel war, hast du es definitiv erreicht.

Aber der Reihe nach: Bei der Rechtschreibung (auf die ich sonst sehr selten eingehe) muss ich leider sagen, dass du meinem Gefühl nach ein paar Punkte verschenkt hast. Dir sind einige Flüchtigkeitsfehler durchgerutscht, von denen ich vermute, dass sie dir im Normalfall nicht passiert wären. Dann muss ich aber auch gestehen, dass du mit mir einen kleinen Rechtschreibfreak erwischt hast. Vielleicht investierst du das nächste Mal noch einen weiteren Durchgang nur zum Lesen, dann bin ich mir sicher, dass deine Punktzahl da auch höher klettert.

Was mich bei deiner Geschichte fasziniert hat, war das Spiel zwischen den Welten. Ich hatte von Anfang an das Gefühl, dass ich eine Art germanischen Druiden mit seinem Lehrling verfolge – auch wenn du sehr schnell klarmachst, dass wir uns in einer modernen (oder mindestens annähernd modernen) Welt befinden. Ich vermute, dir ist es auch bewusst, welcher Eindruck erweckt wird, sonst hättest du die Sprache der beiden nicht so mittelalterlich getrimmt. Diese Gratwanderung ist dir sehr schön gelungen und war eines meiner Highlights der Geschichte.

Wo deine Figuren meines Erachtens etwas schwächeln, ist ihre etwas differenziertere Charakterisierung. Sie erfüllen ihren Zweck in der Geschichte, und das gut, aber sie bleiben trotzdem eher Abziehbilder vom „weisen Älteren, der weiß, was zu tun ist“ und „junger Lehrling, der manchmal rebelliert, aber dem Alten dann doch vertraut“. Das fand ich ein wenig schade, auch wenn sie von der Erzählung an sich nichts weggenommen hat.

 Und da komme ich zu einem großen Pluspunkt deiner Geschichte: Mir hat deine Prämisse und dann letzten Endes die Umsetzung sehr gefallen. Gerade vor dem oben angesprochenen leichten Anachronismus, den du einbaust. Das war super kreativ, modern und schön durchdacht. Hier kann ich wirklich nur loben.

Was ich mir bei der Handlung vielleicht noch einen Hauch mehr gewünscht hätte, wären kurze Momente von kleineren, greifbaren Konsequenzen. Einen letzten Schliff hätte es deiner Geschichte meines Erachtens gegeben, wenn der Lehrling nicht nur den zerstörten Wald als großes Gesamtbild gesehen hätte, sondern auch Effekte im Kleinen. Das kann ja durchaus in mehrere Richtungen gehen: Vögel (die du ja ohnehin schon aufgreifst), die ein neues Zuhause haben oder eben keines mehr, Leben und Tod in dem jetzt zerstörten Wald nebeneinander. Das hätte sowohl den Lehrling als auch deine Leser noch einmal in einen stärkeren und meiner Meinung nach emotionaleren Konflikt gestürzt. Hier sei aber gesagt, das ist Meckern auf hohem Niveau.

Lass es mich also zusammenfassen: Deine Prämisse und an sich die Umsetzung gefällt mir sehr, den meisten Verbesserungsbedarf hätte ich noch bei den Charakteren gesehen. Alles in allem aber echt eine coole Geschichte – und Glückwunsch, dass du es geschafft hast, eine einzureichen, das an sich ist schon echt eine Leistung!

Gesamtpunktzahl:  446 von 545

In der Regel kann für einen Unterpunkt bis zu 10 Punkte vergeben werden (mindestens 1!). In wenigen Fällen sind nur vorgegebene Punktzahlen möglich (z.B. 0 oder 10; 0, 5, 10 oder 15)

Sprache (jeweils max. 10 Punkte bzw. max. 80 bei Rechtschreibung)

Rechtschreibung

Werden die Regeln der Deutschen Rechtschreibung eingehalten? 

21/80 Punkte

Grammatik

Wie werden die Regelungen zur Grammatik umgesetzt? 

Ideenzauber 2022 - KritikbüchleinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt