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Ein junger Mann


Arin war nicht im geringsten überrascht. So etwas hatte er ja schon geahnt. Avans Miene war ausdruckslos, sein Rücken gerade und seine Schultern so breit wie immer.

„Bruder." Murrte Arin.

Avan nahm Arin genau unter die Lupe, danach lächelte er gereizt. „Du lässt dich also zwei Jahre lang suchen und brichst dann auch noch aus dem Gefängnis aus. Für wie dumm hältst du mich eigentlich? Dachtest du ich wüsste nicht, das Eric dir wieder einmal helfen wird? Dachtest du, ich würde dich gehen lassen? Einfach so?"

Natürlich dachte er das nicht. Arin war auch nicht blöd. Er würde nie jemanden unterschätzen.

„Ich werde dich halb umbringen, wenn es sein muss. Also spar dir einen Wutanfall."

Dabei war Arin nicht wütend. Er war frustriert. Er wollte nicht zurück. „Bring mich dort nicht hin. Ich bitte dich."

„Spar dir deine Worte. Deine Frau kann mitkommen. Dein Versteck habe ich schon lange entdeckt und deine Sachen holen lassen."

Auch das wunderte Arin nicht.

Es ärgerte Arin dass er bei Avans Tonlage eine Gänsehaut bekam. Vor seiner Frau wie ein kleines Kind befehligt zu werden... Er fühlte sich wieder wie ein sieben jähriger Bengel, so wie damals, als sein Vater verstarb.

Avan deutete elegant in eine Richtung.

"Du weißt ja wo es langgeht."

***

Es war interessant, zu sehen, wie Arins Haltung sich verändert hatte. Ich kannte Arin nur als berüchtigten Ritter, stolzen Mann und großen Cousin seines Knappen.

Doch nun war Arin der kleine Bruder. Der sogar um etwas bat. Und doch wirkte er immer noch Männlich.

"Ich werde nicht freiwillig gehen, Bruder."

Stellte Arin fest und umschloss, vermutlich automatisch, meine Hüfte mit einem Arm. Avans Blick wurde finster und zornig.

Am Anfang wirkte er entspannt, fast ausgelassen und attraktiv. Doch plötzlich machte er mir Angst. Er sah so aus als könnte er Arin mit nur einem Fausthieb den Schädel einschlagen. Unwillkürlich krallte ich mich an Arins Unterarm fest.

Avan stieg von seinem Pferd. Dabei erinnerte er mich an eine Wildkatze, kurz bevor es seine Beute zerfetzte. Avan sah zu Arin auf, der anscheinend mit dieser Reaktion nicht gerechnet hatte.

"Steig ab."

Nur ungern ließ ich Arin los. Er stellte sich vor Avan. Er schien so jung wie er tatsächlich war. Ein Vierundzwanzig jähriger Mann. Nicht wie ein schwarzer Ritter. Avan musterte ihn stumm, mit eine angriffslustigen leuchten in den Augen. Arin bemühte sich um eine Ausdruckslose Miene.

"Sag es. Sag es noch einmal, ich glaube mich verhört zu haben."

"Ich werde nicht freiwillig mit dir gehen, Bruder."

Es ging so Blitzschnell, das ich es nicht wirklich realisieren konnte. Aber Avan hatte Arin geschlagen.

Ich war mir nur deshalb sicher, weil der Schlag im Wald weiter hallte. Arin schluckte, stand aber unerschütterlich vor Avan. Der ballte eine Faust und schlug Arin in den Magen. Arins Stöhnen hörte sich an als wäre ihn jede Luft aus den Lungen gewichen. Syman reagierte schneller als ich überhaupt mitdenken konnte.

Er sprang vom Pferd und lief zu Arin. Er stellte sich zwischen Avan und Arin. Doch ehe Syman was sagen konnte, schnappte Arin seinen Ärmel und zog ihn wieder zurück. Ich kam mir so dumm vor. Was geschah hier!? Wie sollte ich ihm helfen!? Ich war so schockiert...

Als Syman aus den Weg geräumt war, ließ Avan weitere Faustschläge auf Arin einprasseln. Schlussendlich fiel Arin auf seine Knie, keuchte und spuckte Blut aus.

"Und jetzt?" Avans Stimme klang nicht einmal erschöpft, aber Hoffnungsvoll.

Arin keuchte und schüttelte den Kopf. "Ich... kann nicht..."

Avan schien frustriert. "Du dummer Mistkerl! Steig auf dein Pferd und tu was man dir sagt!"

Wieder schüttelte Arin den Kopf. Syman drehte sich weg, und als ich wieder zu den Brüdern sah, sah ich nur wie Avan Arin in die Rippen schlug.

Arin schrie so laut und schmerzerfüllt auf, das mir die Tränen kamen. Langsam musste doch wieder Schluss sein! Ich stieg von Pocket ab und wollte zu Arin. Syman hielt mich rechtzeitig zurück.

Avan zog Arins Kopf hoch und schlug ihn mit der Faust sofort wieder zu Boden. Aus seiner Nase und Mund rann Blut und sein Körper wirkte so zusammengefallen. Wie ein geprügelter Hund, kniete er vor Avan der ausspuckte und Arin auf die Beine zerrte.

Als Arin mich erblickte, verzog er schmerzlich das Gesicht und sah zu Boden. Dieser Blick brachte mich fast um. Avan warf Arin gegen Pocket, der taumelte ehe er Arin standhalten konnte.

"Du bist derselbe Idiot wie früher!"

Arin schniefte um das Bluten zu stoppen, was natürlich nicht half.

"Ich kann das nicht Wortlos mit mir geschehen lassen..."

"Er ist tot, Arin! Von wem läufst du immer noch weg!?"

Arin war erschöpft und drohte zu fallen, da rannte Syman zu ihm und presste sich gegen Arins Rücken. Hätte Avan Arin nicht am Kragen gepackt, hätte er den dünnen Jungen unter sich zerquetscht.

"Steig auf dein Pferd, Arin. Wer sprechen uns auf der Burg."

Arin verzog wieder schmerzhaft das Gesicht. Ich hatte Angst, dass sein Sturer Stolz noch immer nicht genug hatte und wieder wiedersprechen würde, doch er zerrte sich ohne Widerspruch aber keuchend auf Pocket.

Als Avan zu seinem Pferd ging, blieb er bei mir stehen. Mein Blick musste mein zorniges entsetzen wiederspiegeln. Doch er sagte kein Wort. Er sah mich lange an. Als schätzte er mich ein. Dann ließ er mich stehen, stieg auf und ritt langsam in den Wald zurück.

Syman seufzte müde und senkte den Blick. Arin saß einfach da. Geschunden und vermutlich gedemütigt. Sein Blick von vorhin ging mir nicht aus dem Kopf. Es tat mir leid, aber ich hatte nicht gewusst wohin ich hätte gehen sollen, um ihn diesen Moment zu ersparen...

"Elain, ich werde bei Arin aufsitzen, damit ich ihn stützen kann. Könntet ihr mit meinem Pferd reiten? Ich habe es gut erzogen."

"Ich..."

...war enttäuscht. Ich wollte meinen Mann stützen, trotzdem würde Arin Syman sicher lieber sehen. Dass er kein Wort dazu sagte, machte mich unendlich traurig.

"Ich werde es versuchen."

Er nickte und führte mich zu seinem Pferd wo er am Sattel und an den Zügeln werkelte.

"Leider muss es schnell gehen. Avan wird uns nicht viel Zeit zugestehen um nach zu kommen."

"Wo werden wir auf sie treffen?"

"Erst bei der Burg. Sie sind schneller als wir."

"Warum warten sie nicht auf uns?" Nicht das ich Avan wieder sehen wollte...

"Avan hat seinen Standpunkt klargemacht, er weiß das Arin kommen wird. So ist das eben... Also muss er nicht auf uns warten."

Noch etwas verwirrte mich. "Wenn Avan mit Arin allein fertig wird, warum dann alle neun Brüder?"

"Sie suchen seit zwei Jahren nach ihm. Keiner wusste ob er sich wehrt oder wie er sonst reagieren würde. Arin ist da etwas anders..."

"Warum, um Himmels Willen, hat er sich dann so zurichten lassen?"

Syman half mir beim Aufsteigen und stellte die Steigbügel für mich ein.

"Weil es Avan ist."

"Jetzt bin ich verwirrt."

"Avan und Eric. So ist das eben."

Damit ging er zu Pocket und setzte sich stumm vor Arin. Trotzdem übernahm Arin die Zügel und lenkte Pocket, soweit ging es ihm also noch gut.

Der schwarze Ritter Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt