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Am Rande der Verzweiflung

Mein Kopf dröhnte. Ich hatte die Augen noch geschlossen, trotzdem war ich wach. Was war noch gleich geschehen? Eine fremde Person stand über Arin...ich war geflüchtet... Armin!

Mein Sohn! Ich riss die Augen auf, sprang aus dem Bett und starrte in die verlassene Wiege neben meinem Bett. Wie vom Donner gerührt stand ich einen Moment einfach da.

"Elain!" Bea fasst nach meinen Arm und zog mich sanft von der Wiege weg. "Geht es dir gut? Erinnerst du dich an etwas?"

Erst jetzt bemerkte ich Tessa und Claudia. Sie standen am Kamin und hielten womöglich die Luft an. Meine Kopfschmerzen rückten in den Hintergrund als mein Herz schwer wurde. Armin. Arin.

"Wo ist mein Mann? Wo ist mein Baby!?" Ich spürte wie die Hysterie mich innerlich vereinnahmte.

Keiner sagte etwas. Keiner.

Ich drängte mich an Bea vorbei zur Tür, rannte die Treppen hinunter in den Rittersaal. "Arin!"

Ich hörte meine Schwägerinnen die mir folgten.

Bea versuchte mich wieder am Arm zu nehmen. "Elain, warte!"

Der Rittersaal war Menschenleer. Nein...

Ich blieb abrupt am Treppenansatz stehen. Dann war es kein Traum gewesen, Armin war weg. Und Arin auch? Und jeder Gott verdammte Mann, der sonst so überfüllten Burg!?

"Elain" setzte Bea erneut sanft an. Allerdings fiel ich ihr ins Wort.

"Wo sind alle hin?"

"Kannst du dich an etwas erinnern?" Ihre Miene zeugte von so viel Mitleid, das ich meinen Blick senken musste, um ihren auszuweichen. Mitleid hatte man mit jemand der einen Menschen verloren hatte. Wenn jemand gestorben war. Doch hier war niemand gestorben.

"Benita hat mein Kind mit einer Horde Anhängsel entführt. Mein Mann und auch eure sind weg. Wo sind sie hin?"

"Sie folgen der Spur seit heute Morgen. Gestern Nacht sind Kora und Taran sofort den Tätern nachgeritten. Sie hatten Arin zuerst gefunden, dann dich und ritten sofort los. Der Rest ist heute Morgen ausgerückt."

Eine Idee keimte in mir auf, die war noch nicht ganz gefestigt als ich die Treppe schon wieder hoch stieg.

Nicht denken. Nicht nachdenken...

Je länger meine Augen offen waren, je schwerer viel mir das Atmen.

"Sehr gut, leg dich wieder hin. Sie werden Armin finden und dir wieder bringen." Armin... sein verängstigtes Brüllen hallte mir wieder in den Ohren. "Niemand legt sich mit den weißen Rittern an."

„Niemand" Um das weinen meines Kindes aus den Ohren zu bekommen, stampfte ich mit einen Fuß auf und drehte mich rascher zu Bea um, als geplant. „legt sich mit dem schwarzen Ritter an."

***

"Lass uns endlich rasten!"

Arin spuckte aus und beachtete das Gejammer seiner Brüder nicht. Es war schon spät geworden, fast war es dunkel. Er konnte verstehen dass sie müde waren, wenn sie rasten wollten. Doch das galt nicht für ihn. Er wollte Rache.

"Arin." Avan trat neben ihn. "Was sagst du dazu?"

"Geht in Ordnung."

Avan klopfte ihn auf die Schulter und verkündete den anderen das sie ein Lager aufschlagen sollten. Syman tauchte dafür besorgt auf. "Wir schlagen ein Lager auf?"

Arin blickte über seine Schulter um sicher zu gehen dass es niemand hörte. "Nein. Wir nicht."

Also warteten die beiden bis keiner aufpasste. Dann stieg er auf Pocket und schlich sich mit Syman davon.

Er wollte Rache. Er wollte Blut. Und es war ihm egal ob es Benitas oder wessen auch immer war. Sie hatten Elain verletzt, sie hatten seinen Sohn entführt!

Das Schwert das beim Reiten auf seinem Schenkel lag, brannte ihn fast ein Loch in die Hose. Er konnte es kaum erwarten es zu benutzen.

Arin und Syman sprachen kein Wort. Als Syman die Augen zufielen, führte Arin seinen Gaul. Er selbst brachte kein Auge zu. Er würde diesen zur Hölle verdammten Schweinen keinen weiteren Vorsprung erlauben.

Sie ritten denselben Weg, den sie auch genommen hatten, als sie nach zwei Jahren zum ersten Mal zurück zur Burg kamen. Was bedeutete, das sie wieder am Fluss angelangen würden. Das würde wieder eine Prüfung für ihn werden, ihn zu überqueren. Schon damals war ihn nicht wohl dabei, er war kein guter Schwimmer... eigentlich gar kein Schwimmer... eher ein Felsbrocken. Das wollte er aber niemals vor jemanden zugeben.

Als der Morgen graute, gönnte er sich zum erstemal was zum Essen. Hoffentlich war Elain nicht zu aufgebracht. Er würde es Regeln, koste es was es wolle.

***

Sie hatten gezetert. Versucht mich in der Burg einzusperren. Doch in Arins Hosen schaffte ich es aus dem Küchenfenster zu klettern, mir ein Pferd und ein Schwert zu stehlen.

Spuren lesen konnte ich zwar nicht, doch die Campbell Monster hinterließen massenhaft Hufspuren, die sogar ein Blinder lesen konnte. Allerdings ritt ich nicht direkt an der Hauptstraße, sollten sie mich suchen würden sie mich auf der Straße sofort finden.

Die Braune Stute war wohl noch sehr jung. Oder aber ich hatte einfach keine Kontrolle über sie. Wie auch immer, sie war unglaublich schnell. Ich ritt stark gebeugt um im angrenzenden Wald in keine Äste zu geraten. Auch danach behielt ich diese Position ein.

Hin und wieder stopfte ich mir Brot in den Mund, doch eine Pause kam nicht in Frage. Am Fluss würde ich sowieso halten müssen, um die Stute zu schonen. So vergingen der Tag, die Nacht und der halbe Morgen. Dann befand ich mich endlich am Fluss.

Der kurze Moment des Anhaltens war ein Fehler. So kurz nach der Geburt zu reiten war schmerzhaft. Besonders in dem Tempo. Keuchend ließ ich mich auf meinen Bauch nieder und rutschte so von der Stute, die nervös taumelte. Alles drehte sich.

Das innere brennen meiner Geschundenen Körperstellen und die Kälte des Winters, machten mich mürbe.

"Elain!" Ich schrak entsetzt zusammen. Es sauste ein kleiner Junger auf mich zu. Syman. Arin! Als er auf Pocket sitzend auf mich zu trappte, brachen alle Dämme. Ich wäre auf ihn zugelaufen, aber dafür waren meine Glieder viel zu steif.

Syman kam als erster bei mir an, fiel mir um den Bauch und begann bitter zu schluchzen.

Arin sprang von Pocket und kam mit großen Schritten auf mich zu. "Wie geht es dir? Was machst du hier?" Er bemerkte noch im gehen seine Hosen, Stiefel und sein Hemd an mir. Mein blauer Mantel war das einzige was mir gehörte. "Und was hast du da an?"

"Ich musste was tun, Arin." Sein Blick wirkte immer noch besorgt. Dieser Blick brachte mir einen Kloß im Hals. Es erinnerte mich, wie nutzlos ich zugelassen hatte, das man mir und Arin alles Wichtige in unseren Leben nahm...

Als er endlich vor mir stand, zog er mich an sich. "Als ich dich gefunden habe, dachte ich du würdest länger schlafen..."

"Benita..." meine Stimme zitterte."Benita..."

"Ich weiß... wir hatten Spuren verfolgt, doch die Enden hier am Fluss."

Da fiel mir ein wichtiger Aspekt auf. "Warum bist du nicht bei deinen Brüdern?"

"Wir haben beschlossen uns aufzuteilen."

Die gefrorene Eisplatte auf dem Fluss war mit Schnee überzogen.

Wie konnte hier eine Spur verschwinden? Wie sollten wir sie in diesem großen Land finden?

Der schwarze Ritter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt